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       # taz.de -- Die Wahrheit: Die Schraubzwinge
       
       > In unserer Reihe „Schurken, die die Welt beherrschen wollen“ darf eine
       > nicht fehlen: Kulturstaatsministerin Monika „Grusel“ Grütters.
       
   IMG Bild: Immer ist sie makellos poliert, doch die Berliner warnen vor der „Partyschnepfe“ Grütters.
       
       Sie weiß, was sich gehört, und tritt in der Öffentlichkeit stets bekleidet
       auf. Selbst um den Hals trägt sie eine Perlenkette, damit er nicht nackt
       ist. Kein Fleck trübt Rock, Bluse und die Person dahinter; die Haare liegen
       artig zu einer Frisur geordnet auf dem Kopf, ein dezentes Parfüm strömt
       taktvoll von ihr ab, mitten im Gesicht steckt ein Lächeln: Monika Grütters
       gilt als moderne, allen Seiten angenehm schmeckende Konservative, um Welten
       entfernt von den gusseisernen Typen, die einst ihre Partei, die SPD … –
       Verzeihung, die CDU prägten. So scheint es.
       
       Wenige wissen, wie tief der Schein trügt. In Wirklichkeit ist die Grütters
       tabulos bis auf die Haut und nach Büroschluss eine grenzenlose
       Partyschnepfe, die dafür berüchtigt ist, die Nächte durchzuorgeln und auf
       zügellosen Feten fernab ihrer auf Stromlinie gedimmten Politikerkollegen
       alles zu naschen, was in ihrem Kreislauf Platz hat. Es heißt, sie tanzt
       sogar noch unter dem Tisch!
       
       Nur dank ihrer hundertprozentigen Kondition und Disziplin schafft sie es
       jeden Morgen, egal wie zerknüllt sie ist, aus dem Bett, um sich aufrecht zu
       waschen, glattzubügeln und ein Taxi nach Hause zu nehmen. Kurz darauf tritt
       sie wieder als sauber geputzte Politikerin adrett vor die Öffentlichkeit.
       Schmutzig sind nur ihre Witze!
       
       Gewiss: Dass sie sich statt hochwertiger Kunst gerahmte Nasenpopel an die
       Wand hängt – von ihren Kabinettskollegen! –, ist gänzlich unbestätigt.
       Sicher: Dass sie Bücher nur von außen kennt und noch kein Symphoniekonzert
       von innen gesehen hat, ist bloß ein Gerücht. Zweifellos: Dass sie auf ihrer
       Website sogenannte Kulturtipps ausstreut, denen zufolge man die
       Unterwasseraufführung von Johann Peter Hebels „Nibelungen“ im Schwimmbad
       Niederuffeln/Nordhessen gesehen haben muss, ist eine groteske Ente, die
       hier nur der Vollständigkeit halber und um der Journalistenpflicht zur
       Ausgewogenheit Genüge zu tun, erwähnt sei. Nein, wirklich: Monika Grütters
       ist eine makellos polierte, mit allen gesellschaftlichen Normen geölte
       Ministerin, die selbstverständlich auch jeden Tag ihre kleinen und großen
       Geschäfte erledigt!
       
       ## Im Restnebel der Nacht
       
       Quatsch, soll natürlich heißen: die jeden Tag auch ihre Büroarbeit nach
       Strich und Faden erledigt, wie es sich gehört! Man darf eben nicht alles
       glauben, was mit leichter Hand dahingeschrieben wird, auch nicht, dass sie
       bei den Kabinettssitzungen, wenn erwachsene Minister debattieren, mit
       unqualifizierten Zwischenrufen dazwischen fährt, weil sie noch vom
       Restnebel der Nacht regiert wird.
       
       Kaum jemand kennt nun mal den Menschen hinter Monika Grütters: Monika
       Grütters. Auch Ihr Berichterstatter nicht, nein, ganz und gar nicht. Es
       gibt da Dinge, die mitzuteilen selbst meine Fantasie sich sträubt!
       
       Warum gerade sie zur Kulturstaatsministerin ernannt wurde, kann im
       politisch aufgereizten Berlin niemand sagen. Nur Angela Merkel. Obwohl in
       Wahrheit hetero, arbeitet sie ja seit Langem felsenfest daran, Frauen und
       noch mehr Frauen an ihren Regierungstisch zu binden! Und eine Frau ist
       Monika Grütters schon ihr Leben lang, wenigstens diese eine Tatsache muss
       in diesen völlig verwackelten Artikel rein.
       
       Das heißt, um bei der Wahrheit zu bleiben, in jungen Jahren war sie noch
       ein Mädchen. Deshalb besuchte sie durchgehend das bischöfliche
       Mädchengymnasium in Münster, wo sie vornerum gute Noten sammelte und
       hinterrücks den Lehrerinnen Juckepulver in die Nonnentracht blies oder
       Löwensenf auf den Stuhl schmierte.
       
       ## Trieb zur Erkenntnis
       
       Dass sie anschließend Germanistik, Kunstgeschichte, Politikwissenschaft und
       Blabla studierte und sich, obwohl volljährig, bei der CDU einschrieb – war
       es wirklich Wissensdurst, Trieb zur Erkenntnis, der selbstlose Wunsch, mit
       Pauken und Trompeten der Allgemeinheit zu dienen? Nun, die Herren
       Professoren und Honoratioren wissen sehr gut, warum sie auf meine mehr als
       bissigen Nachfragen mit lauter roten Köpfen geantwortet hätten. Das wird
       man ja wohl noch behaupten dürfen!
       
       Wenn nicht, sei steif darauf hingewiesen, dass Monika Grütters schon früh
       die Strippen schmierte, in den neunziger Jahren in die bekannt reinliche
       Berliner Politik eintauchte und sich dichtest an Klaus-Rüdiger Landowsky
       heranschob, der den milliardendicken Skandal um die Bankgesellschaft Berlin
       anrichtete, während sie als Kulturbeauftragte der Bank niemals keine Ahnung
       von nichts gehabt haben hatte. So.
       
       Ganz anders jetzt, als Kulturbeauftragte der Bundesregierung! Ob es um die
       porentief deutsche Stiftung „Flucht, Vertreibung, Verblödung“ geht oder, um
       ein zweites Beispiel aus der Luft zu greifen, die reibungslose Restitution
       einer tausendjährigen Kulturnation auf dem unendlichen Globus oder was und
       wie oder warum auch immer – hier hat sie schon viel getan und noch mehr
       erreicht.
       
       Und nachdem auch dies ausreichend gewürdigt ist, kann ich diesen aufwendig
       recherchierten Artikel endlich zuklappen. Sollten Sie mit ihm unzufrieden
       sein, so lesen Sie ihn bitte gar nicht erst.
       
       9 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Köhler
       
       ## TAGS
       
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