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       # taz.de -- Kanzlerin in Wildbad Kreuth: Willkommenskultur à la CSU
       
       > Angela Merkel stellt sich den bayerischen Widersachern und wirbt für ihre
       > Flüchtlingspolitik. Immerhin hat sie geistlichen Beistand.
       
   IMG Bild: Regionalfolklore: Angela Merkel wird von Trachtenkindern in Wildbad Kreuth begrüßt.
       
       WILDBAD KREUTH taz | Mit der Dämmerung kommt die Kanzlerin. Mittwoch, 17
       Uhr. Gleiche Zeit, gleicher Ort. Angela Merkel kann es einfach nicht
       lassen, schon wieder begibt sie sich in die Höhle des bayerischen Löwen.
       Diesmal sind es die Landtagsabgeordneten der Christsozialen, die Merkel in
       Wildbad Kreuth besucht. Der Schnee ist mittlerweile mehr geworden, die
       Temperatur ist unter null gesunken: eine kühle Angelegenheit, diese Visite.
       
       Da helfen auch die Trachtler aus dem Tegernseer Tal nichts, die sich zur
       Begrüßung der Kanzlerin vor dem Eingang der Tagungsstätte aufgereiht haben.
       So wenig wie der Blumenstrauß, den ihr die beiden Buben Paul und Philipp
       hinstrecken. „Geht schnell rein“, sagt die CDU-Chefin fürsorglich, als sie
       die nackten Beinchen sieht, die aus den Lederhosen ragen.
       
       Angela, die Fürsorgliche. Für manchen in der CSU ist sie in den letzten
       Monaten eine Idee zu fürsorglich. „Der völlig unkontrollierte Zustrom an
       Migranten hat nichts, aber auch gar nichts mit einer humanitären Geste in
       einer Notlage zu tun“, hatte etwa Bayerns Innenminister Joachim Herrmann
       unmittelbar vor dem Merkel-Besuch in der Bild-Zeitung getönt.
       
       Natürlich, so hat Fraktionschef Thomas Kreuzer wie auch der
       CSU-Parteivorsitzende Horst Seehofer im Vorfeld artig betont, fühlt man
       sich sehr geehrt durch den Besuch. Schließlich war bis vor zwei Wochen noch
       nie ein Kanzler nach Wildbad Kreuth gekommen. Doch geschont werde Merkel
       deshalb keinesfalls. „Freundlich im Ton, hart in der Sache“, lautet die
       Parole, die Kreuzer an seine Abgeordneten ausgegeben hat.
       
       ## Spontaner Themenwechsel
       
       Die Sache, das ist selbstverständlich das Flüchtlingsthema. Als Merkel die
       Einladung angenommen hatte, da lautete das Thema, über das man mit der
       Kanzlerin diskutieren wollte, noch „Moderner Staat“, doch inzwischen sind
       die Zeiten und damit die Themen andere. Dennoch, das goutieren die
       CSU-Granden anerkennend, habe Merkel ihre Zusage stets aufrechterhalten.
       
       Auch Merkel ist sich freilich der Differenzen mit der kleinen Schwester
       bewusst – doch sie bemüht sich, sie nicht allzu sehr zu betonen. Gerade in
       Krisenzeiten wie diesen sei es von höchster Bedeutung, miteinander zu
       reden, sagt sie. Und schließlich sei man sich doch einig, „dass wir die
       Zahl der Flüchtlinge spürbar und nachhaltig reduzieren müssen“.
       
       Erneut plädiert die Kanzlerin für eine europäische Lösung des Problems und
       weist auf drei besonders wichtige Ereignisse der nächsten Zeit hin: die
       Regierungskonsultationen mit der Türkei noch in dieser Woche, die
       Geberkonferenz in London am 4. Februar, bei der es vor allem um Hilfen für
       Libyen, Syrien und Jordanien gehe, und den EU-Rat Mitte Februar.
       
       ## Zwei an ihrer Seite
       
       Vor Merkels Eintreffen konnten sich die CSUler am Mittwoch zunächst an zwei
       Männern abarbeiten, die die Kanzlerin mit einiger Zuversicht auf ihrer
       Seite wähnen darf: Wolfgang Schäuble und Kardinal Reinhard Marx. Der
       Bundesfinanzminister hatte sich in seinen Äußerungen zuletzt demonstrativ
       loyal gegenüber der Regierungschefin gezeigt. Auch bei der kurzen
       Pressekonferenz in Kreuth beließ er es im Wesentlichen dabei, auf die große
       finanzielle Herausforderung hinzuweisen, die die Flüchtlingszuwanderung für
       Europa bedeute.
       
       Er sprach sich nachhaltig für eine europäische Lösung und die Bekämpfung
       der Fluchtursachen in den Herkunftsländern aus. „Eines geht aber nicht:
       dass nur Deutschland die Länder in der Region finanziell stabilisiert.“
       
       Zuvor hatte bereits der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
       Reinhard Marx, der kleineren C-Partei ins Gewissen geredet. „Die
       Außengrenze der Europäischen Union“, so warnte der Münchner Erzbischof,
       „darf keine Grenze des Todes werden.“
       
       20 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
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