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       # taz.de -- Nachhaltiger Konsum: Bitte kaufen Sie nett ein
       
       > Die Deutschen konsumieren selten öko und fair. Das will die
       > Umweltministerin ändern. Ihr Programm verspricht viel, nur nichts Neues,
       > sagen Kritiker.
       
   IMG Bild: Nachhaltiger Konsum scheitert oft am Geldbeutel – aber nicht nur.
       
       Berlin taz | In die Einkaufstasche packen Verbraucher – ja was eigentlich?
       Wie das Produkt entstanden ist, ob das Klima geschont wurde, ob es
       repariert werden kann, darüber wissen Kunden wenig. Das will die
       Bundesregierung ändern.
       
       Am Mittwoch hat sie ein „Nationales Programm für nachhaltigen Konsum“
       verabschiedet, 50 Seiten lang. Darin heißt es, „nachhaltiger Konsum ist
       möglich“, also der Einkauf nach öko-sozialen Kriterien: Der Mixer, der
       nicht nach kurzem Gebrauch kaputtgeht, die Jeans, für die keine Kinder
       arbeiten mussten, die eigentlich zur Schule gehen sollten. Dem Verbraucher
       fehlten dafür aber oft Informationen, auch die Lust, sich zu kümmern, oder
       das Geld. Zudem sprächen Alltagsroutinen dagegen.
       
       Bisher tut sich was in Nischen. In Städten machen immer neue Biosupermärkte
       auf. Die Hersteller des Fairphones versuchen, so gut es geht, miese
       Arbeitsbedingungen zu meiden. Allgemeingültig ist eine öko-soziale
       Wirtschafsweise aber nicht. Schwarz-Rot hat bereits im Koalitionsvertrag
       versprochen, einen Markt zu schaffen, „auf dem sichere und gute Produkte
       unter fairen und nachhaltigen Bedingungen hergestellt und angeboten
       werden“.
       
       Nun macht die Regierung sechs Themen aus. Das fängt an mit dem Verkehr;
       Busse und Bahnen sollen attraktiver, Autokäufer durch bessere Informationen
       zu Kraftstoffverbrauch und Schadstoffen unterstützt werden, die Telearbeit
       gefördert werden.
       
       Es geht weiter mit „Ernährung“, mit mehr Materialien zur Ernährungsbildung
       in Kitas und Schulen etwa. Unter „Haushalt und Wohnen“ ist dann die
       Förderung von Baugruppen gelistet, aber auch: „Ausweitung der Wissensbasis
       zu Auswirkungen von Konsumentscheidungen im Bereich der Hygiene- und
       Kosmetikgüter“.
       
       Es sind Sätze wie dieser, die Ingmar Streese nicht von dem Programm
       überzeugen. Er leitet die Politikabteilung der Verbraucherzentrale
       Bundesverband, VZBV. Auch der Umweltverband Nabu erklärte, es sei eher
       „Wunschliste“ als ein „wirkmächtiger Plan“. Und die Grüne Renate Künast,
       Vorsitzende des Verbraucherausschusses im Bundestag, sprach von „netter
       Prosa“.
       
       Streese fehlt es aber vor allem an neuen Ideen. Ihm schwebt zum Beispiel
       ein einheitliches Siegel für Alltagsgegenstände vor, das ähnlich wie das
       Biosiegel für Lebensmittel Mindeststandards setzt. Vieles habe die
       Regierung ohnehin vorgehabt, ergänzt Streese, etwa dass Behörden nach
       öko-sozialen Kritierien einkaufen. „Die häufigsten Worte sind
       ‚Information‘, ‚Bildung‘, ‚Forschung‘, die Regierung will ‚unterstützen‘,
       ‚hinwirken‘, aber nie liest man, dass sie was durchsetzen will“, sagt der
       Verbraucherschützer.
       
       Die Finanzierung der gelisteten Maßnahmen wird obendrein ausgespart. Im
       Programm heißt es, es dürfe nicht darum gehen, Verbraucher zu bevormunden.
       
       24 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanna Gersmann
       
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