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       # taz.de -- Syrien-Verhandlungen in Genf: Noch geht da nichts
       
       > Die Syrien-Verhandlungen in Genf kommen nicht in Gang: Zu groß sind die
       > Differenzen der in Syrien agierenden Akteure und Regionalmächte.
       
   IMG Bild: Hat gute Gründe, skeptisch zu schauen: Uno-Chef-Unterhändler de Mistura.
       
       Genf taz | Die Genfer Syrienverhandlungen sind wegen des Boykotts der
       größten, von Saudi-Arabien und der Türkei unterstützten Oppostionsgruppe
       auch nach einer fünftägigen Verschiebung nicht in Gang gekommen.
       
       Bis zum frühen Freitagabend erschien von denjenigen, die UNO-Vermittler
       Staffan de Mistura am Dienstag schriftlich eingeladen hatte, lediglich die
       Delegation der syrischen Regierung. Mit Delegationsleiter Bashar Jaafari,
       Syriens UNO-Botschafter in New York, traf de Mistura am späten Nachmittag
       zu einem ersten Gespräch zusammen.
       
       Zudem seien Gespräche mit nach Genf angereisten Vertretern verschiedener
       Gruppen der syrischen Zivilgesellschaft geplant. In einem Genfer Hotel
       halten sich zudem der Ko-Vorsitzende der kurdischen Partei der
       Demokratischen Union (PYD), Salih Muslim, und weitere Vertreter der
       syrischen Kurden bereit. Ihre Teilnahme an den Verhandlungen wird von
       Russland entschieden gefordert und auch von den USA und der EU befürwortet.
       
       Denn die Milizen der Union zur Verteidigung des kurdischen Volkes (YPG),
       dem militärischen Arm der PYD, kontrollieren die syrischen Grenzregionen
       zur Türkei und haben sich als militärisch schlägkräftigster Bündespartner
       im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ erwiesen. Da die Türkei, unterstützt
       von Saudi-Arabien jedoch jegliche Verhandlungsteilnahme kurdischer
       Vertreter strikt ablehnt, hatte UNO-Vermittler de Mistura den
       Ko-Vorsitzenden der PYD zunächst telefonisch geraten, nach Genf zu kommen
       und ihm eine formelle schriftliche Einladung zu einem späteren Zeitpunkt in
       Aussicht gestellt.
       
       ## Antwortschreiben „nicht zufriedenstellend“
       
       Das Hohe Verhandlungskommitee (HNC) der von Saudi-Arabien und der Türkei
       unterstüzten Oppositionsgruppen hatte in der Nacht zum Freitag nach
       mehrtägigen Beratungen in der saudischen Hauptstadt Riad entschieden,
       vorerst keine Vertreter nach Genf zu entsenden. Zunächst müssten drei
       „Vorbedingungen erfüllt werden“, erklärte HNC-Sprecher Basma Kodmani: ein
       Ende der Bombardements der syrischen und der russischen Luftstreitkräfte,
       die Aufhebung der Belagerung syrischer Städte sowie die ungehinderte
       humanitäre Versorgung der notleidenden Bevölkerung.
       
       Allerdings belagern in Syrien nicht nur die Regierungsstreitkräfte, sondern
       auch zum HNC gehörende Rebellenverbände sowie die Milizen des „Islamischen
       Staats“ Städte und Dörfer und verhindern die humanitäre Versorgung der
       notleidenden Bevölkerung. Schließlich besteht der HNC weiterhin darauf,
       dass neben ihm keine anderen Oppositionsvertreter am Genfer
       Verhandlungstisch zugelassen werden.
       
       In einem Schreiben an UNO-Vermittler de Mistura hatte der HNC seine vier
       Vorbedingungen für eine Verhandlungsteilnahme bekräftigt. Das
       Antwortschreiben de Misturas vom Donnerstagabend sei „nicht
       zufriedenstellend“, erklärte ein Sprecher des HNC. Der designierte
       Verhandlungsleiter des HNC, Riad Hijab, schloss allerdings nicht aus, dass
       das Oppositionsbündnis in den nächsten Tagen doch Vertreter von Riad nach
       Genf schickt, um seine Forderungen und Vorbedingungen dort vorzutragen.
       „Solange diese Forderungen aber nicht erfüllt sind, werden wir den
       Verhandlungsraum nicht betreten“ unterstrich Hijab.
       
       ## Jeder gegen jeden
       
       Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstützte die Forderungen
       des von ihm als „moderat“ bezeichneten HNC. Es sei „ein Betrug“, von diesem
       Oppositionsbündnis die Teilnahme an den Genfer Verhandlungen zu verlangen,
       „ohne einen vorherigen Waffenstillstand in Syrien“.
       
       Zu den im HNC zusammengeschlossenen Gruppen gehören neben dem im Exil
       residierenden politischen Oppositionsbündnis der Syrischen
       Nationalkoalition auch die beiden islamistisch-salafistischen
       Rebellenmilizen Jaysh al Islam (Armee des Islam) und Ahrar ash -Sham
       (Islamische Bewegung der freien Männer der Levante).
       
       Gegen eine Verhandlungsteilnahme dieser beiden Milizen wenden sich Russland
       und Iran, da sie enge ideologische und operative Verbindungen zur
       Al-Nusra-Front utnerhalten, dem syrischen Ableger des
       Al-Qaida-Terrornetzwerkes. Die USA und die EU halten die Beteiligung beider
       islamistischen Rebellenverbände, die zu den größten auf dem syrischen
       Schlachtfeld gehören, jedoch für erforderlich.
       
       29 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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