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       # taz.de -- Freie Grundschulwahl in NRW: „Gleich und gleich gesellt sich gern“
       
       > Seit 2008 dürfen Eltern in NRW selbst bestimmen, welche Grundschule ihr
       > Kind besucht. Eine Studie bemängelt, dass das zur Trennung zwischen
       > Schichten verstärkt.
       
   IMG Bild: Wie gut gemischt ist es hier? Kinder auf dem Weg in die Schule.
       
       Gütersloh dpa | Die 2008 in Nordrhein-Westfalen eingeführte freie
       Grundschulwahl hat die Trennung sozialer Schichten an den Grundschulen
       weiter verstärkt. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Samstag veröffentlichte
       [1][wissenschaftliche Studie der Bertelsmann Stiftung]. Eine Folge sei,
       dass die Kinder der einzelnen sozialen Schichten bereits während der
       Grundschulzeit unter sich blieben. Auch komme es in einzelnen
       benachteiligten Quartieren zu einer starken Schülerabwanderung. Ausgewertet
       wurden die Daten von knapp 4000 Erstklässlern der Schuljahre 2008/09 bis
       2011/12 in Mülheim/Ruhr.
       
       Die Studie mit dem Titel „Gleich und gleich gesellt sich gern“ wurde im
       Auftrag der Stiftung vom Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung
       (ZEFIR) an der Ruhr-Universität Bochum und der Stadt Mülheim/Ruhr
       erarbeitet. Die damals in NRW regierende CDU/FDP-Koalition hatte die
       Bindung an die Bezirke aufgehoben, um den Eltern mehr Wahlmöglichkeiten zu
       bieten und die Grundschulen durch verstärkte Konkurrenz um Schülerzahlen zu
       einer Qualitätsverbesserung zu animieren.
       
       Die Bertelsmann Stiftung geht davon aus, dass die Ergebnisse exemplarisch
       für Schulen in Ballungsgebieten sind. Eine Wahlfreiheit bei Grundschulen
       gibt es in Deutschland nach Angaben der Stiftung auf Länderebene außer in
       NRW bislang nur in Hamburg. In anderen Bundesländern werde es aber stark
       diskutiert.
       
       Während zu Zeiten verbindlicher Bezirke in Mülheim unter anderem durch
       Ausnahmegenehmigungen etwa 10 Prozent der Kinder eine andere als die
       zuständige Grundschule besuchten, habe sich der Anteil 2011/12 bei gut 25
       Prozent eingependelt. Auch in den folgenden Jahren sei es bei diesem Wert
       geblieben mit leicht steigender Tendenz im Jahr 2015, sagte eine Sprecherin
       der Stiftung. „Die Wahlentscheidung der Eltern ist abhängig vom
       Sozialstatus der Schule und vom sozialen Hintergrund der Eltern“, stellt
       die Stiftung fest. Wenn die zuständige Gemeinschaftsgrundschule sozial
       benachteiligt ist, wählten Eltern häufiger eine andere Schule.
       
       Studienautor Thomas Groos fand heraus, dass Eltern mit niedrigem
       Bildungsstatus und Eltern mit Migrationshintergrund häufiger die
       nahegelegene Grundschule wählen. „Diese Familien sind in der Regel weniger
       mobil und bleiben meist in ihrem Wohnbezirk.“ Vor allem Eltern mit
       mittlerem Sozialstatus nähmen die freie Schulwahl in Anspruch. Eltern mit
       hohem Sozialstatus machten davon seltener Gebrauch, da sie meist in sozial
       homogenen Einzugsbereichen wohnten.
       
       Groos schlägt vor, die soziale Struktur der Schulen über einen sogenannten
       Sozialindex transparent zu machen. Dann könnten benachteiligte Schulen in
       sozialen Brennpunkten besser ausgestattet werden etwa mit mehr Lehrern,
       einem verbindlichen Ausbau der Ganztagsbetreuung und mehr Unterstützung bei
       Inklusion von behinderten Kindern und Integration von Ausländern. Damit
       könnten diese Schulen so gut werden, „dass ihre Qualität auch
       bildungsaffine Eltern überzeugt“.
       
       16 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2016/januar/freie-grundschulwahl-verschaerft-die-soziale-trennung-von-schuelern/
       
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