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       # taz.de -- Architektur des Ankommens: Plattenbau ausgeschlossen
       
       > Hamburg baut gerade im Eiltempo Tausende Sozialwohnungen. Billigbauten
       > soll es zwar nicht geben, aber es wird eng in den neuen Wohnungen.
       
   IMG Bild: So nicht: Flüchtlinge sollen in Hamburg nicht in der Platte wohnen
       
       Hamburg taz | 5.600 zusätzliche Sozialwohnungen sollen in Hamburg bis
       Weihnachten bezugsfertig sein. Ein Zeitplan, der für gewöhnlich kaum
       einzuhalten wäre. Allein die Bebauungsplanverfahren ziehen sich in der
       Regel bis zu zwei Jahre hin. „Es ist vor allem das veränderte Baurecht, das
       uns schneller handeln lässt“, sagt Magnus-Sebastian Kutz, Sprecher der
       Stadtentwicklungsbehörde.
       
       Nun kann die Behörde Wohnungen als Flüchtlingsunterkünfte deklarieren und
       so die oft langwierige Entwicklung von Bebauungsplänen umgehen und sich
       über bereits gültige Bebauungspläne hinwegsetzen. „Billigbauten“ im
       Plattenbau-Stil sollen die neuen Expresswohnungen aber nicht sein – es
       werde fachgerecht „Stein auf Stein“ gebaut.
       
       Bauen sollen die Unterkünfte Genossenschaften und private Unternehmen. „Es
       gilt der Standard des sozialen Wohnungsbaus, wir halten uns an die Auflagen
       zum Lärmschutz, zum Brandschutz oder zur Isolierung“, sagt Kutz. Äußerlich
       sollen die neuen Wohnungen von anderen Neubauten nicht zu unterscheiden
       sein.
       
       Welche Materialien verwendet werden, bleibe den Bauunternehmen überlassen.
       Die Wohnungen werden jedoch eng belegt: Wo sonst zwei bis drei Menschen
       wohnen, sollen im Durchschnitt fünf Bewohner Platz finden. So will die
       Behörde bis Jahresende rund 20.000 Flüchtlinge in den Sozialwohnungen
       unterbringen.
       
       Mit dem Bau dieser sogenannten Expresswohnungen wird voraussichtlich am
       Mittleren Landweg in Bergedorf und Am Elfsaal in Wandsbek begonnen. Der
       städtische Betreiber Fördern und Wohnen wird die Wohnungen 15 Jahre lang
       mieten und unterhalten. Danach werden die Wohnungen auf dem freien Markt
       angeboten, jeweils 2.000 Menschen sollen dann in den neuen Quartieren
       wohnen.
       
       Für Investoren bietet die Bauoffensive des Senats klare Anreize: kein
       Mieterwechsel, kein Leerstand, wenig Risiko. Doch in der Immobilienbranche
       gibt es kritische Stimmen. „Wenn Menschen einer Nationalität auf engem Raum
       leben, entstehen Monostrukturen, die den Stadtteilen nicht gut tun“, sagt
       der Direktor des Wohnungsverbandes VNW, Andreas Breitner.
       
       Eine Alternative könne er angesichts des Zeitdrucks allerdings nicht
       aufzeigen. „Wichtig ist vor allem ein gutes Sozialmanagement, um eine
       Gettobildung zu verhindern.“ Ob der Plan des Senats aufgehe, hänge überdies
       weniger von den verfügbaren Flächen, sondern von den Kapazitäten der
       Baubranche ab. „Ich bezweifle, dass genügend Baufirmen mit entsprechenden
       Fachkräften gefunden werden und in dem engen Zeitraum bauen“, sagt
       Breitner.
       
       In Eppendorf regte sich bereits Protest gegen rund 180 geplante
       Expresswohnungen in einem Gewerbegebiet an der Osterfeldstraße. In einer
       Bezirksversammlung liefen am Montagabend Gewerbetreibende dagegen Sturm,
       sie fürchten, wegen des Lärms mit Klagen überzogen zu werden, wenn nebenan
       Wohnungen sein werden.
       
       Dass es sich um ein „sehr ambitioniertes Projekt“ handelt, räumt auch
       Behördensprecher Kutz ein. Ängste und Vorbehalte von Anwohnern seien
       ernstzunehmen. „Wir setzen bei allen Bauprojekten auf frühzeitige
       Informationsveranstaltungen“, sagt er. „Wir müssen mit Anwohnern über das
       soziale Miteinander reden, Angebote schaffen, etwa mit Schulen und Kitas
       zusammenarbeiten.“
       
       Wenn die fertigen Bebauungspläne vorliegen, sei es zudem möglich, einzelne
       Wohnungen für eine „bessere Durchmischung der Bewohner“ neu zu vermieten.
       
       31 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Annika Lasarzik
       
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