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       # taz.de -- Ausbau der Energienetze: Naturschutz schlägt Energiewende
       
       > Das Bundesverfassungsgericht gibt der Klage des Nabu statt. Die Pläne zum
       > Bau der Uckermarkleitung müssen nachgebessert werden.
       
   IMG Bild: Sie produzieren schon viel Strom - doch der Weg vom Windrad zur Steckdose ist lang.
       
       Die sogenannte Uckermarkleitung darf vorerst nicht gebaut werden. Dies
       entschied das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag in Leipzig. Das
       Gericht erklärte die Pläne des zuständigen Brandenburger Landesamts für
       rechtswidrig. Die geplante Höchstspannungsleitung sollte Neuenhagen bei
       Berlin mit Bertikow am Oberuckersee verbinden und ökologisch verträglich
       erzeugten Windstrom vom Norden in den Süden transportieren. Dafür sollte
       eine bestehende Stromtrasse ausgebaut werden.
       
       Dagegen hatten der Naturschutzbund Brandenburg (Nabu) und Privatpersonen
       geklagt. Die rund 115 Kilometer lange Trasse verläuft auch durch ein
       Naturschutzgebiet – das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Die Kläger
       bemängelten, dass über 60 Meter hohe Masten in ein europäisches
       Vogelschutzgebiet gestellt würden. Die Leitung sei daher eine Gefahr für
       Brut- und Rastvögel, meinte der Nabu. Besonders Rallen- und Dommelarten
       seien gefährdet.
       
       ## Gefahr für einzelne Vogelarten
       
       Die Planer hatten untersucht, wie groß das Risiko für Vögel sei, an den
       Stromleitungen zu sterben. Dies sei aber zu allgemein, urteilte das
       Gericht. Sie hätten dabei auf die Gefahr für einzelne, besonders gefährdete
       Arten eingehen müssen. Denn da sich die Vogelarten in ihrem Brut- und
       Flugverhalten stark unterschieden, sei die Untersuchung nicht
       aussagekräftig genug. Den Trassenverlauf selbst stellte das Gericht nicht
       in Frage.
       
       „Es ist ärgerlich, dass das Amt die Naturschutzbelange ignoriert hat und
       der Bau der Trasse sich dadurch verzögert“, sagte Michael Schäfer,
       energiepolitischer Sprecher der Grünen Fraktion im Abgeordnetenhaus. Das
       Urteil stimmte ihn aber auch hoffnungsvoll: „Es ist eine Entscheidung gegen
       die Praxis des Landesamts, den Naturschutz hintenan zu stellen.“ Dies könne
       sich auch auf Klagen gegen die Braunkohleförderung auswirken, meinte er.
       
       ## Ausgebaut wird die Trasse trotzdem
       
       Kritiker hatten andere Trassenverläufe angeregt oder vorgeschlagen, einen
       Teil der Trasse unterirdisch zu verlegen. Seit 2005 wird die Trasse
       geplant, mit der Klage hatte die beauftragte Firma 50 Hertz den Ausbau 2014
       gestoppt. Das Urteil bedeutet nicht, dass die Trasse gar nicht gebaut
       werden kann. Die Brandenburger Behörden können die bemängelten Fehler nun
       in einem ergänzenden Verfahren beseitigen. Wie lange das dauert, ist laut
       50 Hertz noch nicht abzusehen. „Wir werden die
       Umweltverträglichkeitsprüfung so schnell wie möglich neu aufsetzen und
       nachbessern“, teilte die Sprecherin Kerstin Maria Rippel mit.
       
       Die Firma bemühe sich, den für die Energiewende wichtigen Netzausbau
       schnell voranzubringen. Das scheint tatsächlich dringend nötig zu sein,
       denn die Einspeisung von Wind- und Solarenergie überlastet zunehmend das
       Stromnetz in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
       
       ## Netze sind bereits überlastet
       
       Wie eine Sprecherin der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Strom (Mitnetz)
       mitteilte, sind die Ökostromanlagen im vergangenen Jahr rund 530 mal
       zeitweise abschaltet worden, um Netzengpässe zu vermeiden. Im Jahr 2014 sei
       dies nur gut 180 mal notwendig gewesen. Mitnetz führt den Anstieg auf die
       größere Zahl der neuen Anlagen, deren stärkere Leistung und ein windstarkes
       Jahr 2015 zurück. Die Betreiber von Windenergieanlagen bekommen eine
       Entschädigung, wenn sie den erzeugten Strom nicht in die Netze einspeisen
       können.
       
       21 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Schleiermacher
       
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