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       # taz.de -- Arbeitsbedingungen in Kobaltminen: Kongos blaues Wunder
       
       > Eine moderne Batterie braucht Kobalt. Im Kongo wird die Hälfte der
       > weltweit verarbeiteten Menge gefördert – oft unter unmenschlichen
       > Bedingungen.
       
   IMG Bild: Alle, auch die Kinder, handhaben das Erz ohne Schutz: Arbeiter in einer Mine im Kongo.
       
       Berlin taz | Kobalt ist eine wenig bekannte Zutat der globalisierten
       Moderne. Ohne Kobalt-Lithium-Dioxide gibt es keine wiederaufladbaren
       Batterien und Akkus; die gesamte moderne Elektronik hängt davon ab.
       
       Die Hälfte des geförderten Kobalts der Welt kommt aus der Demokratischen
       Republik Kongo, dem ärmsten Land der Welt. Die Kobaltminen liegen nicht in
       einem Konfliktgebiet, sondern im Kerngebiet der kongolesischen Regierung,
       in Kongos Südregion Katanga. Damit ist die Regierung dafür verantwortlich,
       wie der Rohstoff gewonnen wird.
       
       „Hierfür sterben wir“, heißt ein [1][neuer Bericht der
       Menschenrechtsorganisation Amnesty International], der erstmals in diesem
       Ausmaß die Förderbedingungen von Kobalt in Katanga und die Lieferkette nach
       China nachvollzieht. Ein Beispiel: Kasulo, ein Stadtteil der Bergbaustadt
       Kolwezi. Hier graben die Menschen in den eigenen Gärten und unter den
       eigenen Häusern, so mineralienreich ist der Boden.
       
       Die Löcher und Tunnel sind lebensgefährlich. Männer schaufeln das
       kobalthaltige Erz, Kinder sortieren es, Frauen waschen es im nahen Stausee.
       Dabei kommt es zu tödlichen Unfällen. Alle, auch die Kinder, handhaben das
       Erz ohne Schutz, was Lungen- und Hautkrankheiten auslösen kann.
       
       ## Chinesische Mittelsmänner
       
       Das meiste Kobalt des Kongo kommt aus Industrieminen, in denen Kobalterz
       als Beiprodukt von Kupfererz vorkommt. Die Gesamtförderung ist seit 2012
       wegen des Preisverfalls um ein Drittel auf rund 65.000 Tonnen pro Jahr
       gesunken. Mehr als ein Drittel stammt aus der informellen Kleinförderung
       außerhalb der Minen. Chinesische Mittelsmänner kaufen hier gerne ein, weil
       es sie weniger kostet. Der wichtigste Umschlagplatz ist der vom Staat
       eingerichtete Markt in Musompo, 15 Kilometer außerhalb von Kolwezi.
       
       Kein Erztransport kann in Kolwezi bewegt werden oder die Stadt verlassen,
       ohne dass die Behörden es wissen. Die Stadt mit einer halben Million
       Einwohner ist voller Polizei, Minenpolizei und Präsidialgarde; sie
       versperren Fremden den Weg und knöpfen Einheimischen Gebühren ab.
       
       Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International stehen am Stausee
       Beamte der Kleinbergbaubehörde, die den Frauen, die pro Tag bis zu zwölf
       50-Kilo-Säcke Erz behandelt und an Zwischenhändler weitergegeben haben, ein
       Drittel ihrer Einnahmen abknöpfen. Am Ende bleibt ihnen umgerechnet pro
       Person ein Euro pro Tag.
       
       Andere Einkommensquellen gibt es für die Leute hier nicht. Kolwezi ist wie
       alle Bergbausiedlungen Katangas ein Kunstprodukt der belgischen
       Kolonialzeit in den 1930er Jahren, als aus halb Afrika Männer in den
       „Copper Belt“ von Katanga und Sambia gekarrt wurden. Als ab den 1980er
       Jahren der Staat im damals Zaire genannten Kongo zerfiel und die
       staatlichen Bergbaufirmen pleitegingen, gruben die Bergleute auf eigene
       Rechnung weiter: Der gesamte Boden ist Bodenschatz.
       
       „Heterogenit“ nennen die Bergleute den Sand mit den bunten Einschlägen, den
       sie aus dem Boden holen, weil er so viele Substanzen enthält – Kupfererz,
       Kobalterz, zuweilen auch Uranerz und noch seltenere Mineralien. Die
       Menschen in Kasulo wurden einst aus einem anderen Gebiet umgesiedelt, als
       dort eine neue Industriemine eröffnete. Seit 2014 graben sie nun hier. Dass
       die Behörden das offiziell verboten haben, lockt nur noch mehr Siedler an:
       Offensichtlich gibt es etwas zu holen. Und die unterbezahlten
       Staatsbediensteten wollen mitverdienen.
       
       Größter Abnehmer der blauen Kobalterze aus Musompo ist die Firma Congo
       Dongfan International Mining (CDM), eine Tochterfirma der chinesischen
       Huayou Cobalt, eines der größten Kobaltverarbeiter der Welt: Huayous Kunden
       stellen Batterien und Akkus für alle international bekannten Handy-,
       Smartphone- und Computerhersteller her, von Apple über Dell, Lenovo und LG
       bis Samsung, sowie für VW und Daimler. Huayou ist der drittgrößte Teilhaber
       an Chinas staatlichem Afrikafonds. Die Firma spendete 2011 auch für den
       Wahlkampf des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila.
       
       19 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.amnestyusa.org/research/reports/this-is-what-we-die-for-human-rights-abuses-in-the-democratic-republic-of-the-congo-power-the-global
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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