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       # taz.de -- Deutschlands erster Ernährungsrat: Initiative regionales Essen
       
       > In Köln gründet sich Deutschlands erster Ernährungsrat. Der soll den
       > Kölnern regionale Produkte näherbringen und Kleinbauern im Umland
       > stärken.
       
   IMG Bild: Der Ernährungsrat will sich für regionale Zutaten in Schulen und Kantinen einsetzen
       
       Berlin taz | Apfel-Brotaufstriche, Slow-Baking-Croissants und alte
       Gemüsesorten aus der Region: Am Montagabend gab es im Kölner Rathaus eine
       besondere Verköstigung. Gerade hatte sich Deutschlands erster Ernährungsrat
       gegründet – mit einem Logo aus drei Rüben, in deren Mitte die Domspitzen
       prangen, und einer klaren Botschaft: Damit Köln besser isst.
       
       Initiator des Ernährungsrats ist der Dokumentarfilmer Valentin Thurn
       (“Taste the Waste“, „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“). Sein
       gemeinnütziger Verein Taste of Heimat machte sich ein Jahr lang für die
       Initiative stark. Das Gremium will den Kölnern regionale und saisonale
       Produkte wieder näher bringen und die kleinbäuerlichen Betriebe im Umland
       stärken. Dem globalen Lebensmittelhandel soll ein „regionaler Riegel“
       vorgeschoben werden.
       
       Der Rat besteht aus je einem Drittel aus Vertretern der Zivilgesellschaft,
       Wirtschaft und städtischen Verwaltung. Er erarbeitet in Ausschüssen Ziele
       wie etwa mehr Schul- und Gemeinschaftsgärten oder regionale Produkte in
       Kantinen und Kitas, schlussendlich will er eine Ernährungsstrategie für die
       ganze Stadt entwerfen.
       
       Die Idee stammt aus den USA, dort gründete sich 1982 der erste Food Policy
       Council in Knoxville, Tennesse. Heute gibt es über 260 Ernährungsräte in
       Nordamerika, sie sind heute nicht mehr wegzudenken aus der
       Ernährungspolitik.
       
       ## Den Berlinern knapp zuvorgekommen
       
       NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) überschlug sich in
       seiner Rede vor Lob: „Ich freu mich wie Bolle, dass so ein Signal von Köln
       ausgeht.“ Die Domstadt sei „die Hauptstadt des guten Geschmacks“. Nun ja:
       Die Kölner waren den Berlinern knapp zuvorgekommen, dort gründet sich am
       22. April ebenfalls ein Ernährungsrat, weitere Städte sollen folgen. Dem
       Minister jedenfalls kommt die Initiative gelegen: Er kann damit auf der
       Verbraucherschutzministerkonferenz punkten, der er in diesem Jahr vorsteht.
       
       Im Kölner Ernährungsrat sitzen neben Gastronomen, Lebensmittelexperten und
       engagierten Bürgern zahlreiche Landwirte. Nicht alle sind zertifizierte
       Biobauern. Doch alle vermarkten ihre regionalen Produkte seit Jahren recht
       erfolgreich, etwa über das Label „bergisch pur“. Valentin Thurn möchte
       konventionelle bäuerliche Betriebe nicht ausschließen: „Es gibt viele, die
       nachhaltiger produzieren wollen, es aber noch nicht können, weil es der
       Marktpreis nicht hergibt.“
       
       Die Ratsmitglieder arbeiten ehrenamtlich. Eine Geschäftsstelle soll ihre
       Arbeit koordinieren, doch wer sie finanziert, ist noch offen.
       Oberbürgermeisterin Reker bastelt an einem Haushaltsplan für zwei Jahre,
       die Verwaltung arbeitet derzeit nur eingeschränkt.
       
       Bedauerlich, dass von den vorgesehenen zehn Köpfen aus der städtischen
       Verwaltung erst zwei im Ernährungsrat sitzen. Montagabend sagte die
       Oberbürgermeisterin dann spontan auch ihre Teilnahme zu und kündigte eine
       erste Maßnahme an: Die Stadt will künftig bei Ausschreibungen für
       Veranstaltungen Catering-Gesellschaften mit regionalen Produkten
       bevorzugen.
       
       Köln hatte im vergangenen Herbst, zusammen mit rund 100 Städten weltweit,
       den Urban Food Policy Pact unterzeichnet und sich damit zu einer
       nachhaltigen kommunalen Ernährungspolitik verpflichtet.
       
       8 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudia Hennen
       
       ## TAGS
       
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