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       # taz.de -- Schrumpfende Medienvielfalt: Die Presse konzentriert sich
       
       > Die Eigentümer des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages verkaufen an
       > den Verlag der Neuen Osnabrücker Zeitung. Dabei haben sie gut verdient.
       
   IMG Bild: Von den Neuen Osnabrücker Zeitung vereinnahmt: Flensburger Tageblatt.
       
       HAMBURG taz | Die Auflagen sinken, Anzeigeneinnahmen auch. Dass
       Zeitungsverlage Grund zum Klagen haben, ist bekannt. Gar nicht schlecht
       geht es dagegen der Medienholding Nord (MHN), zu der der
       Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ) gehört und in der 33
       Tageszeitungen erscheinen – etwa das Flensburger Tageblatt, der
       Ostholsteiner Anzeiger und die Schweriner Volkszeitung. 17,4 Millionen Euro
       betrug der Konzern-Überschuss laut aktuellem Geschäftsbericht im Jahr 2014
       – das sind fünf Millionen Euro mehr als im Vorjahr.
       
       Die 32 Anteilseigner, darunter Erbengemeinschaften und Einzelpersonen,
       haben dennoch die Lust verloren. In der vergangenen Woche gab die NOZ
       Medien GmbH (Neue Osnabrücker Zeitung) bekannt, dass sie die MHN erwerben
       werde. Günther Jesumann, Landesvorsitzender des Deutschen
       Journalisten-Verbandes (DJV) in Schleswig-Holstein, sagt mit Bezug auf den
       gestiegenen Überschuss, „die Braut“ sei durch Sparmaßnahmen für einen
       Verkauf „hübsch gemacht worden“.
       
       ## Zeitungsmarkt in wenigen Händen
       
       Damit verschärft sich die Konzentration auf dem norddeutschen
       Zeitungsmarkt. Erst Ende Januar hatte die Madsack-Gruppe bekannt gegeben,
       sie werde ihre Anteile an der Lübecker-Nachrichten-GmbH (in der auch die
       Ostsee-Zeitung erscheint) auf 76 Prozent aufstocken. Sollte das
       Bundeskartellamt die Osnabrücker Offensive genehmigen, wäre der
       schleswig-holsteinische Zeitungsmarkt künftig in der Hand zweier
       niedersächsischer Unternehmen: Madsack und NOZ Medien.
       
       Nur die Dithmarscher Landeszeitung und die deutsch-dänische Flensborg Avis
       sind unabhängig von den Riesen. Am Rande betroffen von der Entwicklung ist
       auch die taz.nord. Sie wird in einer Pinneberger Druckerei gedruckt, die zu
       NOZ Medien gehören wird.
       
       Die Osnabrücker erwerben nun nicht nur Zeitungen mit einer Gesamtauflage
       von derzeit 285.000 Exemplaren, sie werden auch zu einem Akteur auf dem
       bundesweiten Radiomarkt. Die Medienholding Nord ist mit 20,1 Prozent bisher
       größter Einzelgesellschafter der Privatradio-Holding Regiocast. Der gehört
       unter anderem Radio Schleswig-Holstein komplett und Delta Radio in Teilen.
       
       In der Regiocast sitzen die Osnabrücker künftig gemeinsam mit der NWZ Funk
       und Fernsehen GmbH, einer Schwester der in Oldenburg ansässigen
       Nordwest-Zeitung, die auf dem Zeitungsmarkt in Teilen des
       Verbreitungsgebiets direkter Konkurrent der NOZ ist.
       
       ## Einstieg in die Top Ten
       
       Dank des aktuellen Deals werde NOZ Medien, das auch mit Pferdehandel
       (Ehorses) und Briefzustellung (Citipost) Geld verdient, „in den Kreis der
       zehn größten Zeitungsverlagsgruppen Deutschlands vorstoßen“, teilt das
       Unternehmen schon mal mit. Mit der Expansion Richtung Schleswig-Holstein
       und Mecklenburg-Vorpommern setzt sich ein Trend fort:
       
       Auf dem Regionalzeitungsmarkt aktive Verlage dehnen ihre Geschäfte weit
       über ihr angestammtes Verbreitungsgebiet aus. Vorgemacht haben es neben dem
       Madsack-Konzern die Essener Funke-Mediengruppe (früher WAZ-Gruppe), der im
       Norden das Hamburger Abendblatt und die Bergedorfer Zeitung gehören.
       
       Weil die größer werdenden Unternehmen immer mehr Inhalte ihrer regionalen
       Zeitungen zentral in Gemeinschaftsredaktionen produzieren lassen, schrumpft
       aber die Medienvielfalt. Und es fallen Stellen weg. Bei der Ostsee-Zeitung
       etwa kam es vor einem Monat zu einem Warnstreik. Anlass war der ruppige
       Spar- und Zentralisierungskurs der Madsack-Leute.
       
       ## Die Freude hält sich in Grenzen
       
       Hinzu kommt, dass Zeitungen auch über Verlagsgrenzen hinaus kooperieren –
       die Redaktionen der SHZ-Gruppe etwa arbeiten in Teilbereichen mit dem
       Stader Tageblatt zusammen. Auch der Käufer aus Osnabrück gehört schon jetzt
       zu den Partnern. Man übernehme von der NOZ „ab und an
       Korrespondentenberichte aus Berlin“, sagt Stefan Kläsener, der
       Chefredakteur der SHZ-Gruppe. In seinem Newsletter schreibt er: „Wir freuen
       uns auf eine intensivere Zusammenarbeit.“
       
       Die Freude wird sich bei manchen Kollegen in Grenzen halten, Redakteure
       etwa, die in Flensburg derzeit noch überregionale Artikel für die gesamte
       Verlagsgruppe produzieren, dürften sich Sorgen um ihren Job machen.
       
       Die Stellenabbauer werden wohl kreativ sein müssen. DJV-Funktionär Jesumann
       sagt jedenfalls: „Wenn man Redakteure des SHZ-Verlags und der Schweriner
       Volkszeitung fragt, in welchem Bereich sie Kürzungen befürchten, sagen die,
       es sei schon so viel gespart worden, dass gar nicht mehr gespart werden
       kann.“
       
       29 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR René Martens
       
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