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       # taz.de -- Kolumne Der rote Faden: Fuck off, Ted Cruz
       
       > Willkommenskultur ist nicht mehr komfortabel, Martin Luther King so
       > aktuell wie nie, New York disst Ted Cruz – und Dirk Nowitzki Donald
       > Trump.
       
   IMG Bild: Der bessere Donald? Dirk Nowitzki in seiner Trump-Parodie
       
       „Der höchste Maßstab für einen Menschen ist nicht der Ort, wo er im Moment
       von Komfort und Bequemlichkeit steht, sondern wo er in Zeiten von
       Herausforderung und Kontroverse steht.“
       
       Seit 1986 ist es immer der dritte Montag im Januar, an dem die USA eine
       ihrer wichtigsten Persönlichkeiten feiern: Martin Luther King. Es ist
       Botschafter John B. Emerson, der Kings Zitat aus dem Buch „Strength To
       Love“ aus dem Jahr 1963 in seiner Rede bei einem Empfang in Berlin
       anlässlich des „Martin Luther King Days“ nutzt, um an die
       Integrationsleistung der USA zu erinnern – aber auch an die
       Schwierigkeiten, die diese Aufgabe erfordert.
       
       53 Jahre später bleiben Martin Luther Kings Worte aktuell. In Deutschland
       scheint die „Willkommenskultur“ seit den Übergriffen in Köln und Hamburg an
       Silvester und den daraus resultierenden Debatten Risse bekommen zu haben.
       Ist es eine „Komfortzone“, an Bahnhöfen Mützen und Tee an Flüchtlinge zu
       verteilen? Es ist zumindest leicht gelebte Willkommenskultur.
       
       Köln scheint für den Fortgang der Flüchtlingspolitik ein Wendepunkt zu
       sein. Jetzt sind sie da, die Kontroversen und die Herausforderungen.
       
       ## Wille zur Integration
       
       Mit und in ihnen bleiben umfassende Hilfe bei und der Wille zur Integration
       das Richtige, das Wichtige. Genau wie die Auseinandersetzung mit
       denjenigen, die sexualisierte Gewalt als Instrument nutzen wollen, um
       falsche Zusammenhänge herzustellen und politische Ziele durchzudrücken.
       
       Mehr als 50 Jahre nach Kings Tod ist es wohlfeil, zu glauben, Integration
       in den USA sei vollständig gelungen. Rassistische Polizeigewalt scheint
       einfach nicht zu enden, Millionen illegale Einwanderer leben im Schatten
       einer Gesellschaft, die dieses Problem ignoriert und in der nicht wenige
       Republikaner Einwanderung extrem einschränken möchten. Ihnen sind schon die
       geringen Zahlen an Flüchtlingen, die die USA überhaupt aufnehmen, ein
       Graus.
       
       Die Geschichte des Einwanderungslands USA zeigt, dass Integration niemals
       etwas Abgeschlossenes ist. Es wird – in jedem Land – ein Prozess sein und
       läuft damit der Kurzfristigkeit von Politik mit Legislaturperioden und dem
       Zwang, das Machbare durchzusetzen, entgegen.
       
       Barack Obama hat in dieser Woche seine letzte [1][“State of the
       Union“-Rede] gehalten, die große Ansprache an und zur Lage der Nation. Ein
       Jahr vor seinem Abschied aus dem Weißen Haus, hält er endlich wieder eine
       Rede wie in alten Zeiten: inspirierend, kämpferisch und, na klar, stolz.
       Das gehört zum Programm. Es ist der Entwurf für ein Amerika, wie Obama es
       sich erträumt: mit Bildung für alle, einer guten Gesundheitsversorgung und
       einer funktionierenden Einwanderungspolitik.
       
       ## Wandel – change – ist immer möglich
       
       Warum nur, fragt man sich, hat er diese Rede nicht viel früher gehalten?
       Hätten diese Visionen nicht seine zwei Amtszeiten prägen müssen? Doch so
       funktioniert Realpolitik nicht, der Alltag ist nicht voll von Visionen,
       sondern von Konflikten und Kompromissen mit dem Kongress. Gerade in einem
       Zweiparteiensystem wie in den USA ist die Lust an der Blockade doch oft
       größer als die Lust am Fortschritt.
       
       Man kann Obama vorwerfen, dass er es nicht mehr versucht hat. Oder ihm für
       diese Rede applaudieren. Für diesen Moment voller Optimismus und den
       Glauben daran, dass Dinge gelingen können, das Wandel – change – immer
       möglich ist.
       
       Keinem der Republikanischen Präsidentschaftskandidaten ist das zuzutrauen.
       Die [2][jüngste TV-Debatte] war dafür wieder blendendes Beispiel: Inhalte?
       Fehlanzeige. Donald Trump und Ted Cruz, die in Umfragen in Iowa, wo Anfang
       Februar die erste Vorwahl stattfindet, Kopf an Kopf liegen, gehen sich
       gegenseitig mit Nichtigkeiten an. Trump spricht Cruz, dem Evangelikalen,
       das Präsidiale ab, weil der in Kanada geboren wurde. Cruz kontert, Trump
       könne als New Yorker gar nicht konservativ sein.
       
       ## „Dirk, making Dallas great“
       
       Klar, es geht um den ersten wichtigen Sieg in den Vorwahlen, aber wer hätte
       gedacht, dass das Niveau überhaupt noch sinken kann. Das New Yorker
       Boulevardblatt Daily News titelt daraufhin [3][“Drop Dead, Ted“] und zeigt
       Cruz die Freiheitsstatue mit gestrecktem Mittelfinger.
       
       Ohne Ironie ist das republikanische Trauerspiel nicht mehr auszuhalten. Die
       lieferte jetzt der deutsche Basketballprofi Dirk Nowitzki. Mit blondem
       Toupet und tiefer Stimme parodiert er Trump [4][in einem Spot] für die
       Dallas Mavericks. „Dirk, making Dallas great“ ist der von Trump
       abgekupferte Slogan.
       
       Es ist ein deutliches Zeichen, wenn es so weit gekommen ist, dass die
       Parodie in all ihrer Überzeichnung mehr Glaubwürdigkeit hat als das
       erschreckende Original. Obama, dem Basketballfan, dürfte das Video gut
       gefallen.
       
       15 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=cCXSO-3mt5I
   DIR [2] http://www.nytimes.com/interactive/projects/cp/election-2016/sixth-gop-debate-highlights/ted-cruz-denounces-obama-as-president-of-the-rich
   DIR [3] https://twitter.com/NYDailyNews/status/687956281596985344
   DIR [4] http://sz.de/1.2820088
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rieke Havertz
       
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