URI: 
       # taz.de -- Urteil im Haderthauer-Prozess: Politikerin-Gatte muss zahlen
       
       > Das Gericht hat entschieden: Der Mann von Christine Haderthauer hat
       > Steuern hinterzogen und versucht zu betrügen. Ein skurriler Fall.
       
   IMG Bild: Im Mittelpunkt der Vorwürfe gegen Hubert Haderthauer standen Modellautos.
       
       München taz | Am Ende ging plötzlich alles ganz schnell. Eigentlich waren
       für Donnerstag nur die Plädoyers im Haderthauer-Prozess erwartet worden,
       aber dann gab das Gericht auch gleich das Urteil bekannt: 270 Tagessätze zu
       je 70 Euro, insgesamt also 18.900 Euro, muss der Mann der CSU-Politikerin
       Christine Haderthauer zahlen. Hubert Haderthauer wurde in zwei Fällen der
       Steuerhinterziehung für schuldig befunden. Außerdem soll er versucht haben,
       seinen früheren Geschäftspartner Roger Ponton zu betrügen. Die
       Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von elf Monaten für den
       59-Jährigen gefordert.
       
       Der Fall, den die 5. Strafkammer des Landgerichts München über mehrere
       Monate hinweg zu verhandeln hatte, ist ebenso komplex wie skurril. Brisant
       wurde die Sache deshalb, weil die Politikerin Christine Haderthauer darin
       verwickelt war. Sie musste im Zuge der Affäre schließlich 2014 ihr Amt als
       Chefin der Staatskanzlei abgeben.
       
       Im Mittelpunkt der Vorwürfe standen Modellautos. Nicht irgendwelche
       Modellautos freilich, sondern Kunstwerke des Modellbaus, für die man gut
       und gern 15.000 Euro pro Stück kassieren kann. Für dasselbe Geld bekommt
       man natürlich auch einen Kleinwagen, aber wahre Sammler juckt das nicht.
       
       Hergestellt wurden die Modellautos von echten Meistern ihres Fachs:
       verurteilten Straftätern in der Psychiatrie. Wichtigster Konstrukteur: ein
       dreifacher Mörder. Als Landgerichtsarzt hatte Hubert Haderthauer einen
       direkten Zugang zu den Psychiatrie-Insassen. Vertrieben wurden die
       kostbaren Anfertigungen dann von der Firma Sapor Modelltechnik.
       Miteigentümer des Unternehmens waren wiederum – nacheinander – die
       Haderthauers. Außerdem mit an Bord: Geschäftspartner Roger Ponton.
       
       ## Modellautos stillschweigend entnommen
       
       2008 schließlich verkaufte Hubert Haderthauer die Firma – ohne Pontons
       Wissen. Drei Jahre später einigte man sich auf einen Vergleich. Ponton
       bekam 20.000 Euro und verzichtete dafür rückwirkend auf seinen
       50-prozentigen Firmenanteil. Später jedoch fühlte sich der Franzose
       hintergangen. Er sei über den wahren Wert des Unternehmens getäuscht
       worden, befand Ponton und klagte gegen die Haderthauers.
       
       In der Tat, das sieht auch das Gericht so, hat Hubert Haderthauer zumindest
       vier der Modellautos stillschweigend aus dem Betrieb entnommen und dies bei
       dessen Verkauf verschwiegen. Gesamtwert: 60.000 Euro. Den Schaden habe
       Ponton gehabt. Haderthauer habe gewusst, dass er die entnommenen Autos
       nicht hätte verschweigen dürfen und dass sein Geschäftspartner der
       Leidtragende gewesen sei. Dennoch folgte das Gericht hier nicht der
       Argumentation der Staatsanwaltschaft und befand nicht auf Betrug, sondern
       lediglich auf versuchten Betrug.
       
       Zudem kam das Gericht zu der Überzeugung, dass der Ingolstädter Arzt
       Provisionen aus dem Verkauf von Modellautos nicht beim Finanzamt angegeben
       hatte. Hier herrschte aber ohnehin Einigkeit zwischen allen
       Prozessbeteiligten. Auch Haderthauer bestritt nicht, Steuern hinterzogen zu
       haben. Nur was die Höhe der Steuerhinterziehung anging, war man
       unterschiedlicher Auffassung. Sie sei weitaus geringer, als von der
       Staatsanwaltschaft angenommen, sagte Haderthauers Verteidiger, ohne selbst
       eine Summe zu nennen. Auf 49.759 Euro schließlich bezifferte das Gericht
       den Schaden für den Fiskus.
       
