URI: 
       # taz.de -- Geberkonferenz für Syrien: Finanzierung aus eigenem Interesse
       
       > Vertreter aus 70 Staaten beraten über Hilfen für die Menschen in Syrien
       > und die Flüchtlinge in den Nachbarstaaten.
       
   IMG Bild: Eine syrische Frau in einem Flüchtlingscamp im Libanon. Wer zahlt dafür, dass sie etwas zu essen bekommt?
       
       Genf taz | Vier Millionen syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern
       Libanon, Jordanien, Irak und Türkei und bis zu 13,5 Millionen notleidende
       Menschen innerhalb Syriens sind auf Hilfe angewiesen. Für die humanitäre
       Grundversorgung (Trinkwasser, Nahrungsmittel, Medikamente, Unterkunft)
       benötigen das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) und das
       Welternährungsprogramm (WFP) in diesem Jahr mindestens 8,4 Milliarden
       US-Dollar. NGOs und das UN-Kinderhilfswerk Unicef beziffern den
       Finanzbedarf sogar auf 9,3 Milliarden US-Dollar, weil sie auch die
       Ausbildung der Flüchtlinge mit in den Bedarf einkalkulieren.
       
       Von der „Geberkonferenz für die Syrien-Nothilfe“ an diesem Donnerstag in
       London erhofft sich das Genfer Koordinationsbüro für die humanitäre
       Maßnahmen der UNO (OCHA) „deutlich mehr Finanzzusagen“ als bislang. Bei den
       drei bisherigen Geberkonferenzen Anfang 2013, 2014 und 2015 in Kuwait
       sagten die Teilnehmerstaaten im Schnitt weit weniger als 50 Prozent der
       jeweils benötigten Mittel zu. Und von den versprochenen Geldern wurden
       schließlich auch nur 90 Prozent tatsächlich überwiesen.
       
       RegierungsvertreterInnen aus 70 Staaten haben ihre Teilnahme in London
       angekündigt, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese hofft, eine
       erfolgreiche Geberkonferenz werde die Zahl der nach Deutschland und Europa
       strebenden Flüchtlinge verringern und damit auch den auf ihr lastenden
       innen- wie außenpolitischen Druck. Über 80 Prozent der syrischen
       Flüchtlinge, die 2015 in der EU neu registriert wurden, kamen nicht
       unmittelbar aus ihrem Heimatland, sondern aus Flüchtlingsunterkünften in
       den Nachbarländern, weil dort die Versorgung immer schlechter wurde.
       
       „Es ist auch in unserem eigenen Interesse, wenn Menschen sich nicht auf den
       Weg nach Europa machen müssen“, erklärte Bundesaußenminister Frank-Walter
       Steinmeier am Dienstag und appellierte an die Zahlungsbereitschaft der
       Staatengemeinschaft: „Es darf nicht noch einmal passieren, dass, wie im
       letzten Jahr in den Flüchtlingslagern, die Lebensmittelrationen halbiert
       werden müssen und Menschen hungern und frieren, weil den Helfern das Geld
       ausgeht.“
       
       ## Seit Ende 2014 ist das Geld knapp
       
       Allerdings begann die dramatische Verschlechterung der Versorgungslage in
       den Flüchtlingslagern nicht erst im vergangenen Jahr, sondern bereits im
       Herbst 2014. Zum 1. November 2014 sahen sich das UNHCR und das WFP wegen
       fehlender Gelder gezwungen, die Nahrungsmittelhilfe für 1,7 Millionen
       syrische Flüchtlinge im Libanon und in Jordanien zunächst um ein Drittel zu
       kürzen und zum 1. Dezember sogar ganz einzustellen.
       
       In den Monaten vor diesen drastischen Maßnahmen hatte der UNO-Hochkommissar
       für Flüchtlinge mehrfach in Berlin und anderen Hauptstädten dringend um
       mehr Finanzmittel gebeten. Vergeblich. Das „eigene Interesse“ wurde in
       Berlin erst entdeckt, als die syrischen Flüchtlinge ab Frühsommer 2015 in
       großer Zahl nach Deutschland kamen. Hier kostet ihre Versorgung rund das
       Achtfache der Summe, die für eine gleichwertige Versorgung in Syriens
       Nachbarländern erforderlich ist.
       
