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       # taz.de -- Kommentar Anschläge in der Türkei: Die perfekten Schuldigen
       
       > Erdoğan braucht kaum zwölf Stunden, um maximales politisches Kapital aus
       > dem Attentat in Ankara zu schlagen. Die Zeichen stehen auf Krieg.
       
   IMG Bild: Für Erdoğan soll das Attentat die Legitimation für verstärkte türkische Angriffe auf die Kurden in Syrien liefern.
       
       Für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan sind am Tag nach dem
       Anschlag von Ankara bereits Schuld und Schuldige klar. Schuldig sei Syriens
       Regime, das bei seinen Handlangern von der syrisch-kurdischen Miliz YPG den
       Anschlag in Auftrag gegeben habe. Und schuld seien die Staaten, die sich
       weigern, die syrische Kurdenpartei DYP mit ihrem bewaffneten Arm YPG als
       terroristische Organisation einzustufen. Man werde der UNO Dokumente
       zukommen lassen, die die Verantwortung der YPG sowie der
       türkisch-kurdischen PKK belegen.
       
       Erdoğan braucht kaum zwölf Stunden, um die Schuldfrage zu klären und
       entsprechende Dokumente erstellen zu lassen, um sogleich maximales
       politisches Kapital aus dem Attentat zu schlagen. Es soll die Legitimation
       für verstärkte türkische Angriffe auf die Kurden in Syrien liefern – und
       die USA dazu bringen, ihre Zusammenarbeit mit der YPG einzustellen.
       
       Seit Wochen wütet Erdoğan gegen die US-Strategie, den IS mithilfe
       kurdischer Bodentruppen der YPG zu bekämpfen. Das sei Verrat an einem
       Nato-Verbündeten, die YPG sei ein Ableger der PKK, die gegen den türkischen
       Staat Krieg im Südosten des Landes führt. Wütend rief Erdoğan Barack Obama
       öffentlich dazu auf, sich entweder für seinen Alliierten Türkei oder für
       die „Terroristen“ von der YPG zu entscheiden. Die USA lehnen dies ab. Nach
       dem Anschlag von Ankara hofft Erdoğan, mehr Druck auf Obama ausüben zu
       können.
       
       Der zweite Adressat des türkischen Präsidenten ist seine eigene Armee. Die
       lehnt es nach Informationen türkischer Medien ab, ohne Beschluss des
       Sicherheitsrats, der aber gegen Russland nicht kommen wird, in Syrien
       einzumarschieren. Nach dem Anschlag im Herzen der Militärbürokratie, nur
       wenige 100 Meter vom Gebäude des Generalstabs entfernt, denken die
       Offiziere nun vielleicht um.
       
       Die syrisch-kurdische DYP-YPG und die PKK können noch so oft beschwören,
       sie hätten mit dem Attentat nichts zu tun. Für Erdoğan ist der politische
       Gewinn einer Täterschaft der syrischen Kurden viel zu groß, als dass er
       sich davon beirren ließe. Die Zeichen stehen auf Krieg.
       
       Dass die Türkei in diesem Zustand ein brauchbarer Partner für Merkels
       Flüchtlingspolitik ist, ist stark zu bezweifeln.
       
       18 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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