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       # taz.de -- Die Wahrheit: Pi, Pa, Po und Pu
       
       > Aus Eitelkeit verstopfen Forscher das Periodensystem mit immer mehr
       > chemischen Elementen, die immer abstrusere Namen tragen.
       
       Millionen Chemiebücher müssen umgeschrieben werden. Im neuen Jahr sind vier
       neue Elemente zur Welt gekommen, die erstmal „Uut“, „Uup“, „Uuo“ und „Uus“
       genannt werden, was nach vier kernigen Jungs klingt. Das sind aber nur die
       Kurznamen der Kleinen, die nach ihren Atomzahlen richtig Ununtrium (113),
       Ununpentium (115), Ununseptium (117) und Ununoctium (118) heißen – wobei
       sie keiner so nennt.
       
       Der endgültige Name der Neulinge ist noch nicht festgelegt, aber die Kurzen
       mit den langen Namen werden von der Fachwelt bereits überschwänglich
       gefeiert, denn endlich ist die siebte Reihe des Periodensystems voll. Das
       Periodensystem der Elemente (nicht zu verwechseln mit dem
       Perry-Rhodan-System) ist die Liste aller Elemente nach ihren Atommassen.
       Die dicken, superschweren kommen dabei ganz zum Schluss, typisch!
       
       Den Namen eines neu entdeckten Elements darf der Entdecker vorschlagen, und
       für das noch nicht populärwissenschaftlich getaufte Element 113 mit dem
       Platzhaltertitel Uut wird allgemein der Rufname „Japonium“ erwartet, weil
       der Entdecker Kosuke Morita ein Japaner ist. Da das neue Element zwar
       superschwer ist, aber leider auch superschnell wieder zerfällt, schlagen
       Experten als Namen „Fukushimium“ oder „Futschikatium“ vor. Man wird sehen,
       was sich durchsetzt.
       
       Weil die anderen Entdecker der vier neuen Elemente Russen und Amerikaner
       sind, ist mit dem dunklen Element „Putonium“ zu rechnen, auch „Barackium“
       wird hoch gehandelt, da von diesem Element etwas Provisorisches ausgeht, so
       schnell zerfällt es.
       
       Wie gehen heute Elementenjäger und Teilchenscouts vor, und was treibt sie
       an? Diese Jäger nennen sich selbst lieber Perioden-Profiler und sind dafür
       bekannt, dass sie superschnell ziehen und mitleidlos selbst auf kleinste
       Teilchen schießen. Dazu sitzen sie an superteuren Teilchenbeschleunigern
       und lassen unaufhörlich Atomkerne aufeinanderprallen. Diese schießwütigen
       Szientisten sezieren anschließend als Pathologen des Protonenzerfalls die
       traurigen Reste ihres wahnhaften Tuns.
       
       Und natürlich hat jeder dabei ein neues Element gesehen, wer will ihnen das
       Gegenteil beweisen? Die „Entdecker“ sitzen schließlich am größeren
       Teilchenbeschleuniger. Wann hört das endlich auf, fragen besonnenere
       Zeitgenossen. Vermutlich nicht so schnell, denn leider ist die siebte Reihe
       des Periodensystems nicht die letzte. „Es gibt bereits ein paar
       Laboratorien, die versuchen, die Elemente 119 und 120 zu erzeugen!“, wird
       in Fachzeitschriften berichtet.
       
       ## Lust am Zertrümmern
       
       Es ist selbstverständlich nicht nur die Lust am Schießen und Zertrümmern,
       ein starkes Movens ist auch die Lust, dafür Geld zu bekommen. Dazu kommt
       der Reiz, sich mit einem neuen Elementennamen in allen Chemiebüchern zu
       verewigen und sich so unsterblich zu machen. Die neuen Elemente dürfen nach
       dem Namen einer Stadt, eines Landes oder eines Forschers benannt werden.
       Außerdem müssen sie vage lateinisch klingen und mit nur zwei Buchstaben
       abgekürzt werden können. Das darf natürlich nicht blöd klingen, aber allzu
       eng sehen das die Herren von der International Union for Pure and Allied
       Chemistry (Iupac) nicht, immerhin gingen Po (Polonium), Pa (Proactinium)
       und Pu (Plutonium) durch. Wann wird endlich Pi entdeckt, dann wäre der
       Pi-Pa-Po-Pu-Elementekreis endlich komplett.
       
       Seltsam ist, dass es Indium (49) und Iridium (77) gibt, aber bislang kein
       verbindendes Element „Individuum“ entdeckt wurde. Um die Anerkennung der
       Elemente Yttrium (39) und Ytterblum (70) rankt sich das Gerücht, dass diese
       vom Scrabble-Hersteller mit unlauteren Mitteln durchgesetzt wurden.
       Bewiesen werden konnte das allerdings nie.
       
       Nun wird mancher fragen, wozu brauchen wir ein so umfangreiches
       periodisches System der Elemente? Die Alten kamen schließlich auch mit
       genau vier Elementen aus: Feuer, Wasser, Erde und Feuerwasser. Dem Frager
       sei ins Chemiebuch geschrieben: Der Mensch braucht einfach Listen und
       Systeme. Die Frage sollte auch ganz anders gestellt werden, nämlich so:
       Warum gibt es eigentlich immer noch kein Periodensystem der
       Haushaltsgeräte?
       
       13 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kriki
       
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