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       # taz.de -- Philosophie-Magazin über „Star Wars“: War Heidegger ein Sith?
       
       > Monomythos, Samurai, Pseudobiologie: Eine Ausgabe des Philosphie Magazins
       > widmet sich den philosophischen Dimensionen der Sci-Fi-Saga.
       
   IMG Bild: Überinterpretierende Gedankenexperimente: Star Wars bietet viele Analyseansätze.
       
       Als der bestirnte Himmel über ihm dem Philosophen Immanuel Kant 1788
       Ehrfurcht abverlangte, war vom Todesstern-Raumschiff und Luke Skywalker
       noch nichts zu ahnen. Oder doch? Immerhin, so besagt es der Vorspann der
       Science-Fiction-Saga, spielten die Ereignisse gar nicht, wie man vorschnell
       denken könnte, in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit. Einer
       mythischen geradezu. Jedenfalls nimmt das Philosophie Magazin den im
       Dezember gestarteten siebten „Star Wars“-Film zum Anlass, in einer
       Sonderausgabe die philosophischen Dimensionen der Sternenkriege auszuloten.
       
       Zunächst geht es (eher literaturwissenschaftlich) darum, wie George Lucas
       die vom vergleichenden Mythenforscher Joseph Campbell destillierten
       Erkenntnisse über den, wie er es nannte, „Monomythos“ in „Star Wars“
       paradigmatisch umsetzte: Aufbruch, Initiation Rückkehr. Interesse erweckt
       vor allem die Aufgabe des Helden Luke, die verstockten Aspekte des Vaters
       zu beseitigen. Der Altphilologe Heinz Wismann sieht in „Star Wars“ gar
       Homers „Ilias“ mit einer Prise Sigmund Freud und einem Schuss Western.
       
       Die Psychoanalytikerin Clotilde Leguil meint, „Star Wars“ zitiere Ödipus
       und verweise auf Hamlet. Die Imperialen Läufer erinnerten ihn an die
       Elefanten, mit denen Hannibal über die Alpen zog, schreibt der Ethnologe
       Tobie Nathan. Die Chefredakteurin des Hefts, Catherine Newmark, weist
       darauf hin, dass die „Force“, die magische Kraft in den Filmen, in der
       ersten Trilogie ganz hippiehaft esoterisch bleibt, wohingegen sie in der
       zweiten Trilogie (produziert von 1999 bis 2005) überraschend mit einem
       pseudobiologischen Fundament geerdet wird.
       
       Der Sinologe Alexis Levis nobilitiert den Jedi-Orden, indem er in ihm die
       konfuzianistischen, taoistischen und buddhistischen Versatzstücke erklärt
       und die simplen Samurai-Schwertschläge von den komplizierteren, gleichsam
       chinesischen, Martial Arts in der zweiten Trilogie unterscheidet. „War
       Heidegger ein Sith?“, fragt Wolfram Eilenberger – den Antisemiten
       vielleicht etwas plakativ auf einen Comic-Schurken reduzierend.
       
       Da erscheint doch die Erkenntnis wichtiger, die Lisa Friedrich
       herausarbeitet: wie alle späteren Frauenfiguren nach der toughen Leia
       Organa in den Filmen marginalisiert werden. Wirtschaftsethiker Stefan
       Heinemann fordert, die Philosophie solle doch, da sie ja oft von der
       technischen Entwicklung überholt werde, den ethischen Problemen, die die
       Fiktion andeute, nachgehen. „Kommt zurück, runter auf die Erde“, sagt
       Julian Baggini sinngemäß: „Star Wars“ sei letztlich nur ein
       „küchenphilosophisch-spiritueller Gemischtwarenladen“ für Leute, die
       Philosophen konsumierten „wie Frühstücksflocken“: abgepackt und vorgesüßt.
       
       Hand aufs Teleskop: Weder braucht man „Star Wars“, um sich mit
       fernöstlichen Weisheitslehren zu befassen; noch braucht es den
       Jedi-Ritterschlag der geisteswissenschaftlichen Expert*innen im Magazin, um
       „Star Wars“ zu „verstehen“. Aber: Es bereitet sagenhafte Freude, in diesen
       Essays und Interviews in der U-Bahn zu schmökern, sich selbst im
       intergalaktischen X-Flügler zu wähnen und sich auf (seien es auch mal
       überinterpretierende) Gedankenexperimente einzulassen, ausgelöst von
       Kriegen in einer entfernten Galaxis, die schon lange um sind. Das fühlt
       sich nach Sternstaub an.
       
       14 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Hochgesand
       
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