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       # taz.de -- Krise beim Deutschen Handball-Bund: Nur vage Hoffnungen
       
       > Der Handball-Bund beklagt einen Rückgang seiner Mitglieder. Nun setzt man
       > auf den FC Bayern, Flüchtlinge und einen guten EM-Auftritt.
       
   IMG Bild: Nur ein Ausnahmefall: Bei einem Freundschaftsspiel wechseln die Rhein-Neckar-Löwen einen Jugendspieler ein.
       
       Auf Platz eins der Fußball, dann der Handball. So sah es viele Jahre lang
       aus in der nationalen Rangliste der populärsten Sportarten. Das könnte sich
       bald ändern – wenn der Trend im Handball anhält. Die Statistik zu den
       gemeldeten Teams und Spielern ist frappierend. Seit 2010, als noch 26.865
       Mannschaften am Spielbetrieb teilnahmen, hat der Deutsche Handball-Bund
       (DHB) ein Sechstel dessen verloren.
       
       Selbst Schleswig-Holstein, das wegen des erfolgreichen Bundesligisten THW
       Kiel und der SG Flensburg-Handewitt als Hochburg des Handballs gilt, hat im
       Breitensport schwere Verluste hinnehmen müssen. Im Vergleich zur Vorsaison
       sind es im Jugendbereich 59 Teams weniger, in Relation zu 2005 gar 388.
       
       „59 Teams weniger in der Jugend – das ist ein richtig großer Rückgang. Die
       jetzt aktiven D-Jugendlichen sind in zehn Jahren die Erwachsenen. Was kommt
       dann?“, fragt Gert Adamski, Geschäftsführer des Handball-Verbandes
       Schleswig-Holstein. Der HVSH hat unlängst die Jugendwarte der
       Kreishandballverbände zu einer Diskussionsrunde eingeladen. Das Ergebnis:
       Der Sport muss attraktiver werden. Mehr Werbung für Beach- und
       Streethandball könnte helfen, glaubt Adamski. Zudem soll der Ablauf des
       Spielbetriebs im Jugendbereich verbessert und durch Aktionen Mitglieder
       gewonnen werden.
       
       „Der Rückgang lässt sich nicht nur mit dem demografischen Wandel
       begründen“, sagt Adamski. „Da geht es vor allem um Themen wie
       Ganztagsschule, G8, weniger Freizeit, den Computer, die Bedeutung der
       sozialen Netzwerke für Jugendliche, die in Konkurrenz zum aktiven Sport
       stehen.“ Auch die Bereitschaft der Eltern, die Kinder zu den Sportvereinen
       zu bringen und abzuholen, sei geringer geworden.
       
       Die hohe Zahl an jungen Flüchtlingen, so Adamski, könnte eine Chance sein –
       auch wenn Länder wie Syrien oder Afghanistan, aus denen die größten Gruppen
       der Asylsuchenden kommen, nicht zu den Ländern mit der größten
       Handballbegeisterung zählen.
       
       In Bremen habe die Herausforderung bei der Unterbringung der Flüchtlinge
       dagegen zu einem Problem für den Sport geführt, merkt Jürgen Sczygiol an.
       „Von 30 Großsporthallen sind derzeit 19 belegt“, gibt der Geschäftsführer
       des Bremer Handballverbandes zu bedenken. Die Klubs kämen dadurch ganz
       erheblich in Bedrängnis, ihre Angebote aufrechtzuerhalten. Und so drohe ein
       weiterer Rückgang bei den Mitgliederzahlen. „Wir haben im Vergleich zur
       Vorsaison 15 Mannschaften verloren, allerdings sind wir auch nur ein
       kleiner Landesverband mit 200 Vereinen“, sagt Sczygiol, der weiter mit
       rückläufigen Zahlen bei Mitgliedern und Teams rechnet. „Ich sehe keinen
       Silberstreif am Horizont.“
       
       Weiter im Süden der Republik sieht die Lage nicht besser aus. „Die Anzahl
       der Spielgemeinschaften steigt“, sagt Andreas Jakob, Geschäftsführer des
       Thüringer Handball-Verbandes. Die Kooperationen der Vereine sind darauf
       zurückzuführen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, eigene Mannschaften
       aufzustellen.
       
       „In den 2000er Jahren hatten wir 500 Teams, jetzt liegen wir bei 330“, so
       Jakob. Er hofft darauf, dass die deutsche Männer-Nationalmannschaft in
       wenigen Tagen bei der EM in Polen glänzt. „Wenn wir gut ins Turnier finden,
       baut sich da vielleicht etwas auf. Vielleicht wird es dann wie 2007. Nach
       dem WM-Gewinn damals wurde Handball auf dem Schulhof gespielt, nicht
       Fußball“, sagt Jakob.
       
       ## Hoffen auf den FC Bayern
       
       In Bayern liegen die Hoffnungen auf einen Schub für den schwächelnden Sport
       auf dem Primus aus dem Fußball. Es ist ja auch denkbar, dass es der FC
       Bayern München dem FC Barcelona nachmacht und neben dem Kerngeschäft
       Fußball und dem Basketball auch einen Handballverein für die höchste
       nationale Liga aufbaut. „Wir sind da im Gespräch mit dem Handballverein des
       FC Bayern“, sagt Susanne Prinz, Geschäftsführerin des Bayerischen
       Handball-Verbandes. Noch deute sich da aber nichts an.
       
       Den deutschen Basketball plagen nicht die Sorgen des Handballs. Jener Sport
       hat sich dank eines Dirk Nowitzki oder anderer Stars aus der amerikanischen
       Profiliga NBA in Deutschland konstant entwickelt. In den rund 2.000
       organisierten Vereinen gibt es mehr als 190.000 Aktive. Anders als der
       Handball übt der Basketball – nicht zuletzt wegen der global vermarkteten
       NBA-Superstars – eine größere Anziehungskraft auf Kinder und Jugendliche
       mit Migrationshintergrund aus.
       
       Im deutschen Eishockey habe es einen vergleichsweise moderaten Rückgang
       gegeben, sagt Michael Pfuhl, Generalsekretär des Deutschen Eishockey-Bundes
       (DEB). „Wir haben im Zeitraum der vergangenen sieben Jahren etwa 2.000
       Spieler verloren. Es sind jetzt noch etwa 28.000 registrierte Spieler.“
       
       Im Handball gehe es derzeit darum, den Abwärtstrend aufzuhalten, sagt
       HVSH-Geschäftsführer Adamski. „Ich hoffe, dass wir im Jahr 2025 zumindest
       auf dem Stand bleiben, auf dem wir sind. Das wird aber schwer genug.“
       
       13 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Görtzen
       
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