# taz.de -- Mitbestimmung bei Alnatura: Von wegen fair
> Nur eine der bundesweit 99 Alnatura-Filialen hat einen Betriebsrat. Das
> Arbeitsgericht Bremen hat jetzt dafür gesorgt, dass das nicht so bleibt.
IMG Bild: Alnatura: öko und fair, bloß nicht bei den Mitbestimmungsrechten.
BREMEN taz | Damit in einer Bremer Filiale der Biosupermarktkette Alnatura
ein Betriebsrat gewählt werden kann, hat das Arbeitsgericht Bremen am
gestrigen Mittwoch einen Wahlvorstand eingesetzt. Fünf
Alnatura-MitarbeiterInnen hatten das Beschlussverfahren eingeleitet,
nachdem, so ihr Vorwurf, die Filialleitung im vergangenen Oktober die
Betriebsratswahl verhindert habe.
Unmittelbar vor der Wahl des Wahlvorstandes soll sie drei zusätzliche
KandidatInnen aufgestellt haben. Anders als der Gebietsleiter, der als
leitender Angestellter von den Betriebsratswahlen ausgenommen ist, darf die
Filialleitung an den Wahlen teilnehmen - von denen sie allerdings wenig
gehalten hat: Sowohl das Filialleitungsteam als auch der Gebietsleiter
hätten MitarbeiterInnen zu Gesprächen geladen und ihren Unmut über die
geplante Betriebsratswahl geäußert, berichteten Angestellte der
Alnatura-Filiale.
Am Wahltag habe sich während einer Pause der Betriebsversammlung mindestens
ein Mitglied der Filialleitung mit der Gebietsleitung besprochen und
daraufhin kurzfristig drei weitere KandidatInnen aufgestellt. Ergebnis:
KeinEr der KandidatInnen erhielt bei der Wahl die erforderliche einfache
Mehrheit. „Die Wahl wurde durch taktische Spielchen verhindert“, sagt Kai
Wargalla, die bei Alnatura arbeitet und seit Mitte Januar neue Landeschefin
der Bremer Grünen ist.
## Ver.di spricht von „Umarmungstaktik“
Laut Alnatura-Sprecherin Stefanie Neumann hingegen hätten sich die
MitarbeiterInnen in Bremen „gegen die Wahl eines Betriebsrats
ausgesprochen“. Grundsätzlich stehe man dem Wunsch aber „natürlich nicht
entgegen“. In Firmen, in denen „die Mit-Gestaltung der Mitarbeiter ein
wesentlicher Bestandteil des Arbeitslebens“ sei, entstehe „eher selten das
Bedürfnis nach einem Betriebsrat.“
Interessenvertretungen bildeten sich dann, wenn das Gefühl überwiege, dass
die Interessen der MitarbeiterInnen nicht ausreichend berücksichtigt
würden. „Dass dies jetzt in Bremen nach Auffassung einiger Mitarbeiter der
Fall ist, bedauern wir sehr“, sagte Neumann nach der missglückten Wahl.
Als „Umarmungstaktik“ bezeichnet Sandra Schmidt, Gewerkschaftssekretärin
bei Ver.di in Bremen, das Vorgehen Alnaturas: „Vordergründig ist man
freundlich, aber hintenrum versucht man, einen Betriebsrat zu verhindern.“
Das bestätigt Kai Wargalla: „Nach außen tut Alnatura verständnisvoll, aber
die Filialführung äußert sich sowohl gegenüber Einzelnen als auch auf
Mitarbeiter-Versammlungen bis heute ganz klar und deutlich gegen einen
Betriebsrat.“ Einige KollegInnen ließen sich davon durchaus beeindrucken:
„Manche haben Angst um ihren Arbeitsplatz.“ Die Mehrheit aber wolle eine
MitarbeiterInnenvertretung.
## Noch gibt es Klärungsbedarf
Ver.di hat als Vertreterin von fünf Alnatura-MitarbeiterInnen beim
Arbeitsgericht Bremen den Einsatz eines Wahlvorstandes beantragt. „Der
Wahlvorstand kann jetzt seine Arbeit aufnehmen, sollte sich aber schulen
lassen, damit ihm mögliche Fehler im Vorfeld der Betriebsratswahl nicht um
die Ohren fliegen“, sagt Schmidt, die damit rechnet, dass Alnatura die Wahl
sehr genau beobachten wird: „Auch die Wahl sollte deshalb von uns oder
vielleicht auch von einem Anwalt begleitet werden.“
Noch gebe es auch Klärungsbedarf über die Betriebsstärke der Filiale:
„Seltsamerweise wechseln zwei Mitarbeiter jetzt nach Hamburg - und deren
Stellen werden nicht nachbesetzt“, sagt Schmidt. Dann hätte die Filiale
statt 21 nur noch 19 MitarbeiterInnen und damit keinen Anspruch mehr auf
einen dreiköpfigen Betriebsrat, „sondern nur noch auf einen einköpfigen mit
eingeschränkten Mitbestimmungsrechten.“
Laut Unternehmensangaben machte Alnatura im Geschäftsjahr 2014/2015 einen
Netto-Umsatz von 760 Millionen Euro - zehn Prozent mehr als im Vorjahr.
Bundesweit gibt es 99 Filialen – darunter nur eine mit einem Betriebsrat.
Einen Gesamtbetriebsrat gibt es nicht. Der wäre erst dann möglich, wenn in
einer weiteren Filiale ein Betriebsrat hinzukäme - zum Beispiel in Bremen.
17 Feb 2016
## AUTOREN
DIR Simone Schnase
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