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       # taz.de -- Hamburger Frauendatenreport: Besser gebildet, miesere Jobs
       
       > In Hamburg arbeiten mehr Frauen denn je, doch oft in prekären
       > Verhältnissen. Der DGB fordert ein Recht auf befristete Teilzeit.
       
   IMG Bild: Weniger Chancen, einmal Chef zu werden, als ihre männlichen Kollegen: Köchin.
       
       Hamburg taz | Anlässlich des Internationalen Frauentags hat der DGB Hamburg
       erstmals einen Datenreport zur Lage der Frauen auf dem Arbeitsmarkt
       vorgelegt. Fazit: Frauen sind immer besser gebildet, trotzdem oft prekär
       beschäftigt, schlechter bezahlt als Männer und seltener in
       Führungspositionen. Allein der Verdienst für einen Vollzeitjob
       unterscheidet sich im Schnitt um 25 Prozent, sprich 711 Euro. „Es gibt
       keine Spur von Gleichberechtigung“, kritisiert DGB-Chefin Katja Karger.
       
       Dass solche Benachteiligungen im Jahr 2016 noch Realität sind, sei
       „unfassbar“. Dabei hat sich das Leben der Frauen stark verändert. Die Quote
       erwerbstätiger Hamburgerinnen ist seit 2005 von 61 Prozent auf 71 Prozent
       gestiegen, inzwischen ist fast die Hälfte der Erwerbstätigen weiblich.
       Mädchen machen häufiger als Jungs das Abitur und einen Studienabschluss.
       Doch der Bildungsvorsprung schlägt sich im Erwerbsleben nicht nieder.
       Frauen arbeiten häufiger in schlecht bezahlten Dienstleistungsberufen und
       Betrieben ohne Tarifbindung.
       
       Im öffentlichen Dienst der Stadt bilden sie zwar die Mehrheit der
       Beschäftigten. Doch die Führungsposition – etwa die Schulleitung eines
       Gymnasiums – hat in sechs von zehn Fällen ein Mann inne. In der Wirtschaft
       sind acht von zehn Chefs männlich.
       
       Das „Alleinverdiener-Modell“, in dem nur der Mann die Brötchen verdient,
       findet sich zwar nur noch in jeder fünften Familie wieder. Doch kommt ein
       Baby, nehmen Frauen den größten Teil der Elternzeit (siehe Kasten). Viele
       Frauen gingen wegen der Kinder „unfreiwillig in Teilzeit“ und kämen danach
       nicht wieder auf eine volle Stelle zurück, ergänzte DGB-Mitarbeiterin Petra
       Heese.
       
       Von dem Problem berichtete bei der Präsentation des Reports die Mutter
       Manuela Dandl, die in einem großen Kaufhaus arbeitet. „Ich hab eine halbe
       Stelle und würde gern aufstocken.“ Ihr Arbeitgeber stelle stattdessen immer
       wieder Zeitarbeiter ein. Diese Schieflage findet sich in der Statistik
       wieder. Während 87 Prozent der Männer in Vollzeit arbeiten, sind es nur 58
       Prozent der Frauen. Zählt man die knapp 100.000 nicht sozialversicherten
       Minijobberinnen hinzu, so arbeitet jede zweite Frau in „atypischer
       Beschäftigung“.
       
       Minijobs seien „ein Drama“, sagt Karger. Weil die Sozialversicherung fehlt,
       sei „die Altersarmut vorprogrammiert“. Diese Jobs müssten dringend in
       sozialversicherte Beschäftigung umgewandelt werden. Dafür soll Hamburg eine
       Gesetzesinitiative starten und vor Ort Beratungsstellen schaffen. Doch auch
       Teilzeitjobs sind schlecht für die Rente und sichern den Frauen oft keine
       eigenständige Existenz. DGB-Chefin Karger fordert Regelungen, die es
       erlauben, auch befristet in Teilzeit zu gehen und ein „Rückkehrrecht“ auf
       die alte Stelle garantieren.
       
       „Nur so können Frauen Aufgaben wie Arbeit, Kinder und Pflege unter einen
       Hut bringen, ohne dass der Weg direkt in eine prekäre Job-Sackgasse und
       Altersarmut führt.“ Der Frauenreport stützt sich hier auf eine Studie des
       Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Demnach
       würden in Teilzeit Beschäftigte ihre Arbeitszeit im Durchschnitt gern um
       vier Stunden auf 27 Stunden pro Woche erhöhen, und Mini-Jobberinnen um neun
       Stunden auf 21 Stunden pro Woche aufstocken. Es gibt auch Frauen in
       Vollzeit, die weniger Stunden arbeiten möchten. Eine Hamburger Erhebung
       gibt es nicht.
       
       „Wir haben die Daten mühsam zusammengetragen“, sagt Karger. In Zukunft
       müsste es Aufgabe der Senatorin für Gleichstellung sein, so einen Bericht
       zu schreiben. Sorgen bereitet den Autorinnen die Lage der
       Alleinerziehenden. Etwa 7.000 Alleinerziehende seien arbeitslos, die
       meisten von ihnen ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Für sie brauche es
       spezielle Weiterbildungsprogramme der Stadt, fordert Karger.
       
       7 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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