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       # taz.de -- Neuer Protestclip von Pussy Riot: „Ich liebe Russland, ich bin Patriot“
       
       > Von der Frauenband ist nur noch eine Musikerin übrig geblieben. Sie rappt
       > jetzt gegen Vetternwirtschaft und Korruption eines russischen Clans.
       
   IMG Bild: Nadeschda Tolokonnikowa (Mitte hinten) im Video. Das Thema des Clips: Korruption in gigantischem Ausmaß.
       
       Moskau taz | „Sei demütig, mild und zahm/ ... / sei treu mein Sohn / der
       ewig gottgegebenen Macht / ich liebe Russland / ich bin Patriot /“ rappt
       Nadeschda Tolokonnikowa in einem neuen [1][Videoclip]. Diesmal geht es
       nicht um Zar und Kirche, sondern um Zar und Korruption. Und dies in
       gigantischem Ausmaß.
       
       Tolokonnikowa ist besser bekannt als die Frontfigur der Frauenpunkband
       Pussy Riot, die mit ihrem Auftritt in der Christus Erlöser Kirche in Moskau
       2012 für Furore sorgte. Damals protestierten die Frauen vor Altar und
       Ikonenwand gegen die Wiederwahl Wladimir Putins ins Präsidentenamt. Sie
       bezahlten dafür mit [2][Gefängnis und Lagerhaft].
       
       Nun kehrte Pussy Riot in anderer Zusammensetzung und Aufmachung wieder
       zurück. Das ursprüngliche Markenzeichen der Band, die Wollmasken mit
       Sehschlitz (Balaklawa) wurde gegen ein adrettes, durchgestyltes Äußeres
       eingetauscht. Tolokonnikowa schlüpft in die Uniform des russischen
       Generalstaatsanwalts Jurij Tschaika, trägt Netzstrumpf und rote Pumps.
       Verführerisch spielt sie mit Handschellen, peitscht Häftlinge, überwacht
       das Waterboarding und räkelt sich lasziv auf dem Schreibtisch vor einem
       Putin aus Öl. Der rote Mund verspricht noch viel. Er erzählt vor allem die
       selbst für Russland haarsträubende Erfolgsgeschichte einer Juristenfamilie,
       die es bis an die Staatsspitze schaffte – die Geschichte der Tschaikas aus
       Chabarowsk im Fernen Osten.
       
       Anfang Dezember machte der Antikorruptionskämpfer und Oppositionelle Alexej
       Nawalny den [3][Skandal] publik. Sein Fonds „Kampf gegen Korruption“
       stellte einen [4][Dokumentarfilm] ins Netz, der die Geschichte der
       kriminellen Bereicherung minutiös nachzeichnet. Von Erpressung bis Mord
       lauten die Anschuldigungen, von Russland über Griechenland bis in die
       Schweiz reicht das Tätigkeitsfeld. Vor allem Tschaikas Söhne, Artjom und
       Igor, sind die Begünstigten.
       
       ## Luxushotel in Griechenland
       
       Artjom riss sich eine Werft in Sibirien unter den Nagel. Der Vorbesitzer,
       der nicht verkaufen wollte, wurde später tot aufgefunden. Mord soll es
       gewesen sein. Artjom kaufte sich auch auf dem Berg Athos in Griechenland
       ein Luxushotel. Das sei jetzt ihr geistiges und geistliches Refugium,
       schwärmte die Familie im Film. Hier faste sie, lebe spartanisch und gebe
       sich der Kontemplation hin. Eine Mitbesitzerin ist die Ehefrau des
       ehemaligen stellvertretenden russischen Staatsanwalts. Sie hatte mit einer
       berüchtigten Mafiabande im Süden Russlands Geschäfte gemacht. Deren
       brutalen Morde wurden erst vor kurzem aufgeklärt.
       
       Dass der jüngste Tschaika mit 27 Jahren schon Multimillionär ist, wirft
       auch Fragen auf. Vor allem danach, wer ihm die Staatsaufträge zuschanzt?
       „Mein seelischer Führer (Putin, d. Red.) hat mir gesagt/ Familienwerte
       gelten als heilig“/ rappt Tolokonnikowa. In Russland sei es /“schon besser
       als in der Schweiz/ ich bin es hier, der die Korruptionsbekämpfung
       verwaltet/ Ich liebe Russland/ Ich bin Patriot/ doch leben würd’ ich schon
       gern in der Schweiz“/.
       
       Auch die Idee zum Video stammt von Alexei Nawalny. Den Text schrieb
       Tolokonnikowa an einem Tag. An frühes Aufstehen hätte sie sich im
       Straflager gewöhnt, sagt sie im Interview. Mit Erotik und gefälligerer
       Machart soll ein breiteres Publikum erreicht werden, das mit den schrillen
       Songs der Punkband nur wenig anfangen konnte. Von der alten Bandbesetzung
       ist nur noch Tolokonnikowa übrig. Es sei auch nicht einfach gewesen,
       Schauspieler für den Clip zu finden. Russland habe Angst.
       
       Der Clip erschien einen Tag nach dem abschlägigen Bescheid des russischen
       Ermittlungskomitees auf die Anfrage des letzten oppositionellen
       Duma-Abgeordneten Dmitrij Gudkow. Der hatte die Ermittlungsbehörde
       aufgefordert, den Anschuldigungen nachzugehen. Das Komitee verwies
       unterdessen auf die Zuständigkeit der Generalstaatsanwaltschaft – an Jurij
       Tschaika.
       
       4 Feb 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=VakUHHUSdf8
   DIR [2] /Urteil-gegen-Pussy-Riot/!5086211/
   DIR [3] /Jaehrliche-Putin-Rede/!5257892/
   DIR [4] https://www.youtube.com/watch?v=eXYQbgvzxdM&feature=youtu.be
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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