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       # taz.de -- CSU-Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik: Populisten überbieten sich
       
       > Diverse CSU-Politiker fordern eine restriktivere Flüchtlingspolitik. Die
       > Zahl der Abschiebungen hat sich 2015 fast verdoppelt.
       
   IMG Bild: CSUler Herrmann denkt nochmal über seine Metapher nach: „Bremsklotz für den Flüchtlingsstrom“.
       
       Dresden afp | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellt sich am Mittwoch
       erneut der massiven Kritik der CSU an ihrer Flüchtlingspolitik. Vor ihrem
       Besuch bei der Schwesterpartei in Wildbad Kreuth legten führende
       CSU-Politiker wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Finanzminister
       Markus Söder nach und verlangten ein Umsteuern der Bundesregierung im
       Umgang mit Flüchtlingen. Laut einem Zeitungsbericht hat sich die Zahl der
       Abschiebungen in Deutschland 2015 fast verdoppelt.
       
       Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) werden am Mittwoch
       zur Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth erwartet.
       Herrmann sagte der Bild-Zeitung (Mittwochsausgabe) vorab, derzeit kämen
       täglich bis zu 3000 Flüchtlinge nach Deutschland. Daher müsse es „jetzt
       schnell einen Bremsklotz für den Flüchtlingsstrom“ geben. „Dafür hat die
       Kanzlerin nur noch wenige Wochen Zeit“, fügte der CSU-Politiker hinzu.
       
       Die gegenwärtige Einwanderungspraxis steht laut Herrmann „nicht im Einklang
       mit dem Grundgesetz“. „Der völlig unkontrollierte Zustrom an Migranten hat
       nichts, aber auch gar nichts, mit einer humanitären Geste in einer Notlage
       zu tun“, kritisierte der bayerische Innenminister.
       
       Auch Söder warnte, die Zeit für ein Umsteuern in der Flüchtlingspolitik
       dränge. „Das Zeitfenster wird immer kleiner“, auch weil der EU in der
       Flüchtlingskrise die Spaltung drohe, [1][sagte der bayerische
       Finanzminister der Passauer Neuen Presse] (Mittwochsausgabe).
       
       Spätestens seit den massenhaften Übergriffen auf dem Kölner Dom-Platz, für
       die überwiegend Migranten aus dem [2][nordafrikanischen] und arabischen
       Raum verantwortlich gemacht werden, sei „klar, dass wir nicht so
       weitermachen können wie bisher“. „Viele Menschenwünschen wünschen sich
       anstelle von Willkommenskultur endlich eine Vernunftskultur“, kritisierte
       Söder Merkels Vorgehen.
       
       Der CSU-Ehrenvorsitzende [3][Theo Waigel monierte in einem Gastbeitrag für
       den Münchner Merkur ] (Mittwochsausgabe), Merkels Flüchtlingspolitik fehle
       es an einem politischen Überbau. Ihrem Satz „Wir schaffen das“ müsse die
       Kanzlerin hinzufügen: „Wie schaffen wir es?“.
       
       Merkel schlägt derzeit aus den eigenen Reihen starker Gegenwind entgegen.
       Am Dienstag wurde bekannt, dass 44 Bundestagsabgeordnete der Union einen
       Protestbrief an Merkel unterzeichneten, in dem sie die Zurückweisung
       Tausender Flüchtlinge an der deutschen Grenze fordern, die über andere
       EU-Staaten dorthin gekommen sind.
       
       ## Rückendeckung für humanitäre Flüchtlingspolitik
       
       Rückendeckung bekam Merkel vom Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im
       Europaparlament, Elmar Brok (CDU).[4][Das „Jahrhundertproblem“
       Flüchtlingskrise erfordere Geduld, sagt er der Rheinischen Post]
       (Mittwochsausgabe). „Frau Merkel müssen wir dafür noch mehr Zeit geben“.
       
       Es könne nur eine europäische Lösung mit drastisch reduzierten
       Flüchtlingszahlen geben. „Wenn wir die Grenzen jetzt dicht machen, hätten
       wir einen Rückstau von Hunderttausenden im Balkan und in Griechenland mit
       allen erdenklichen humanitären und konfliktgeladenen Konsequenzen“, warnte
       Brok.
       
       Der Vize-Präsident des Europaparlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP),
       sagte der Rheinischen Post, die Schließung der deutschen Grenzen „wäre ein
       Debakel für die Flüchtlinge, für die Wirtschaft, aber auch für Millionen
       Pendler und Urlauber“.
       
       ## Verdoppelung der Abschiebungen
       
       Derweil berichtete die Sächsische Zeitung am Mittwoch unter Berufung auf
       die aktuelle Abschiebestatistik des Bundesinnenministeriums, dass sich die
       Zahl der Abschiebungen in Deutschland im vergangenen Jahr laut einem
       Zeitungsbericht fast verdoppelt habe. 20.888 Ausländer hätten Deutschland
       2015 zwangsweise verlassen müssen, im Vorjahr seien es noch 10.884 Menschen
       gewesen.
       
       Weit mehr Menschen – nämlich 37.220 –, die zum Verlassen Deutschlands
       aufgefordert wurden, seien freiwillig – zum Teil gefördert – ausgereist,
       schrieb die Sächsische Zeitung. Fast 90 Prozent von ihnen stammten demnach
       aus Albanien, dem Kosovo, Serbien und anderen Ländern des westlichen
       Balkans. Außerdem sei eine unbekannte Zahl ausreisepflichtiger Ausländer
       fortgezogen, ohne sich förmlich „abzumelden“.
       
       20 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.pnp.de/nachrichten/politik/1938100_Soeder-Die-Bundesregierung-ist-nicht-handlungsfaehig.html
   DIR [2] /Kommentar-Rassismus-nach-Koeln/!5269221/
   DIR [3] http://www.merkur.de/politik/theo-waigel-beschwoert-kanzlerin-brauchen-einen-plan-6049438.html
   DIR [4] http://www.rp-online.de/politik/fluechtlingskrise-cdu-will-merkel-mehr-zeit-geben-aid-1.5703865
       
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