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       # taz.de -- Islamistische Shabaab-Milizen in Somalia: Bürgerkrieg als Dauerzustand
       
       > Auf eine Anschlagserie der Shabaab reagieren die USA mit einem
       > Luftangriff. So leicht ist die Terrorgruppe aber nicht zu schlagen.
       
   IMG Bild: Die Terroristen verüben vermehrt Anschläge auf Restaurants und Hotels sowie auf den Flughafen von Mogadischu.
       
       BERLIN taz | Der internationale Krieg gegen die islamistischen
       Shabaab-Milizen in Somalia eskaliert. Bis zu 150 Shabaab-Kämpfer sollen am
       Wochenende getötet worden sein, als US-Kampfflugzeuge mit Unterstützung
       unbemannter Drohnen das Shabaab-Militärlager Raso bombardierten, knapp 200
       Kilometer nördlich der Hauptstadt Mogadischu gelegen. Die am Montag von
       US-Medien genannte Todesbilanz des vom Pentagon „defensiv“ genannten
       Luftangriffs, von Dschibuti aus geführt, haben die Shabaab am Dienstag
       dementiert, nicht jedoch den Angriff selbst.
       
       Die Wahrheit über den US-Angriff auf die Shabaab in Raso wird wohl genauso
       unbekannt bleiben wie die über den Shabaab-Angriff auf kenianische
       Eingreiftruppen in al-Adde im Süden Somalias am 15. Januar. Damals
       überrannten die Islamisten eine wichtige kenianische Militärbasis der
       afrikanischen Somalia-Eingreiftruppe Amisom und töteten nach eigenen
       Angaben mindestens 100 Soldaten.
       
       Als die Toten zu Dutzenden in Kenias Hauptstadt Nairobi feierlich
       beigesetzt wurden, reiste auch Somalias Präsident Hassan Sheikh Mohamud
       hin. Dafür wurde er in der Heimat kritisiert – und verteidigte sich, indem
       er ausplauderte: „Wenn 180 oder fast 200 Soldaten, die zu uns geschickt
       werden, an einem Tag getötet werden, ist das nicht leicht.“ Solche
       Horrorzahlen zu nennen hatte Kenias Regierung bis dahin vermieden.
       
       In jeden Fall zeigt sich, wie mörderisch der Krieg in Somalia wieder
       geworden ist, nachdem einige Jahre lang die Vertreibung der Shabaab aus der
       Hauptstadt Mogadischu Illusionen geweckt hatte: Eine neue international
       anerkannte Übergangsregierung etablierte sich, von Wahlen 2016 war die
       Rede.
       
       Doch die Islamisten waren nie geschlagen. Die mittlerweile rund 22.000
       Soldaten der afrikanischen Amisom-Eingreiftruppe, entsandt von der
       Afrikanischen Union (AU), übernahmen die Kontrolle über weite Landstriche
       im Süden Somalias, die zuvor zehn Jahre lang unter Shabaab-Herrschaft
       gestanden hatten.
       
       Aber in Reaktion darauf, so die Somalia-Spezialisten der International
       Crisis Group, Abdul Khalif und Cedric Barnes, führen die Shabaab jetzt
       einen „ländlichen Aufstand“ gegen die „territoriale Überdehnung“ der
       Amisom. Die schlagkräftigsten Amisom-Kontingente aus den Nachbarländern
       Äthiopien und Kenia würden, so die Analysten, als Besatzer wahrgenommen und
       hätten wichtige Akteure marginalisiert.
       
       Nicht islamistische Ideologie, sondern politisches Kalkül treibe einzelne
       somalische Clans jetzt wieder in die Arme der Shabaab. Das ermutigt die
       Islamisten offenbar weiter. Es mehren sich Anschläge auf Restaurants und
       Hotels sowie auf den Flughafen von Mogadischu. Allein am vorletzten
       Wochenende starben in Mogadischu und der südsomalischen Baidoa mindestens
       52 Menschen bei einer Serie von Anschlägen, teils auf Fußball-TV-Zuschauer.
       
       Die Shabaab tönten sogar, nach dem Massaker an kenianischen Soldaten sei
       ihr nächstes Ziel Kenias Präsidentenpalast in Nairobi. Kenias Behörden
       warnen jetzt vor einer Zusammenarbeit von Somalias Shabaab und der
       Al-Qaida-Gruppe AQAP im benachbarten Bürgerkriegsland Jemen.
       
       All dies schwächt Somalias Übergangsregierung zu einem kritischen
       Zeitpunkt: Ihr Mandat läuft im August dieses Jahres aus. Eigentlich sollte
       der Nachfolger dieses Jahr in freien Wahlen bestimmt werden. Inzwischen ist
       von einer neuen Übergangsregierung die Rede, mit Wahlen erst im Jahr 2020.
       Somalias Bürgerkrieg, darauf richten sich alle ein, wird wieder einmal zum
       Dauerzustand.
       
       8 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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