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       # taz.de -- Regierungsprognose zu Flüchtlingen: 3,6 Millionen Asylsuchende bis 2020
       
       > Berlin rechnet mit jährlich rund einer halben Million Schutzsuchender.
       > Der griechische Premier Tsipras droht beim Flüchtlingsthema mit einer
       > Blockade.
       
   IMG Bild: Den internen Zahlen zufolge würde zwischen 2016 und 2020 jährlich durchschnittlich eine halbe Million Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen.
       
       München epd/dpa | Die Bundesregierung rechnet internen Kalkulationen
       zufolge bis 2020 mit insgesamt 3,6 Millionen Flüchtlingen. Das berichtet
       die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Prognosen des
       Bundeswirtschaftsministeriums. Die Prognosen seien innerhalb der Regierung
       abgestimmt, heißt es in dem Bericht. Eine seriöse Prognose zum
       Flüchtlingszustrom sei aber nach Ministeriumsangaben derzeit nicht möglich.
       
       Den internen Zahlen zufolge würde zwischen 2016 und 2020 jährlich
       durchschnittlich eine halbe Million Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen.
       Die Zahlen könnten allerdings von Jahr zu Jahr schwanken. Zusammen mit den
       1,1 Millionen Flüchtlingen aus dem Jahr 2015 ergibt sich so die Zahl von
       3,6 Millionen.
       
       Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte der Zeitung, dass es zur
       Projektion der wirtschaftlichen Entwicklung „intern eine rein technische
       Annahme für die Zuwanderung getroffen und innerhalb der Bundesregierung
       ressortabgestimmt“ habe. Da es gegenwärtig nicht möglich sei, den
       Flüchtlingszustrom seriös vorherzusagen, wolle die Bundesregierung keine
       offizielle Prognose zur Flüchtlingsmigration abgeben.
       
       Griechenland droht der Europäischen Union in der Flüchtlingskrise mit einer
       Blockade politischer Beschlüsse. Regierungschef Alexis Tsipras reagierte
       damit am Mittwoch im Parlament in Athen auf die von Mazedonien betriebene
       teilweise Schließung der Grenze zum Nachbarn für Flüchtlinge. Athen werde
       in der EU solange politische Beschlüsse blockieren, bis die vereinbarte
       gleichmäßigere Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten in die
       Tat umgesetzt werde.
       
       ## Tsipras nennt Westbalkan-Konferenz eine „Schande“
       
       Griechenland werde nicht akzeptieren, dass es Staaten gebe, die einerseits
       keinen einzigen Migranten aufnehmen, aber andererseits Zäune bauten.
       Tsipras nannte es zudem eine „Schande“, dass Österreich und weitere Länder
       der Westbalkan-Konferenz am Mittwoch in Wien eine Konferenz zur Asylpolitik
       abgehalten haben – außerhalb des EU-Rahmens und ohne griechische
       Beteiligung.
       
       Zuvor hatte sich Tsipras telefonisch bei Kanzlerin Angela Merkel über die
       Teilschließung der Balkanroute beschwert, die zu einem Rückstau tausender
       Migranten in Griechenland führt.
       
       Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz bekräftigte den
       Kurswechsel seines Landes in der Flüchtlingspolitik. Angesichts anhaltend
       hoher Flüchtlingszahlen bestehe „die dringende Notwendigkeit, nicht mehr
       das Weiterwinken nach Mitteleuropa zu perfektionieren“, sagte er den
       „ARD-Tagesthemen“. Gemeinsam mit den Balkanstaaten wolle Österreich
       signalisieren: „Den Weg von der Türkei nach Mitteleuropa in wenigen Tagen
       gibt es nicht mehr.“
       
       An Berlin gerichtet wiederholte Kurz die Erwartung, dass auch Deutschland
       eine Obergrenze definiere. „Der Ansatz von 2015 war nicht erfolgreich“,
       sagte er. Die Zielländer liefen Gefahr, überfordert zu werden: „Das wird
       nicht unser Weg sein.“ Kurz sagte: „Diejenigen, die für offene Grenzen
       eingetreten sind, haben die Flüchtlingskrise nicht ausgelöst, aber sie
       haben sie definitiv verschärft.“ Damit meine er nicht nur die deutsche
       Regierung, sondern schließe auch sein eigenes Land ein.
       
       ## Österreichs Außenminister: „Europäische Lösung kommt“
       
       „Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass es eine europäische Lösung geben
       wird“, fuhr Kurz fort. „Aber die wird nicht sein, dass wir die Menschen
       möglichst schnell nach Österreich, Deutschland oder Schweden bringen.“ Die
       Lösung sei vielmehr, die europäischen Außengrenzen zu sichern und Hilfe vor
       Ort für die Menschen in Not zu leisten.
       
       Die Türkei ist das wichtigste Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg in
       die EU. Ein Aktionsplan mit der EU sieht unter anderem vor, dass die Türkei
       drei Milliarden Euro zur Versorgung syrischer Flüchtlinge erhält und dafür
       den Kampf gegen Schleuser in der Ägäis verstärkt.
       
       Die Vereinbarungen bedrohen aus Sicht des ungarischen Regierungschefs
       Viktor Orban die Sicherheit Europas. Mit Blick auf den türkischen
       Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sagte Orban der Bild-Zeitung: „Wir betteln
       bei Herrn Erdogan – im Gegenzug für Geld und Versprechungen – demütig um
       Sicherheit für unsere Grenzen, weil wir uns nicht schützen können.“ Diese
       Politik mache „Europas Zukunft und Sicherheit abhängig vom Wohlwollen der
       Türkei“. Das Vorhaben, mit Ankara eine Auf- und Rücknahme von Flüchtlingen
       zu vereinbaren, sei überdies illusorisch. „Kein EU-Land will und kann das
       wirklich umsetzen“, sagte Orban.
       
       In Deutschland stimmt der Bundestag an diesem Donnerstag über das
       sogenannte Asylpaket II ab. Der von Flüchtlingshelfern scharf kritisierte
       Gesetzentwurf sieht Schnellverfahren für bestimmte Flüchtlingsgruppen und
       eine vorübergehende Einschränkung des Familiennachzugs für Zuwanderer mit
       niedrigerem Schutzstatus vor. Eine Parlamentsmehrheit für die
       Verschärfungen des Asylrechts gilt als sicher. Die Unionsfraktion steht
       fast geschlossen hinter den Plänen; in der SPD gab es zuletzt einigen
       Widerstand, sodass einige Abgeordnete gegen die Reform stimmen dürften.
       
       Auch die EU-Innenminister beschäftigen sich am Donnerstag in Brüssel mit
       der Flüchtlingskrise. Dabei geht es unter anderem um Personenkontrollen an
       den EU-Außengrenzen und einen europäischen Grenz- und Küstenschutz.
       
       25 Feb 2016
       
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