       Bei der Geberkonferenz will die Bundeskanzlerin laut einem von der
       Regierung zunächst nicht bestätigten Zeitungsbericht 500 Millionen Euro
       zusätzliche Mittel für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge in den
       Nachbarländern zusagen.
       
       Ob diese Mittel zusätzlich zu den 2 Milliarden Euro fließen sollen, die die
       EU für London in Aussicht gestellt hat und an denen Deutschland nach dem
       EU-Haushaltsschlüssel mit rund 27 Prozent beteiligte wäre, blieb zunächst
       offen. Unklar war auch, ob die 2 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt mit
       den 3 Milliarden Euro verrechnet werden, die die EU im Januar bereits der
       Türkei für eine bessere Versorgung der syrischen Flüchtlinge zugesagt
       hatte. Ankara fordert inzwischen eine Aufstockung auf 5 Milliarden Euro.
       
       4 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Geberkonferenz
   DIR Flüchtlingshilfe
   DIR UNHCR
   DIR Spendengelder
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Grenzkontrollen
   DIR Oxfam
   DIR Schwerpunkt Syrien
   DIR Flüchtlinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Spenden der Deutschen: Fragile Hilfsbereitschaft
       
       Die großen Katastrophen blieben 2016 aus. Das macht sich bei der
       Spendenbereitschaft bemerkbar. Ein nüchterner Blick ist angebracht.
       
   DIR Kommentar Merkel in der Türkei: Fast alle Maßnahmen sind denkbar
       
       Das Sichern der EU-Außengrenze hat Priorität. Deshalb muss die Kanzlerin
       beim Besuch in Ankara unbedingt für gute Stimmung sorgen.
       
   DIR Kommentar Syrien-Geberkonferenz: Da geht noch mehr
       
       Die Geberkonferenz wird als Erfolg gefeiert. Das Geld muss rasch gezahlt
       werden, auch wenn es den Gesamtjahresbedarf nicht deckt.
       
   DIR Geberkonferenz in London: Milliarden für Syriens Flüchtlinge
       
       In London macht die Staatengemeinschaft Zusagen von 5,5 Milliarden Euro für
       2016. Merkel möchte mit der Hilfe Fluchtursachen bekämpfen.
       
   DIR Flüchtlingskosten und Staatsfinanzen: „Schwarze Null darf kein Dogma sein“
       
       Was kostet die Integration von Flüchtlingen und wer zahlt dafür? Die
       Berliner SPD-Finanzexpertin Cansel Kiziltepe will die Schuldenbremse
       aussetzen.
       
   DIR Syrische Friedensgespräche unterbrochen: Jetzt geht es erstmal ums Geld
       
       Die Friedensgespräche sind auf Ende Februar vertagt worden. Jetzt steht die
       internationale Geberkonferenz im Mittelpunkt und die Frage: Wer zahlt
       wieviel?
       
   DIR Visumspflicht für Syrer: Libanon destabilisiert sich weiter
       
       Damit weniger Syrer ins Land kommen, wurde im Libanon die Visumspflicht
       eingeführt. Eine absurde und auch gefährliche Aktion.
       
   DIR Humanitäre Krise in Syrien: Viel zu wenig Geld
       
       Die Zusagen auf der Geberkonferenz der UNO in Kuwait sind weit geringer als
       die für das Jahr 2015 benötigten 7,7 Milliarden Euro.
       
   DIR Geberkonferenz in Kuwait: Der größte Hilfsappell der UNO
       
       Fast neun Millionen Syrer sind auf der Flucht. Neben einer höheren Summe an
       Hilfsgeldern müsse auch der Druck auf Assad erhöht werden, fordern
       Menschenrechtler.
       
   DIR Zahlungsbereitschaft der UN: Kein Geld für Syrer
       
       1,5 Milliarden Dollar benötigen UN-Organisationen für Flüchtlings- und
       Nothilfe in Syrien. Doch niemand zahlt: Bislang sind erst 50 Millionen
       Dollar zugesagt.