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       # taz.de -- Zum ersten Mal seit 20 Jahren: Venezuela erhöht Benzinpreis
       
       > Das lateinamerikanische Land ist nahezu komplett von seinen Ölexporten
       > abhängig – und leidet unter dem Verfall des Ölpreises.
       
   IMG Bild: Trotz Preiserhöhung immer noch unschlagbar günstig: Benzin in Venezuela.
       
       Buenos Aires taz | Mit einer Reihe von Maßnahmen hat Venezuelas Präsident
       Nicolás Maduro auf die seit Monaten anhaltende Wirtschafts- und
       Versorgungskrise in dem Ölstaat reagiert. Im Vordergrund stehen die erste
       Benzinpreisanhebung seit 20 Jahren sowie die Abwertung der Landeswährung.
       Das Land mit den größten Ölreserven der Welt leidet unter dem
       Ölpreisverfall.
       
       Ab Freitag kostet der Liter Normalbenzin 1 Bolívar und der Liter Super 6
       Bolívares an allen Zapfsäulen. „Venezuela hat das billigste Benzin der
       Welt. In den USA kostet ein Liter mindestens 0,78 Dollar und in Venezuela
       bisher nur 0,01 Dollar“, rechtfertigte Maduro die Verteuerung. Was in
       Prozentzahlen nach einem gewaltigen Preissprung klingt – Normalbenzin
       verteuert sich um 1.326 Prozent, Super um 6.085 Prozent –, ist in absoluten
       Zahlen jedoch nahezu harmlos. Legt man den Schwarzmarktkurs von gegenwärtig
       rund 800 Bolívares für einen Dollar zugrunde, dann kostet der Liter Super
       zukünftig 0,0075 Dollar – nach wie vor nicht einmal einen Cent.
       
       Der Wechselkurs für den Import von Nahrungsmitteln und Medikamenten steigt
       von 6,30 auf 10 Bolívares pro Dollar. Ob sich dadurch die staatlich
       festgelegten Preise für die wichtigsten Grundnahrungsmittel und
       Verbrauchswaren erhöhen, ließ Maduro offen, kündigte aber deren Überprüfung
       an sowie eine Neuordnung der staatlichen Supermarkt- und Verkaufsketten.
       
       Zugleich verkündete Maduro eine 52-prozentige Anhebung des
       Mindesteinkommens ab März. Mit allen Zulagen steigt das Mindesteinkommen
       von 16.400 Bolívares auf 24.900 Bolívares. Bei einer jährlichen
       Inflationsrate von rund 150 Prozent ist dies jedoch kein Ausgleich für den
       stetigen Kaufkraftverlust.
       
       ## Abhängig vom Öl
       
       Venezuela ist nahezu komplett von seinen Ölexporten abhängig. Mitte 2014
       lag der Preis für das Fass Öl noch knapp über 90 Dollar. Inzwischen ist er
       auf unter 25 Dollar pro Fass gefallen und liegt damit nur noch wenig über
       den auf 20 Dollar geschätzten Produktionskosten pro Fass des in der Regel
       schweren und mittelschweren venezolanischen Rohöls.
       
       Entsprechend schrumpften die Exporterlöse im vergangenen Jahr um knapp 70
       Prozent. Und weil Venezuela außer Erdöl so gut wie nichts exportiert, kann
       es entsprechend weniger importieren. Wie dramatisch die Lage ist, ließ
       Maduro jetzt erkennen. Überwies der staatliche Ölkonzern Pdvsa im Januar
       2015 noch rund 3 Milliarden Dollar an die Zentralbank, so waren es in
       diesem Januar nur 77 Millionen Dollar.
       
       Auch die politische Krise hat sich verschärft, seit die Opposition in der
       Nationalversammlung die Mehrheit stellt. Der Auslöser für die jüngste
       Eskalation im Machtkampf zwischen Präsident und Parlament war das Dekret
       über den wirtschaftlichen Notstand, das Maduro am 14. Januar verkündete.
       Während der regierungsfreundliche Oberste Gerichtshof dessen
       Verfassungsmäßigkeit bestätigte, lehnte es die Nationalversammlung ab.
       Einem unfähigen Präsidenten noch mehr Machtbefugnisse zu geben sei der
       falsche Weg, so der Tenor der Parlamentsmehrheit. Damit bestand zunächst
       ein Patt im Machtpoker zwischen Regierung und Parlament.
       
       Der Oberste Gerichtshof erklärte die Parlamentsentscheidung für ungültig.
       Die Begründung: Die Nationalversammlung habe nicht innerhalb von 48 Stunden
       über das Dekret befunden, wie es im Gesetz über einen Ausnahmezustand
       vorgesehen ist.
       
       18 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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