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       # taz.de -- Terror in Burkina Faso: Anschlag auf die junge Demokratie
       
       > In der Nacht zum Samstag haben Terroristen im Zentrum der Hauptstadt
       > Ouagadougou ein Blutbad angerichtet. Die Spuren weisen nach Mali.
       
   IMG Bild: Straßenszene nach dem Angriff: bewaffneter Polizist in Ouagadougou.
       
       BERLIN taz | Die bislang friedlichste Hauptstadt der Sahelzone Westafrikas
       ist ins Visier des islamistischen Terrors geraten. Die Angriffe in Burkina
       Fasos Hauptstadt Ouagadougou in der Nacht zum Samstag haben nach neuesten
       Angaben mindestens 29 Tote, mehrheitlich weiße Ausländer, und 56 Verletzte
       gefordert. Es ist der blutigste Terroranschlag in der Region seit einem
       [1][Angriff auf ein Hotel in Malis Hauptstadt Bamako] am 20. November 2015.
       
       Drei oder vier maskierte Täter stürmten am Freitag gegen 19.30 Uhr am
       Prachtboulevard „Kwame Nkrumah“ das mondäne Café-Restaurant „Cappucino“ und
       eröffneten das Feuer aus Sturmgewehren. Die über 30 Gäste versuchten, sich
       hinter Möbeln und in den Toiletten zu verstecken. Die Terroristen warfen
       schließlich Tränengasgranaten hinein und legten Feuer, bevor sie ins
       Luxushotel „Splendid“ weiterzogen, ein Betonklotz an der Kreuzung schräg
       gegenüber.
       
       Dort war gerade ein Empfang der afrikanischen Luftraumbehörde Asecna im
       Gange. Die Angreifer begannen, Gäste zu verschleppen und zu erschießen.
       Spezialkräfte umstellten das Hotel und stürmten gegen 2 Uhr. 33 Geiseln
       konnten fliehen, die anderen knapp 100 mussten bis zum nächsten Angriff am
       Morgen warten. Eine berichtete: „Die Leute lagen auf dem Boden, alles war
       voller Blut. Man hörte, wie sie redeten und auf Menschen schossen, wenn sie
       noch nicht tot waren.“ Einige Bewaffnete zogen sich ins kleinere Hotel Yibi
       nebenan zurück, was die ganze Operation verlängerte.
       
       Am Ende waren alle Angreifer tot. „Das waren Kinder, ich hatte den Eindruck
       dass die Gewehre zu schwer für sie waren, der Rückstoß warf sie immer nach
       hinten,“ erzählte ein Überlebender gegenüber Reportern. Erste Berichte, es
       seien Frauen darunter gewesen, bestätigten sich nicht.
       
       ## AQMI übernahm Verantwortung
       
       „Al-Qaida im Islamischen Maghreb“ (AQMI) übernahm die Verantwortung im
       Namen der Gruppe „Al-Mourabitoun“, der sowohl AQMI als auch dem
       „Islamischen Staat“ (IS) Treue geschworen hat. Zum ersten Mal bei einem
       Angriff dieser Art interviewte der AQMI-Medienkanal „Al-Andalus“ einen der
       Täter live. Nach Angaben des französischen Terrorspezialisten Romain
       Caillet sprach der Interviewte perfektes Arabisch und sagte, er handele aus
       Solidarität mit Syrien und Jemen.
       
       Möglicherweise kamen die Täter direkt aus Mali, wo Al-Mourabitoun aktiv
       ist. Am Freitag gegen 14 Uhr hatten Bewaffnete bei Tin Abao im Nordosten
       Burkinas im Dreiländereck zu Mali und Niger zwei Gendarmen getötet.
       Ouagadougou liegt 300 Kilometer weiter, die Terroristen waren in
       Geländewagen unterwegs. Nicht weit entfernt nahmen Unbekannte am Freitag
       zwei Australier als Geiseln – ein über 80-jähriges Ehepaar, das seit 1972
       in Burkina lebt. In Malis Grenzregion zu Burkina Faso ist eine
       islamistische Gruppe namens „Macina-Befreiungsfront“ (FLM) aktiv.
       
       Burkina Faso spielt im Krieg gegen Dshihadisten in der Sahelzone eine
       wichtige Rolle. Es beherbergt 220 Spezialkräfte aus Frankreich und 75 aus
       den USA für verdeckte Operationen. Sie halfen jetzt auch beim
       Niederschlagen des Angriffs.
       
       ## Schlag in einer kritischen Zeit
       
       Das Blutbad von Ouagadougou trifft Burkina Faso in einer kritischen Zeit.
       Erst vergangene Woche hatte Präsident Roch Kaboré, [2][Sieger der ersten
       freien Wahlen vom November] nach dem Volksaufstand gegen Langzeitdiktator
       Blaise Compaoré 2014, sein Kabinett präsentiert. Es traf sich am Samstag zu
       seiner ersten Sitzung und verfügte eine dreitägige Staatstrauer.
       Premierminister Paul Kaba Thiéba sagte, die Terroristen versuchten, „die
       Grundlagen unser Freiheit zu untergraben, die unser Volk zu einem so hohen
       Preis erkämpft hat“.
       
       Beobachter verweisen auf Verbindungen zwischen Islamisten und dem
       gestürzten Compaoré, der islamistische Führer diskret aufgenommen habe,
       damit sie ihr Geld in Ouagadougous Immobilienboom investieren.
       Schlüsselfigur dabei sei Präsidialgardechef Gilbert Diendéré gewesen, der
       erst im September 2015 versuchte, Burkinas Demokratisierung per Putsch
       rückgängig zu machen und jetzt in Haft sitzt.
       
       In einem Interview sagte Al-Qaida-Spezialist Lemine Ould Mohamed Salem:
       „Die Verhaftung von Compaorés Freunden an der Spitze der Geheimdienste und
       der Polizei im Zuge des gescheiterten Diendéré-Putsches hat das Land
       verwundbar gemacht.“
       
       Die Bürgerbewegung „Balai Citoyen“ (Bürgerbesen), die 2014 Compaoré
       stürzte, ruft nun zum Widerstand gegen den Terror und zum Schulterschluss
       um die junge Regierung auf. „Das burkinische Volk erleidet eine neue
       Prüfung und wird erneut siegen“, erklärte der Rapmusiker Smockey, ihr
       bekanntestes Mitglied. „Burkinas Armee hat jetzt 18 Millionen Reservisten.“
       
       16 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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