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       # taz.de -- Bordexemplare nur noch als E-Paper: Lufthansa kündigt seine Zeitungsabos
       
       > Es ist umweltfreundlicher, die Airline spart aber auch Millionen Euro:
       > Künftig wird es fast keinen gedruckten Gratis-Lesestoff mehr geben.
       
   IMG Bild: Über den Wolken: Man kann ja auch einfach aus dem Fenster schauen.
       
       BERLIN taz | Schön für Bäume und das Klima – und wieder mal etwas
       bedrohlicher für diejenigen, die mit Gedrucktem Geld verdienen. Die
       Lufthansa schafft die Bordexemplare, kostenlos verteilte Zeitungen und
       Zeitschriften, weitgehend ab. Dafür sollen die Kunden von Deutschlands
       größter Airline künftig vor den Flügen mit Zugangscodes für die
       E-Paper-Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften ausgestattet werden. Diese
       sollen sie dann während des Flugs auf Smartphone oder Tablett schmökern
       können.
       
       Kunden der Lufthansa bekommen gedruckte Zeitungen und Zeitschriften künftig
       nur noch an den Flughäfen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München
       und Stuttgart, außerdem in Vielflieger-Lounges und an Bord in Business oder
       First Class. An anderen Orten in Deutschland und im Ausland baut die
       Airline die Zeitungsregale in den Wartehallen ab.
       
       Für viele Verlage gelten Bord-Zeitungen und -Zeitschriften bislang ein
       probates Mittel, um ihre Printauflage zu stabilisieren – in der Branche
       sagen auch einige, die Bordexemplar seien nur Auflage-Kosmetik, um die
       Zahlen zu schönen.
       
       Das System: Die Verlage liefern Airlines und Flughäfen Lesestoff und
       bekommen dafür entweder kein oder nur wenig Geld. Dafür dürfen sie die
       Umsonstexemplare bei dem in der Branche als Zählinstrument etablierten IVW
       (der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von
       Werbeträgern) als „verkaufte Auflage“ melden, sie werden aber auch getrennt
       ausgewiesen.
       
       So lassen sich Rückgänge am Kiosk oder Abos auf den ersten Blick
       ausgleichen – und gleichzeitig die für den Anzeigenverkauf wichtigen
       Leserzahlen stabil halten. Aber: Auch die Umsonst-Zeitungen kosten die
       Verlage – in Zeiten der fortdauernden Medienkrise wird deshalb auch hier
       gespart.
       
       ## Keine Bordexemplare der taz
       
       Anfang 2010 gab es in Deutschland laut dem Branchendienst meedia erstmals
       weniger als drei Millionen Bordexemplare, seitdem ist die Zahl weiter
       gesunken. Der Branchendienst Meedia listete im November 2014 die
       Tageszeitungen mit den meisten Gratisexemplaren auf: Auf Platz 1 standen
       Welt/Welt kompakt mit 45.000, gefolgt von FAZ mit 40.000 und Süddeutscher
       Zeitung mit 37.000 Umsonstexemplaren. Die taz gibt es nicht umsonst im
       Flugzeug oder am Airport. Dafür ist uns unsere Zeitung zu schade.
       
       Die Umstellung entspreche den Gewohnheiten der Kunden. „Rund zweieinhalb
       Stunden am Tag nutzen Menschen in Deutschland durchschnittlich ihr
       Smartphone oder Tablet“, heißt es in einer Mitteilung der Lufthansa. Auch
       viele Fluggäste führten mindestens ein mobiles Endgerät mit sich. Ab dem
       21. Januar können Nutzer ab drei Tagen vor ihrem Flug mit der Eingabe ihres
       Buchungscodes oder der Ticketnummer und des Namens online zwei eJournals
       ihrer Wahl auf ihr elektronisches Gerät herunterladen. Vielflieger oder
       Erste-Klasse-Flieger erhalten Zugang zu mehr Angeboten. Insgesamt kann man
       aus insgesamt 100 Zeitungen und 45 Zeitschriften in elf Sprachen auswählen
       – je nach Angebot auch gegen Bezahlung.
       
       Die Airline begründete den Schritt auch damit, dass die E-Paper
       „umweltfreundlicher und nachhaltiger“ sind, da „kein Papier, keine
       Druckfarben und keine Logistik für die Distribution benötigt“ wird.
       Zusätzlich bedeute die Reduzierung der Print-Auflage „weniger Gewicht an
       Bord und somit einen geringeren Kerosinverbrauch“.
       
       Die „Digitaloffensive“ drücke die Kosten um mehrere Millionen Euro,
       schreibt die Wirtschaftswoche. Ohne Baumzeitungen verbrauchten die
       Flugzeuge nicht nur weniger Kerosin, auch das personalintensive Aufstocken
       der Zeitungsregale entfalle.
       
       15 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
       ## TAGS
       
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