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       # taz.de -- US-Vorwahl in Iowa: Die erste Hürde
       
       > In Iowa beginnen die US-Vorwahlen. Clinton versucht, mit einem Programm
       > „Sanders light“ zu punkten. Trump inszeniert sich als Triumphator.
       
   IMG Bild: Hillary Clinton am Sonntag bei einem Wahlkampfauftritt in Sioux City im Bundesstaat Iowa.
       
       Cedar Rapids, Iowa taz | Ehe Hillary Clinton die Bühne betritt, haben
       Helfer das Rednerpult weggeräumt und nur einen Barhocker stehen lassen.
       Locker soll es zugehen, bloß nicht oberlehrerhaft, so locker, wie Bill
       Clinton wirkt, als er aufs Podium tänzelt, um das Publikum in der Turnhalle
       der Washington High School in Cedar Rapids auf den Auftritt seiner Gattin
       einzustimmen. Der Ex-Präsident trägt ein großkariertes Holzfällerhemd,
       darüber ein legeres Sakko und keine Krawatte.
       
       Gerade hat seine schwangere Tochter Chelsea ein paar nette Worte über die
       bodenständigen Bewohner Iowas gesagt, nun greift er selber zum Mikrofon.
       „Amerika ist das Land, das von allen mit den besten Voraussetzungen ins 21.
       Jahrhundert geht“, sagt er. „Nur spüren es zu viele unserer Leute im
       Augenblick nicht.“
       
       Damit ist der Kontrapunkt gesetzt: hier der aufgeklärte Optimismus der
       Clintons, dort die düstere Lagebeschreibung eines Donald Trump, dessen
       Standardzeile lautet, dass Amerika nichts mehr gewinne. Clinton gegen
       Trump, orakeln viele, darauf könnte es im herbstlichen Wahlfinale
       hinauslaufen.
       
       Doch zunächst einmal muss die Hürde Iowa genommen werden: Am Montag
       beginnen dort die Vorwahlen um die Präsidentschaftskandidatur – in einem
       Staat, der bestimmt kein Abbild der USA ist, sondern weißer, ländlicher,
       älter, religiöser als der Durchschnitt des Landes.
       
       ## Eigene Dynamik
       
       Auch wenn der Sieg in Iowa für sich genommen nicht viel bedeutet, so sind
       es doch die ersten Meter, die dem Rennen eine eigene Dynamik geben. Man
       müsse hier nicht unbedingt gewinnen, aber einen der drei vorderen Plätze
       belegen sollte man schon, sonst gehe der Schwung schnell verloren, meint
       David Yepsen, lange Zeit Politikchef beim Des Moines Register, der größten
       Zeitung Iowas.
       
       Umgekehrt gilt: Wer sowohl auf der ersten als auch der zweiten Etappe, der
       Primary in New Hampshire, die Nase vorn hat, hat seine parteiinternen
       Gegner schon so gut wie besiegt, wobei Ausnahmen die Regel bestätigen.
       
       Also hetzt Hillary Clinton am letzten Wochenende vor dem Votum von Schule
       zu Schule, vom Diner zur Dorfbibliothek, von der Kirmeswiese zur
       Kongresshalle. Sie muss alles mobilisieren, um Bernie Sanders, den linken
       Senator aus Vermont, in die Schranken zu weisen. Noch im vergangenen Sommer
       war Sanders ein belächelter Außenseiter, der sich in Iowa ein
       Kopf-an-Kopf-Rennen mit ihr liefern und sie in New Hampshire besiegen
       könnte.
       
       In Cedar Rapids versucht sie es, indem sie ein Programm skizziert, das man
       „Sanders light“ nennen könnte. Ein milliardenschweres Infrastrukturprogramm
       auflegen, Reiche höher besteuern, die Steuerflucht von Konzernen
       verhindern.
       
       Vieles von dem, was die frühere Außenministerin vorschlägt, hat ihr
       Konkurrent bereits lange vor ihr gefordert. Damit bestimmt er nun die
       Agenda, und Clinton rückt weiter nach links, eher getrieben als freiwillig.
       
       Nur in einem Punkt widerspricht sie Sanders. Wenn er die Studiengebühren
       abschaffen wolle, dann gehe das zu weit. Uni-Gebühren reduzieren,
       zinsgünstige Studentenkredite garantieren, das ja. Aber ganz darauf
       verzichten? „Das würde bedeuten, dass wir dem jüngsten Sohn Donald Trumps
       zu einem freien College verhelfen“, sagt sie. „Und das wäre bestimmt nicht
       fair.“
       
       ## Fans mit Trum-Bibeln
       
       Trump, immer wieder Trump. In Clinton, einer Kleinstadt am Mississippi,
       warten an die zweitausend Menschen in einer Basketballarena auf den
       Immobilienmogul – Neugierige, Schaulustige, Anhänger. Der Kandidat
       verspätet sich, was er damit begründet, dass seine Privatmaschine, eine
       unter anderem mit goldfarbenen Gurtschnallen ausgestattete Boeing 757, in
       Clinton, Iowa, nicht habe landen können und er, was ihm selten widerfahre,
       eine längere Strecke im Auto habe zurücklegen müssen.
       
       Da nicken die Fans mit den Trump-Fibeln „The Art of the Deal“ unterm Arm,
       Ratgebern zur Kunst des Handels, die ihr Idol später signiert, schon
       andächtig. Ein Mann, der sich ein großes Flugzeug für sich allein leisten
       kann! Kurz bevor Trump mit demonstrativ dynamischen Schritten in den Saal
       läuft, dröhnt eine Opernarie aus den Lautsprechern, „Nessun dorma“ – wie
       beim Einmarsch eines Triumphators.
       
       Der Klage über zu mickrige Provinzflugplätze folgen Sätze über die eigene
       Großartigkeit. „Ihr habt es ja sicher mitgekriegt, Russlands Präsident
       Wladimir Putin hat gesagt, Trump sei ein Genie, ein Führer. Manche Leute
       sagen mir, ich solle das Kompliment zurückweisen, weil es von Putin komme.
       Einen Teufel werde ich tun.“
       
       ## Auf ins Getümmel
       
       Aber nicht jeder in der Arena ist so beeindruckt wie die Frau im
       Trump-T-Shirt, die ihren Sitznachbarn lautstark auffordert, sich ins
       Getümmel zu stürzen, als marineblaue Trump-2016-Poster verteilt werden –
       „Go, Harvey, go!“
       
       Peggy McClure ist sogar völlig unbeeindruckt. Sie ist Rentnerin und will
       ihre staatsbürgerlichen Pflichten gewissenhaft erfüllen. Iowans nehmen für
       sich in Anspruch, die Kandidaten auf Herz und Nieren zu prüfen, ehe sie –
       gleichsam stellvertretend für die Nation – ihre Wahl treffen.
       
       Allein Ted Cruz, den Senator aus Texas, hat McClure binnen fünf Tagen
       zweimal aus nächster Nähe studiert, um sich ein Urteil zu bilden. Trump,
       weiß sie nun, komme für sie nicht infrage. „Wenn er mal erklären würde, wie
       er schaffen will, was er ständig verspricht, wäre ich schon ein bisschen
       schlauer“, sagt Peggy McClure.
       
       1 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Herrmann
       
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