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       # taz.de -- Kompromiss für die Klagemauer: Beten ohne Geschlechtertrennung
       
       > In Jerusalem dürfen an einem Abschnitt der Klagemauer Männer und Frauen
       > gemeinsam beten. Dies ist nicht nur ein Erfolg für jüdische
       > Feministinnen.
       
   IMG Bild: Am südlichen Teil der Klagemauer beten nun beide Geschlechter.
       
       Jerusalem taz | An der Klagemauer in Jerusalem dürfen Männer und Frauen
       künftig gemeinsam beten. Fast 30 Jahre kämpfte die Initiative „Frauen der
       Klagemauer“ für Gleichberechtigung an der heiligsten jüdischen Stätte. Der
       am Sonntagabend von Israels Kabinett beschlossene Kompromiss stieß zwar auf
       Protest der ultraorthodoxen Koalitionspartner, letztlich stimmten sie aber
       dem „kleineren Übel“ zu.
       
       Die Gläubigen werden fortan entweder in den beiden bisherigen Abteilungen
       mit Geschlechtertrennung beten oder am südlichen Teil der Klagemauer ohne
       Geschlechtertrennung. Laut Kompromiss bleibt der nördliche Abschnitt mit
       einer Breite von insgesamt 65 Metern unter Kontrolle von
       Religionsministerium und dem beauftragten orthodoxen Rabbiner. Den
       südlichen Abschnitt, der 25 Meter breit ist, soll ein Gremium liberaler,
       konservativer und Reformjuden verwalten, darunter eine Vertreterin der
       „Frauen der Klagemauer“.
       
       Die Regierungsentscheidung ist nicht nur ein Erfolg für die jüdischen
       Feministinnen, sondern gleichzeitig für das liberale Judentum.
       Ultraorthodoxe Juden halten sich an die Geschlechtertrennung an der
       Klagemauer, in Synagogen und soweit möglich auch in anderen öffentlichen
       Räumen. Dahingegen dürften Frauen in liberalen, konservativen und
       Reformgemeinden selbst das Amt des Rabbiners ausüben, sie tragen oft Kippa
       (traditionelle Kopfbedeckung jüdischer Männer), Gebetsriemen und dürfen,
       entgegen der orthodoxen Regeln, aus der Tora lesen.
       
       Ziel der Regierungsentscheidung ist damit auch die Annäherung an Juden, die
       nicht in Israel leben. „Die Entscheidung der Regierung ist eine erste
       Übereinkunft des israelischen Staates mit Millionen von Juden in der Welt,
       vor allem in den USA, die nicht orthodox sind“, schreibt Jair Ettinger in
       der Tageszeitung Ha’aretz.
       
       Der Großteil der Kosten für die Herrichtung des neuen Gebetsplatzes, die
       auf umgerechnet gut zehn Millionen Euro veranschlagt werden, soll aus dem
       Budget des Ministeriums für Diaspora-Angelegenheiten gedeckt werden und mit
       Geldern der Jewish Agency. Regierungschef Benjamin Netanjahu pries den
       Kompromiss für „diesen Ort, der das jüdische Volk einen soll“. Aus der
       Perspektive des ultraorthodoxen Abgeordneten Mosche Gafni von der Fraktion
       Judentum und Tora ist eine Annäherung hingegen ausgeschlossen. Gafni
       beschimpfte die Reformisten als „eine Gruppe von Clowns, die ein Messer in
       die Tora stechen“.
       
       1 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
       ## TAGS
       
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