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       # taz.de -- Streit um „Planet Nine“: Die neue Geliebte des Patriarchen
       
       > Wissenschaftler wollen einen neuen Planeten in unserem Sonnensystem
       > entdeckt haben. Die Diskussion darum gleicht einem Familiendrama.
       
   IMG Bild: Computersimulation der Planetenumlaufbahnen unseres Sonnensystems. Die gelbe Bahn gehört dem neuen
       
       Es gibt ihn, es gibt ihn nicht, es gibt ihn... Für Konstantin Batygin und
       Michael Brown vom California Institute of Technology in Pasadena steht
       jetzt fest: Es gibt ihn – den neunten Planeten im Sonnensystem der Erde,
       jedenfalls wahrscheinlich. Denn gesehen haben sie ihn natürlich nicht. Im
       Astronomical Journal legen sie Berechnungen und Graphen vor, die als
       „Beweis für einen entfernten Riesenplaneten“ taugen sollen. Batygin und
       Brown untersuchten Asteroiden im sogenannten Kuipergürtel – einer Region im
       Sonnensystem, die weit außerhalb des äußersten Planeten Neptun liegt.
       
       Dabei stellten sie unregelmäßige Umlaufbahnen von Asteroiden fest, die
       ihrer Meinung nach nur durch die Existenz eines weiteren Planeten erklärt
       werden können. Aus Berechnungen hat sich ergeben, dass der Planet etwa
       5000-mal massereicher wäre als Pluto und es alle 10.000 bis 20.000 Jahre
       einmal um die Sonne schafft.
       
       Auch wenn die Existenz von „Planet Neun“, so der Arbeitstitel, weiter
       Spekulation bleibt, löste die Botschaft in Teilen des Internets Jubel aus.
       Andere Teile der Netzcommunity plagen derweil immer noch Schmerzen, seitdem
       die Internationale Astronomische Union Pluto 2006 zum Zwergplaneten
       degradiert hatte und ihn heute nur noch als Nummer 134340 führt.
       
       Aber warum interessiert uns das überhaupt? Schließlich geht es um
       abertausende Kilometer entfernte Gesteinsbrocken und Gaskörper. Die
       Diskussion um neue Planeten und alte Planeten ist in den vergangenen Jahren
       so etwas wie die Adelshofberichterstattung für Wissenschaftsnerds geworden.
       Und Pluto ist ihr Prinz Harry. Der, um den man sich sorgt. Der, der nicht
       so richtig dazugehört.
       
       ## „Pluto will always be Planet Nine“
       
       Ersetzt man in Überschriften von einigen Wissenschaftsartikeln das Wort
       „Pluto“ durch einen x-beliebigen Vornamen und „Monde“ durch „Kinder“,
       könnten sie so auch in der Intouch oder People stehen: „Pluto errötet im
       Sommer“ (Spiegel Online, 05. 2. 2010), „Plutos eisiger Look“ (Bild der
       Wissenschaft, 18. 5. 2010), „Mindestens zwei von Plutos kleineren Monden
       taumeln“ (raumfahrer.net, 4. 6. 2015).
       
       Kein Wunder, dass die Geschichte um Pluto und seinen neuen Nebenbuhler
       „Planet Neun“ Stoff für ein Familiendrama bietet. Hier der vom Oberhaupt
       verstoßene Pluto, dort die neue Geliebte des Patriarchen. Ihr verweigern
       auf Twitter prompt einige Nutzer die Anerkennung: „Bevor ihr mit einem
       neuen Planeten wiederkommt, will ich erst Pluto wiederhaben“, oder „Pluto
       will always be Planet Nine“, sind nur zwei von vielen empörten Stimmen, die
       auf der Seite des Senats des US-Bundesstaats Illinois stehen.
       
       Der Heimatstaat von Pluto-Entdecker Clyde Tombaugh hat sich schon 2009
       geweigert, die Degradierung zu akzeptieren. Es gehe schließlich um die
       Ehre. Der Buhmann in diesem Epos ist Wissenschaftler Michael Brown. Er
       hatte mit seiner Entdeckung des Zwergplaneten Eris die Herabstufung von
       Pluto nämlich erst möglich gemacht und rechnet überdies mit weiterem
       Familienzuwachs: „Ich vermute, dass es mindestens ein, wenn nicht sogar
       mehrere bislang unbekannte Objekte dort draußen gibt.“ Die Saga geht also
       weiter.
       
       21 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ronny Müller
       
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