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       # taz.de -- Frauenzeitschriften und Feminismus: „Männer lieben enge Vaginas“
       
       > Zeitschriften wie „Cosmopolitan“ wollen gerne Lifestyle-Guides für
       > emanizipierte Frauen sein. Dabei fördern sie ein sexistisches Frauenbild.
       
   IMG Bild: Will man nicht im Mund haben? Egal, schreibt Cosmo, Augen zu und durch. Summen hilft auch.
       
       „Fun, fearless, feminist“, heißt ein Artikel in der Februar-Ausgabe der
       Cosmopolitan. Das Wort Feminismus sei wieder in aller Munde – ohne
       „männerhassendes Emanzengeschrei“, dafür aber mit „Sex-Appeal“. Sex-Appeal
       scheint für Cosmo-Feminist_innen Priorität zu haben. Die Cosmopolitan will
       Entertainment für eine selbstbestimmte Frau sein – ist sie aber nicht.
       
       Frauen müsse man erklären, dass man auch mit rasierten Beinen und
       Lippenstift für Frauenrechte einstehen könne, schreibt die Zeitschrift.
       Frauen sollten aufhören, sich gegenseitig in den Rücken zu fallen. Genau
       das tut sie jedoch, wenn sie den Kampf von Feminst_innen als
       „männerhassendes Emanzengeschrei“ abtut. Eigentlich müsste man sich freuen,
       dass die Cosmopolitan sich feministischen Themen widmet. Sie könnte damit
       auch Frauen erreichen, die sich bislang kaum damit beschäftigten.
       
       Aber für die Magazine bleibt das Ideal einer Frau hübsch, wollüstig und
       hetero. Auch im Feminismus. Sexiness sei keine Bremse, sondern der Motor
       der feministischen Einstellung. In schönheitsfixierten Lifestyle-Guides
       lässt sich Feminismus wohl nur in Einklang mit einem knackigen Po
       befürworten. Warum? Niemand von der Cosmopolitan äußerte sich auf eine
       Anfrage.
       
       „Frauenzeitschriften bedienen die Unterstellung, dass Frauen vor allem auf
       das Ästhetische geeicht sind“, sagt Paula-Irene Villa, Professorin für
       Soziologie und Gender-Studies an der Uni München. Die Cosmopolitan und
       andere Magazine zeigten Frauen als selbstermächtigt in ihrer Sexualität und
       bei ihrer Karriere. Aber „das Ziel ist eine heterosexuelle, sehr
       traditionelle Form von Beziehung“, sagt Villa. Eine Beziehung also, in der
       klassische Rollenbilder vorherrschen. Mit Selbstbestimmung hat das wenig zu
       tun.
       
       ## Kaum Lesbische und transsexuelle Frauen
       
       Heike Steiner ist Ressortleiterin bei Jolie. Sie sagt, die meisten ihrer
       Leser_innen seien „etwas konservativ“. Die Redaktion geht davon aus, dass
       die Mehrheit ihrer Leser_innen heterosexuell ist. Ihre Geschichten sind
       entsprechend aufgebaut. Sie werben mit Sex-Strategien und damit, dass sie
       wissen, was Männer wirklich wollen. Lesbische und transsexuelle Frauen
       kommen in Zeitschriften wie Jolie (verkaufte Auflage 215.000) und
       Cosmopolitan (verkaufte Auflage 243.000) kaum vor. „Wir sind im Rahmen
       unserer Möglichkeiten schon auch gesellschaftskritisch“, sagt Steiner,
       „aber natürlich sind wir nicht die gleiche Plattform wie zum Beispiel die
       Emma.“ Sex solle Spaß machen und nicht so eine „ernste Sache“ sein.
       
       Die Geschichten können durchaus mit einem „Augenzwinkern“ gelesen werden,
       sagt auch die Genderforscherin Villa. Unterschätzen dürfe man den Einfluss
       dieser Lifestyle-Magazine aber nicht.
       
       In einem Artikel der Onlineausgabe der Cosmopolitan zum angeblich „besten
       Sex deines Lebens“ empfehlen die Redakteur_innen, beim Blow-Job zu
       schlucken. Für Männer sei die orale Aufnahme ihres Spermas nämlich der
       Beweis absoluter Hingabe. Die Autor_innen erklären: „Männer lieben enge
       Vaginas.“ Deswegen solle man beim Sex die Beckenbodenmuskulatur
       zusammenziehen. Frau soll machen, damit Mann Spaß hat. Das ist weder witzig
       noch fortschrittlich.
       
       ## Konventionsbrüche sind Vergangenheit
       
       Man solle summen, wenn man sich den Würgereiz beim Blasen abgewöhnen wolle,
       sagt eine Jolie-Expertin in einem „Sex-Booklet“ im April 2015. Das habe den
       schönen Nebeneffekt, dass die Frau den Mann mit zusätzlichen Vibrationen
       verwöhne. „Wir machen Geschichten aber nie so, dass es nur darauf
       hinausläuft, dem Mann gefallen zu wollen. Wir sagen den Frauen: Nehmt euch,
       was ihr braucht“, sagt Heike Steiner. Davon ist leider viel zu wenig zu
       spüren.
       
       In den 1960er und 70er Jahren war das Selbstverständnis der Kategorien
       „männlich“ und „weiblich“ noch unangefochten. In dieser Zeit wandelte sich
       die schon im 19. Jahrhundert gegründete Cosmopolitan zu einer
       Frauenzeitschrift. Sie brach regelmäßig mit Konventionen, sprach offen über
       Themen wie Sex und Karriere aus Sicht einer Frau in einer patriarchalischen
       Gesellschaft. Weiterentwickelt hat sich die Zeitschrift seither allerdings
       nicht.
       
       21 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Valerie Höhne
       
       ## TAGS
       
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