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       # taz.de -- Folgen der Ölschwemme: Fracking-Kredite werden faul
       
       > Viele Fracking-Konzerne in den USA leiden unter dem niedrigen Preis für
       > Öl. Aber selbst bankrotte Firmen fördern weiter.
       
   IMG Bild: Für Anti-Fracking-AktivistInnen wie diese vor dem Weißen Haus sind die Probleme der Fracking-Unternehmen kein Grund zur Freude. Denn die Firmen fördern mehr Öl.
       
       Berlin taz | Für den Preisverfall in den vergangenen zwei Wochen sind vor
       allem China und der Iran verantwortlich. In China wächst die Wirtschaft
       langsamer als geschätzt, der Iran drängt nach dem Ende der Sanktionen
       wieder auf den Weltmarkt. Der Rückgang der Preise zuvor ist aber den USA
       und Saudi-Arabien geschuldet: Die USA haben in den vergangenen fünf Jahren
       ihre Ölproduktion fast verdoppelt – auf nun knapp zehn Millionen Fass à 159
       Liter pro Tag.
       
       Dieser Anstieg liegt vor allem am umstrittenen Fracking. Dabei wird eine
       Chemikaliensandlösung in die Bohrlöcher gepresst, um das Gestein
       aufzubrechen und Schiefergas oder -öl herauszulösen. Doch diese
       Fördertechnik ist relativ teuer. Daher hat das von Saudi-Arabien angeführte
       Ölkartell Opec bislang seine Fördermenge beibehalten – in der Hoffnung, die
       neue Konkurrenz irgendwann durch niedrige Preise wieder aus dem Markt
       drängen zu können.
       
       Bislang erfolglos. Während Förderländer wie Russland oder Venezuela mit
       Etatproblemen kämpfen, blieb die US-Ölproduktion relativ stabil. Die Zahl
       der Bohrtürme ist zwar deutlich gefallen, aber die Produktivität der
       verbliebenen Anlagen gestiegen. Nun mehren sich die Anzeichen doch, dass
       der Ölpreis den Frackern zusetzt: Das geringe Preisniveau stürzte im
       vergangenen Halbjahr mindestens zwanzig Öl- und Gasfirmen in den USA in die
       Insolvenz.
       
       ## Bei US-Banken steigen Kreditausfälle
       
       In der vergangenen Woche haben mehrere US-Banken angekündigt, ihre
       Rückstellungen für Kreditausfälle in der Energiewirtschaft deutlich zu
       erhöhen. Die größte US-Bank JPMorgan Chase warnt, dass dieses Jahr
       zusätzlich 750 Millionen Dollar zurückgestellt werden müssen, falls der
       Ölpreis bei 30 Dollar bleibt.
       
       Tatsächlich braucht die Branche etwa 60 US-Dollar pro Barrel, um nicht in
       die roten Zahlen abzurutschen. Schlecht auch für Kreditgeber wie die
       Citigroup und Wells Fargo. Bei den US-amerikanischen Banken stieg die Zahl
       der Kreditausfälle zuletzt deutlich, vor allem wegen nicht zurückgezahlten
       Darlehen im Energiesektor.
       
       Doch selbst wenn Kreditnehmer aus der Fracking-Industrie pleite gehen,
       sinkt dadurch nicht deren Fördermenge. Kurzfristig bedeutet ein Konkurs
       nur, dass eine Firma in den Besitz der Kreditgeber, also der Banken,
       übergeht. Diese haben allerdings ein Interesse daran, weiter Öl zu fördern,
       so lange der Ölpreis über den direkten Förderkosten, den sogenannten
       Grenzkosten liegt. Ist ein Unternehmen erst einmal pleite, hat es sogar
       einen Kostenvorteil, weil es nicht länger die Zinsen für ausstehende
       Kredite erwirtschaften muss.
       
       ## Investitionen fallen
       
       Für den Ölpreis bedeutet dies nichts Gutes, sagt Anatole Kaletsky, der
       Chefökonom von Gavekal Dragonomics, einer Beratungsfirma: „Angenommen das
       Opec-Kartell bleibt gelähmt, dann wird Öl gehandelt wie jeder andere
       Rohstoff in einem Markt mit Wettbewerb. Der Ölpreis entspräche dann den
       Förderkosten des billigsten Anbieters.“ Vor diesem Hintergrund
       prognostizierte die britische Bank Standard Chartered sogar, dass der
       Ölpreis auf 10 Dollar pro Barrel fallen könnte.
       
       Ob herkömmliches Öl oder Schieferöl: Jedes Vorkommen geht irgendwann zur
       Neige. Aus diesem Grund sorgt sich Fatih Birol, der Chef der
       Internationalen Energieagentur IEA, dass derzeit nicht genug in die
       Erschließung neuer Ölquellen investiert wird. „Im Jahr 2015 sind die
       Ölinvestitionen um 20 Prozent gefallen. Dieses Jahr erwarten wir ebenfalls
       einen Rückgang. So etwas hat es noch nie gegeben.“
       
       20 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Mihatsch
       
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