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       # taz.de -- Walforscher zu verendeten Pottwalen: „Fehlgeleitet durch den Lärm“
       
       > Ölförderung, Militärübungen, Bauarbeiten für Windanlagen: Der Mensch
       > macht im Meer zu viel Krach und stört die Tiere.
       
   IMG Bild: Gestrandete Wale im Kaiser Wilhelm Koog.
       
       taz: Herr Benke, an der Nordseeküste wurden in dieser Woche wieder Pottwale
       tot geborgen. Hat der Mensch damit etwas zu tun?
       
       Harald Benke: Schon aus dem 16. Jahrhundert und später immer wieder sind
       Pottwalstrandungen in der Nordsee dokumentiert. Damals war das aber ein
       seltenes und sehr besonderes Ereignis. Dabei gab es zu der Zeit viel mehr
       Pottwale als heute. 1,1 Millionen Pottwale schwammen durch die Weltmeere,
       bevor man im 19. Jahrhundert mit der großen Jagd auf sie begann. Heute ist
       die Jagd verboten. Der Bestand hat sich aber nie wieder ganz erholt. Rund
       360.000 Pottwale leben derzeit. Heißt: Im Vergleich zu früher gibt es viel
       weniger Tiere, aber mehr Strandungen. Die Pottwale, die sich per Utraschall
       orientieren, werden fehlgeleitet zum Beispiel durch menschengemachten Lärm
       in den Meeren.
       
       Was für ein Lärm? 
       
       Durch das Wasser dröhnen Explosionen von Schallkanonen, sogenannten
       Airguns, wenn Ölkonzerne Lagerstätten erkunden. Es lärmt, wenn das Militär
       Schallortungsysteme für U-Boote testet oder Energiefirmen Windkraftanlagen
       in den Meeresboden rammen. Der Krach hat zugenommen, auch weil
       Schnellfähren lauter sind als herkömmliche Schiffe und der Schiffsverkehr
       insgesamt mehr geworden ist. Das stört die Orientierung und die
       Kommunikation der Wale, die über hunderte Kilometer noch die Rufe und
       Gesänge ihresgleichen hören. Der Lärm in den Meeren muss unbedingt
       gemindert werden.
       
       Sind Pottwale insgesamt bedroht? 
       
       Nicht durch die jetzigen Strandungen. Schwer hat die Art es aber trotzdem,
       denn weitere Gefahren kommen hinzu. Wale verheddern sich in Fischernetzen
       und verenden dann. Sie verhungern, weil der Magen mit Plastikmüll gefüllt
       ist, der die Meere mehr und mehr verschmutzt. Da Wale am Ende der
       Nahrungskette stehen, reichern sich im Gewebe der Tiere Schadstoffe an, die
       das Immunsystem stören.
       
       Warum lassen sie die gestrandeten Wale nicht retten? 
       
       Die meisten leben nicht mehr, wenn sie gefunden werden. Zudem lassen sich
       die 10 bis 15 Meter langen und gut 20 Tonnen schwere Tiere nicht einfach
       ins tiefere Wasser schleppen, indem man ein Seil an die Schwanzflosse
       bindet. Dabei würde es zu schweren Verletzungen der Wirbelsäule kommen. Man
       müsste ihnen ein richtiges Geschirr anlegen. So etwas existiert aber nur
       für Delphine, nicht für so große Pottwale.
       
       Wohin kommen die toten Wale? 
       
       Das Walfleisch kommt zu einer Abdeckerstation. Es darf in Europa nicht
       verwendet werden. Die Skelette sollen aber wenn möglich für die
       Wissenschaft und die Öffentlichkeit erhalten bleiben. Einige Exemplare
       werden an tierärztliche Hochschulen und Universitäten gehen, eines auch an
       das Deutsche Meeresmuseum in Stralsund.
       
       5 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanna Gersmann
       
       ## TAGS
       
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