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       # taz.de -- Kommentar Israels Flüchtlingspolitik: Handelsware Mensch
       
       > Israel schiebt Flüchtlinge aus Eritrea und Sudan wie Schmuggelware ab.
       > Das Beispiel könnte auch in Europa Schule machen.
       
   IMG Bild: Könnte einfach in ein anderes Land abgeschoben werden: protestierender Flüchtling in Tel Aviv (Archivbild).
       
       Es gibt Waren, die keiner wirklich haben möchte und bei denen man bezahlt,
       nicht um sie zu erwerben, sondern um sie loszuwerden. Meist hat das mit
       Müll zu tun oder mit Gift. „Entsorgung“ heißt dieser Geschäftsvorgang, und
       die globalisierte Welt steckt voller unschöner Beispiele: Atommüll und
       Giftfässer, chemische und natürliche Rückstände, Sprengstoffe und Kadaver,
       Elektroschrott und Rostlauben. Und nun werden auch Menschen entsorgt, still
       und heimlich und schamlos.
       
       Wie die taz recherchiert hat, landen immer mehr Flüchtlinge aus Eritrea und
       Sudan, die auf der verzweifelten Suche nach einem menschenwürdigen Leben in
       Europa stattdessen in Israel stranden, [1][am Ende wieder in Afrika – in
       Uganda und Ruanda]. Dort sind die Lebensumstände zweifellos besser als in
       ihren Heimatländern. Aber die unfreiwilligen Neuankömmlinge wollten weder
       dorthin, noch werden sie dort willkommen geheißen, noch fühlen sie sich vor
       möglicher Verfolgung durch ihre Heimatregierungen geschützt.
       
       Sie bekommen Bargeld in die Hand gedrückt wie Schmiergeld: Israel weiß,
       dass kein Flüchtling diese Reise freiwillig unternehmen würde. Sie werden
       auf Sondertransporten an allen Grenzkontrollen vorbeigelotst wie
       Schmuggelware: Uganda und Ruanda wissen, dass sie sich eigentlich auf ein
       anrüchiges Geschäft einlassen. Es ist nichts anderes als die Entsorgung von
       Menschen.
       
       Flüchtlinge als Handelsware – es bedarf nicht viel Fantasie, um sich
       vorzustellen, wie das israelische Beispiel auch in Europa Schule machen
       könnte. Was soll denn eine EU-Regierung machen, wenn die von ihr großspurig
       verkündete Obergrenze zur Aufnahme von Flüchtlingen erschöpft ist und
       trotzdem weitere über die Grenze kommen? Eine Variante wäre, sie auf der
       Straße liegen zu lassen und so zu tun, als wären sie nicht da. Eine andere
       könnte sein, sie zu menschlichem Sondermüll zu erklären und kostenpflichtig
       in irgendeinem unsicheren Drittland zu verklappen.
       
       Von Menschlichkeit entfernt sich die EU-Debatte über Flüchtlinge ohnehin
       immer mehr. Bisher sind die meisten europäischen Politiker dabei aber noch
       ziemlich ratlos und unentschlossen, zum Glück. Israel liefert das
       abschreckende Beispiel dafür, wie man Unmenschlichkeit in gnadenlose
       Flüchtlingsabwehr verwandelt.
       
       26 Jan 2016
       
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