       Dass das Urteil vergleichsweise glimpflich ausfiel, hat dem Vorsitzenden
       Richter Rupert Heindl zufolge auch damit zu tun, dass man bei der
       Strafzumessung die besonderen Belastungen als strafmildernd berücksichtigt
       habe, die sich für den Angeklagten aus der hohen öffentlichen Wahrnehmung
       des Verfahrens, aus dem „Drumherum“, ergeben hätten. Man sei deshalb zu der
       Auffassung gelangt, dass eine Geldstrafe ausreiche.
       
       Andernorts hatte der Arzt wenige Tage zuvor einen juristischen Erfolg
       verbuchen können. Das Landgericht München I wies eine Klage des Freistaats
       ab, der Honorare in Höhe von fast 90.000 Euro zurückgefordert hatte.
       Haderthauer hatte das Geld für Gerichtsgutachten bekommen – etwa für
       Drogen-Screening-Untersuchungen bei Probanden, die Bewährungsauflagen
       erfüllen müssen. Die Vertreter des Freistaats argumentierten, das Geld habe
       dem Arzt nicht zugestanden, weil er kein Facharzt für Labormedizin, sondern
       Facharzt für Psychiatrie sei. Selber schuld, urteilte nun das Gericht,
       Haderthauer habe die Gutachten schließlich „auf gerichtliches und
       staatsanwaltschaftliches Ersuchen“ hin erbracht.
       
       Ausgestanden ist die ganze Sache für Haderthauer freilich noch nicht. Gegen
       den Arzt läuft noch immer ein Disziplinarverfahren, an dessen Ende
       Haderthauer seinen Beamtenstatus verlieren könnte. „Dieses Damoklesschwert
       schwebt über Ihnen“, so Richter Heindl zu dem Angeklagten. Das Urteil ist
       nicht rechtskräftig. Sowohl Haderthauer als auch die Staatsanwaltschaft
       können noch Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.
       
       26 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
       ## TAGS
       
   DIR Justiz
   DIR Christine Haderthauer
   DIR Prozess
   DIR Bayern
   DIR Christine Haderthauer
   DIR Christine Haderthauer
   DIR Bayern
   DIR Christine Haderthauer
   DIR CSU
   DIR Christine Haderthauer
   DIR CSU
   DIR Christian Wulff
   DIR Christine Haderthauer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Untersuchungsausschuss in Bayern: Drei Urteile über Haderthauer
       
       Welche Rolle spielte die einstige CSU-Sozialministerin in der
       Modellbau-Affäre? Der Untersuchungsausschuss ist sich uneins.
       
   DIR Haderthauer-Affäre in Bayern: Die Autos, der Partner, der Arzt
       
       Wegen der Oldtimer-Affäre steht der Psychiater Hubert Haderthauer in
       München vor Gericht. Die CSU-Karriere seiner Frau Christine liegt in
       Trümmern.
       
   DIR Kommentar Haderthauers Rücktritt: Zeig uns deine Steuererklärung
       
       Lange hielt Horst Seehofer in der Modellauto-Affäre zu Christine
       Haderthauer. Nun ließ er sie fallen – sie hätte ihn sonst zu sehr in die
       Defensive gedrängt.
       
   DIR Modellauto-Affäre in Bayern: Haderthauer tritt zurück
       
       Wegen der sogenannten Modellauto-Affäre ist die bayerische
       Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) zurückgetreten. Ihr wird
       Betrug vorgeworfen.
       
   DIR Das Projekt Haderthauer ist gescheitert: Niedergang einer Kunstfigur
       
       Christine Haderthauer ist eine Frau aus Norddeutschland. Sie sollte
       Zugezogene in Bayern zu CSU-Wählern machen. Aber dann lief alles aus dem
       Ruder.
       
   DIR Neue Vorwürfe in der Haderthauer-Affäre: 143.000 Euro blieben geheim
       
       Einem Bericht zufolge hat die Firma von bayerischerin Ministerin Christine
       Haderthauer Steuern hinterzogen. Die Opposition fordert erneut ihre
       Entlassung.
       
   DIR CSU nach Modellauto-Skandal: Ermittlungen gegen Haderthauer
       
       Jetzt ist es soweit: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bayerns
       Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU). Ihr wird Betrug
       vorgeworfen.
       
   DIR Kommentar Christine Haderthauer: Auto-aggressiv in Bayern
       
       Ihre CSU-Freunde werden nicht zulassen, dass Christine Haderthauer
       entkommt. Und man wird sie in einem politischen Spitzenamt kaum vermissen.
       
   DIR Bayerische Staatskanzleichefin: Haderthauers Immunität soll weg
       
       Weil der Staatsanwalt gegen Christine Haderthauer (CSU) ermittelt, will er
       deren Immunität aufgehoben sehen. Es geht um ihre Rolle in der
       Modellbaufirma ihres Mannes.