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       # taz.de -- Mordfall Burak Bektaş in Berlin: Justiz soll nach rechts schauen
       
       > Die Initiative für die Aufklärung des Falls Burak Bektaş fordert neue
       > Ermittlungen: Senat und Bundestag erhalten zahlreiche Anfragen.
       
   IMG Bild: Viele Fragen, wenig Antworten: Mahnwache für die Aufklärung des Neuköllner Mordfalls am Freitag.
       
       Berlin taz | Im Mordfall Burak Bektaş steigt der Druck auf Polizei, Justiz
       und Politik. Am Freitag forderte die Initiative für die Aufklärung des
       Mordes zusammen mit der Berliner Abgeordneten Canan Bayram (Grüne) und der
       Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke) einen „Neustart“: Der mit dem
       Fall betraute Staatsanwalt und der zuständige Kriminalhauptkommissar
       müssten abgelöst werden. Bayram präsentierte eine Reihe schriftlicher
       Anfragen, die sie an den Senat gestellt hat. Renner und die Linksfraktion
       im Bundestag haben eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt.
       
       Am 5. April jährt sich der Mord an dem Neuköllner Jugendlichen zum vierten
       Mal. Der Täter, der ohne äußeren Anlass auf eine Gruppe von Freunden
       feuerte, ist bis heute unbekannt, die Ermittlungen stagnieren.
       
       Vor drei Wochen hatte sich die Familie von Burak Bektaş mit ihren Anwälten
       an die Öffentlichkeit gewandt und kritisiert, dass ein mögliches
       rechtsextremes Motiv kaum geprüft worden sei und nicht – wie von der
       Polizei immer behauptet – „in alle Richtungen“ ermittelt werde. Es war ein
       gemeinsamer Auftritt mit den Eltern von Luke Holland: Der junge Brite war
       im vergangenen September ebenfalls in Neukölln auf offener Straße
       erschossen worden.
       
       Hier gibt es einen Aspekt des Falls Burak Bektaş, der nach Ansicht der
       Initiative und der beiden Abgeordneten unterbelichtet geblieben ist: Der
       Tatverdächtige im Fall Holland, Rolf Z., tauchte bereits 2012 in den Akten
       zum Fall Bektaş auf. Aber weder seien frühere Munitionsfunde aus Z.s
       Wohnung mit der beim Mord im Jahr 2012 verwendeten Waffe abgeglichen
       worden, noch sei man dem Hinweis nachgegangen, dass ein Bruder von Z. einen
       „Schießstand“ im Keller einer Wohnung unweit des Tatorts gehabt habe.
       
       Ein grotesker Nebenaspekt in Bezug auf die mögliche Fährte „Rolf Z.“: Laut
       Canan Bayram verweigerte die Polizei einem der Begleiter von Bektaş am
       Tatabend eine Gegenüberstellung mit Rolf Z., nachdem dieser als
       Tatverdächtiger im Fall Holland festgenommen worden war. Begründung: Z.
       trage einen Bart, davon sei aber in den Zeugenbeschreibungen von Burak
       Bektaş’ Freunden keine Rede gewesen. „Ist dem Senat bekannt, dass Bärte
       kein unveränderbares Merkmal einer Person darstellen?“, fragt Canan Bayram
       nun.
       
       Bayram dokumentiert mit den Anfragen weitere mögliche Spuren in dem
       Mordfall, denen nicht oder nicht ausreichend nachgegangen wurde, unter
       anderem Bezüge zur Neonazigruppe „Neue Ordnung“. Auch habe die
       Neonazi-Aktivistin Mandy P., die in unmittelbarer Tatortnähe gewohnt habe,
       nach dem Mord auf Facebook vielsagend geäußert, sie hoffe, den Ermittlern
       würden keine Hinweise geliefert.
       
       Regelrecht skandalös sei, dass der zuständige Staatsanwalt Dieter Horstmann
       2014 offiziell mitgeteilt hatte, es gebe keine „Operative Fallanalyse“
       (OFA). Inzwischen stellte sich heraus: Es gibt diese OFA. Darin steht, es
       handele sich um eine politische relevante Tat, bei der ein rechtsextremes
       Motiv möglich sei. Bayram: „Der Staatsanwalt hat uns angelogen.“
       
       5 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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