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       # taz.de -- Premier Valls zu Kontingenten in der EU: Frankreich will keine Flüchtlinge mehr
       
       > Weitere Migranten? Nein danke. Das Nachbarland möchte sich nicht über das
       > bereits zugesagte Maß hinaus engagieren. Das birgt Konfliktstoff.
       
   IMG Bild: „Frankreich hat sich engagiert, 30.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Dazu sind wir bereit, aber nicht zu mehr“, sagte Premierminister Manuel Valls.
       
       München/Skopje dpa | Frankreich hat kurz vor einem richtungsweisenden
       EU-Gipfel die Aufnahme weiterer Flüchtlinge ausgeschlossen und damit einer
       Forderung von Kanzlerin Angela Merkel offen eine Absage erteilt.
       „Frankreich hat sich engagiert, 30.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Dazu sind
       wir bereit, aber nicht zu mehr“, sagte Premierminister Manuel Valls am
       Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.
       
       Für den EU-Gipfel am kommenden Donnerstag und Freitag in Brüssel bergen die
       klaren Äußerungen von Valls politischen Sprengstoff. Denn Merkel will
       erreichen, dass zumindest mittelfristig ein Teil der in der Türkei
       ankommenden Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien auf EU-Staaten verteilt
       wird. Dafür soll die Türkei, die derzeit die meisten Flüchtlinge
       beherbergt, die unkontrollierte Weiterreise von Migranten in Richtung EU
       durch bessere Grenzkontrollen unterbinden.
       
       Valls stellte zudem noch einmal klar, dass seine Regierung auch ein
       dauerhaftes System zur Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas
       ablehnt. „Jetzt ist es an der Zeit, das umzusetzen, was wir ausgehandelt
       haben“, sagte der Premierminister. Dies seien unter anderem die Kontrolle
       der Außengrenzen der EU und der Aufbau von Registrierungszentren für
       Flüchtlinge in Griechenland und Italien.
       
       Als Grund für den harten Kurs der sozialistischen Regierung in Paris gelten
       vor allem die guten Umfrageergebnisse der rechtspopulistischen Front
       National. 2017 stehen in Frankreich Präsidentschaftswahlen an. Auch Polen
       und Ungarn wehren sich allerdings gegen Umverteilungspläne und lehnen es
       wie mehrere weitere EU-Staaten ab, nennenswert Flüchtlinge aufzunehmen.
       
       ## Kritik vom EU-Parlamentspräsidenten
       
       Ohne Frankreich oder andere Länder konkret zu nennen, übte
       EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in München scharfe Kritik an
       mangelnder Solidarität in der EU. „Da sitzen viele Leute am Tisch, die eine
       ganz klare Strategie haben. Die lautet: Die Interessen meines Landes kommen
       zuerst und dann schauen wir mal, was passiert“, sagte er mit Blick auf das
       bevorstehende Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel. „Der
       Geist der Gründer der EU, der sagt, dass wir stärker sind, wenn wir
       gemeinsam handeln, geht mit jedem Gipfel ein Stück weit mehr verloren.“
       
       Beispiel für das Auseinanderdriften der EU in der Flüchtlingskrise sind
       auch Pläne einiger EU-Staaten, dem Nicht-Mitglied Mazedonien dabei zu
       helfen, schon bald seine Grenze zu Griechenland für Flüchtlinge
       abzuriegeln. Außer Österreich, Kroatien und Slowenien bieten auch Ungarn,
       Polen, Tschechien und die Slowakei Unterstützung an. „Solange eine
       gemeinsame europäische Strategie fehlt, ist es legitim, dass die Staaten
       auf der Balkanroute ihre Grenzen schützen“, sagte der slowakische
       Außenminister Miroslav Lajcák dem Spiegel. „Dabei helfen wir ihnen.“
       
       Österreichs Außenminister Sebastian Kurz bot Mazedonien an, bei der
       Grenzsicherung mit Polizisten und Technik zur Seite zu stehen, „eventuell
       sogar mit Soldaten, wenn diese gebraucht werden sollten“, wie er der Welt
       sagte.
       
       Hintergrund dieser Entwicklungen ist der anhaltende Andrang von
       Flüchtlingen und Migranten. Weiter setzen täglich etwa 2000 Flüchtlinge mit
       Booten aus der Türkei nach Griechenland über und schlagen sich auf der
       Balkanroute nach Norden durch, vor allem nach Deutschland.
       
       Angesichts drohender nationaler Alleingänge warnen SPD-Chef Sigmar Gabriel
       und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor einem
       Auseinanderbrechen der EU. In einem Brief an sozialdemokratische Staats-
       und Regierungschefs mahnen sie mit Blick auf Griechenland: „Ein formeller
       Ausschluss eines Mitgliedstaates aus dem Schengenraum oder seine de
       facto-Ausgrenzung sind Scheinlösungen, die die europäische Debatte
       vergiften.“
       
       14 Feb 2016
       
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