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       # taz.de -- Wachschützer in Berlin: Sicherheitsrisiko Security
       
       > Gewalt in einem Berliner Heim ging nicht von Flüchtlingen aus, sondern
       > von den Securitys, sagt der Träger.
       
   IMG Bild: Sicherheitsleute sind für Sicherheit da. Manchmal verunsichern sie aber auch
       
       Berlin taz | Die Polizeimeldung vom Freitag las sich zunächst eindeutig:
       Kurz nach Mitternacht hätten Sicherheitsbedienstete einer
       Flüchtlingsunterkunft in der Treskowallee in Karlshorst die Polizei
       alarmiert, „nachdem rund 40 Heimbewohner unter anderem mit Holzlatten und
       Kanthölzern auf diese losgegangen sein sollen“. Bei der Auseinandersetzung
       wurde auch der Heimleiter im Gesicht verletzt, er musste ins Krankenhaus.
       
       Anfang der Woche meldete sich dann die SozDia-Stiftung zu Wort, die die
       Unterkunft betreibt: Die Gewalt sei nicht von den Bewohnern, sondern von
       den Mitarbeitern der Sicherheitsfirma ausgegangen. Ein Bewohner habe dem
       Einrichtungsleiter berichtet, er sei von einem der Wachmänner geschlagen
       worden. Diese haben dann laut SozDia „mit verbalen und körperlichen
       Angriffen“ und dem „Werfen von Holzlatten“ auf den Bericht des Bewohners
       reagiert. Die Stiftung stützt sich dabei auf Handyvideos und
       Zeugenaussagen.
       
       Jetzt ermittelt die Polizei. Es wäre nicht der erste Fall, in dem Wachleute
       auf Flüchtlinge losgingen: Im vergangenen Oktober waren Prügelattacken von
       Mitarbeitern der Securityfirma Spysec vor dem Landesamt für Gesundheit und
       Soziales (Lageso) auf wartende Flüchtlinge bekannt geworden. Im November
       tauchte dann ein Video auf, das zeigte, wie ein ebenfalls am Lageso
       eingesetzter Wachmann der Firma Gegenbauer mit rechten Parolen gegen
       Flüchtlinge hetzte. Am Heim in der Treskowallee sind die ASK
       Sicherheitsdienste tätig.
       
       Das Problem ist: Nahezu jeder kann in Deutschland ein Wachschutzunternehmen
       aufmachen oder Security werden. Wegen der vielen Flüchtlinge ist der Bedarf
       an Sicherheitsleuten besonders groß. „Die Branche boomt, aber der Markt ist
       wie leer gefegt“, sagt der Geschäftsführer des Bundesverband der
       Sicherungswirtschaft (BDSW), Harald Olschok, der taz. Es würden Leute in
       den Sicherheitsdienst einsteigen, die das aufgrund ihrer rechten Gesinnung
       oder ihres Vorlebens gar nicht dürften.
       
       ## Rund 570 Betriebe in der Wachschutzbranche
       
       Nach Angaben der Wirtschaftsverwaltung gibt es in Berlin 569 Betriebe, die
       Wachschutz anbieten. Olschok schätzt, dass hierzulande rund 17.000 Personen
       in der Security-Branche arbeiten, davon 1.500 bis 2.000 in
       Flüchtlingsunterkünften. Die Zahlen steigen: Laut der Industrie- und
       Handelskammer Berlin hat sich die Nachfrage nach Schulungen seit Herbst
       2014 vervielfacht. Eigentlich seien für das vergangene Jahr 22 Kurse für
       Wachschützer geplant gewesen, 70 wurden es dann tatsächlich.
       
       Die Anforderungen sind denkbar gering. Ein Unternehmer, der ein
       Sicherheitsgewerbe anmeldet, muss bei der Industrie- und Handelskammer
       (IHK) an einem 80-stündigen Kurs teilnehmen, der einfach Beschäftigte 40
       Stunden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien dort ebenso Thema wie der
       Umgang mit Menschen, sagte Leif Erichsen, Sprecher der IHK Berlin.
       Insbesondere das Verhalten in Gefahrensituationen und Techniken der
       Deeskalation würden besprochen. Eine offizielle Prüfung gibt es nicht. Die
       Teilnehmer erhalten am Ende des Kurses einen Schein, mit dem sie sich bei
       den Betrieben bewerben können.
       
       Einzige weitere Voraussetzung: Das Führungszeugnis muss sauber, also
       vorstrafenfrei sein. Doch das erweise sich manchmal als schwierig,
       berichtet Olschok. Die Zeugnisse seien teils lückenhaft und aktuelle
       Vorkommnisse noch gar nicht darin enthalten. Der Verband der
       Sicherungswirtschaft fordere deshalb seit Jahren nachprüfbare
       Qualitätskriterien und mehr Ausbildung.
       
       Aber auch den Senat und die Heimbetreiber sieht Olschok in der Pflicht. Der
       Auftraggeber müsse bei der Auswahl der Firmen feste Standards vorschreiben.
       Ginge es nach dem Verband, müssten Securitys wie Berliner Polizisten zudem
       eine individuelle Kennzeichnung auf ihrer Dienstuniform tragen. Bei aller
       Kritik dürfe man aber nicht vergessen: „Die Masse macht einen guten Job“,
       so Olschok.
       
       ## Wachleute spielen Tennis mit den Heimbewohnern
       
       Auch ein syrischer Bewohner des Heims in der Treskowallee erzählt, dass das
       Verhältnis zu der Mehrheit der Securitys gut sei. Teilweise würden die
       Bewohner mit den Wachschutzleuten Tischtennis spielen. Ein paar der
       Mitarbeiter begegneten den Flüchtlingen aber mit Hass. Sie würden
       Flüchtlinge auch als „Neger“ bezeichnen.
       
       Die SozDia-Stiftung zieht erste Konsequenzen: Sie werde in Zukunft keine
       der Mitarbeiter der ASK Sicherheitsdienste in der Notunterkunft einsetzen,
       die an dem Abend tätig waren. Die Sicherheitsfirma selbst will die Vorwürfe
       prüfen.
       
       2 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antje Lang-Lendorff
   DIR Fabienne von der Eltz
   DIR Plutonia Plarre
       
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   DIR Monika Herrmann
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