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       # taz.de -- Diskussionen um Becks Drogenkonsum: Grüne geißeln und streicheln
       
       > Die Realos distanzieren sich von Volker Beck. Andere verweisen auf die
       > grüne Forderung nach einer Entkriminalisierung von Drogen.
       
   IMG Bild: Grüner Parteitag (Archivbild 2009): Wer solche Parteifreunde hat, braucht keine Feinde.
       
       Berlin taz | „Die Kriminalisierung von DrogenkonsumentInnen muss beendet
       werden.“ So steht es im Wahlprogramm der Grünen zur Bundestagswahl 2013.
       Aktuell hat die Partei Gelegenheit, dieser Forderung Nachdruck zu
       verleihen. Einer ihrer prominentesten Bundestagsabgeordneten, Volker Beck,
       hat am Mittwoch alle parlamentarischen Ämter aufgegeben, nachdem ihn die
       Berliner Polizei in der Nacht zuvor mit 0,6 Gramm einer laut
       Staatsanwaltschaft „betäubungsmittelsuspekten“ Substanz erwischt hat.
       
       Laut Bild-Zeitung handelt es sich um Crystal Meth. Doch in ihren Reaktionen
       ziehen grüne Spitzenpolitiker nun nicht etwa das Parteiprogramm, sondern
       das Gesetzbuch aus der Tasche. Was andere grüne Parteifreunde sehr
       befremdet.
       
       Der Bundesvorsitzende Cem Özdemir begrüßte Becks Rückzug. Dieser habe
       schnell die Konsequenzen gezogen, sagte Özdemir dem Sender N24. „Das ist
       bei der Schwere der Vorwürfe auch angemessen.“ Die Grünen in
       Rheinland-Pfalz gingen ebenfalls auf Distanz: „Crystal Meth hat mit
       liberaler Drogenpolitik nichts zu tun. Wir lehnen den Konsum und die
       Weitergabe strikt ab.
       
       Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass Volker Beck Crystal Meth besessen
       und konsumiert haben soll, dann wäre dies ein menschliches Drama und ihm
       müsste die Hilfe und Therapie angeboten werden, die er nun benötigt“, teilt
       der Landesverband auf taz-Anfrage mit. Der grüne Ministerpräsident Winfried
       Kretschmann warf Beck im ZDF-Morgenmagazin „schweres Fehlverhalten“ vor,
       von dem er hoffe, „dass das nicht auf alle übertragen wird.“
       
       ## Bedrohung für die ganze Partei?
       
       Seit wann ist Drogenkonsum ansteckend? Aber offenbar geht es dem
       wahlkämpfenden Kretschmann wie einer schwangeren Mutter zehn Tage vor dem
       Termin: Alle misslichen äußeren Faktoren könnten zur Bedrohung werden.
       
       Kretschmann kämpft um sein Amt. Die Grünen in Baden-Württemberg liegen laut
       einer aktuellen ARD-Umfrage 4 Prozentpunkte vor der CDU. Der Vorsitzende
       der baden-württembergischen Grünen, Oliver Hildenbrand, sagte der taz, es
       gebe keine Verbindung des Falls Beck zu den Landtagswahlen in
       Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland- Pfalz. „Wenn es sich
       bewahrheitet, dann handelt es sich um das individuelle Fehlverhalten eines
       Bundestagsabgeordneten.“ Dahinter stecke auch eine menschliche Dimension.
       „Die Wähler und auch die politischen Mitbewerber wissen, dass das
       wahlkampfmäßige Ausschlachten nicht angemessen wäre.“
       
       Auch die Spitzenkandidatin der Grünen in Sachsen-Anhalt, Claudia Dalbert,
       sieht sich in ihrem Anlauf die Fünfprozenthürde in den Magdeburger Landtag
       zu nehmen, unbehindert: „Ich gehe nicht davon aus, dass der Fall den
       Wahlkampf beeinflussen wird“, sagte sie der taz. Wenn es sich um Crystal
       Meth handeln sollte, dann wäre dies vor allem ein tragisches persönliches
       Schicksal.
       
       ## „Rechtliches Fehlverhalten“
       
       Moralisch stellt sich auch der baden-württembergische Grünen-Chef
       Hildenbrand an die Seite Volker Becks: „Gerade auch im Lichte seiner
       politischen Verdienste hat Volker Beck einen fairen und respektvollen
       Umgang verdient.“ Politisch hält er jedoch Kretschmann die Treue: „Wenn
       sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten, dann wäre das ein Verstoß gegen das
       Betäubungsmittelgesetz und ein rechtliches Fehlverhalten. Da habe ich
       keinen Dissens zu Winfried Kretschmann.“
       
       Die politische Konkurrenz kann sich zurücklehnen und der Geißelung Becks
       durch die Grünen zuschauen. „Man muss zwischen politischem Schlagabtausch
       und Persönlichem unterscheiden. Danach kann man Volker Beck privat nur
       alles Gute wünschen“, meint der Bundesvorsitzende der Jungen Union Paul
       Ziemiak gegenüber der taz. „Wer Parteifreunde wie #Kretschmann hat, braucht
       eigentlich keine Feinde und keine #CDU und Co mehr“, zwitschert der
       Bundestagsabgeordnete der Linken Niema Movassat.
       
       Andere Grüne haben daher kein Verständnis für die scharfen Töne der grünen
       Realos Özdemir und Kretschmann gegenüber dem streitbaren Linken Beck. Die
       Reaktionen seien überhaupt nicht angemessen und strategisch unklug. Damit
       schließe man sich der Law-and-Order-Politik der Konservativen an, heißt es
       in Parteikreisen. „Winfried und Cem hätten sich auch sanfter distanzieren
       können“, meint ein anderer Bundestagsabgeordneter. Persönlich vorgetragene
       Kritik am grünen Spitzenkandidatin verbietet sich natürlich kurz vor den
       Landtagswahlen.
       
       Die Grüne Jugend stellte sich demonstrativ hinter Volker Beck: „Dass sich
       durch die gesellschaftliche Ächtung von illegalisierten Substanzen einer
       der besten Bundespolitiker dazu gezwungen sieht, seine Ämter niederzulegen,
       zeigt, wie wichtig der Kampf für eine liberale Drogenpolitik und für die
       Entkriminalisierung von Drogenkonsum ist“, geht Bundessprecherin Jamila
       Schäfer in die Offensive.
       
       3 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
   DIR Hannah Weiner
       
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