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       # taz.de -- Wahlwerbung in Hannoveraner Bahn: Die AfD soll draußenbleiben
       
       > Das Verkehrsunternehmen Üstra überlegt, AfD-Wahlwerbung in Bussen und
       > Bahnen zu verbieten. Die CDU und die SPD sind dagegen.
       
   IMG Bild: Halten viele Parteien für einen guten Werbeträger: Üstra-Straßenbahn
       
       HAMBURG taz | Das hannoversche Verkehrsunternehmen Üstra hat schon wieder
       Probleme mit Wahlwerbung: Erst Anfang Februar hatte das Verwaltungsgericht
       Hannover es als Wahlfehler bezeichnet, dass der Wahlleiter vor der
       Stichwahl zum Regionspräsidenten in den hannoverschen Stadtbahnen und
       Bussen werben durfte. Die Reklame zwischen den Wahlgängen verstieß gegen
       das Neutralitätsgebot.
       
       Nun überlegt der Unternehmensvorstand der Üstra laut Informationen der
       Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Werbung von Parteien komplett zu
       verbieten oder zumindest einzuschränken – angeblich, um der Alternative für
       Deutschland (AfD) keine Plattform zu bieten.
       
       Üstra-Sprecher Udo Iwannek will dazu nichts sagen, bestätigt aber, dass das
       Unternehmen gerade eine neue Linie im Umgang mit Wahlwerbung suche.
       Schließlich stehen im September in Niedersachsen Kommunalwahlen an. „Wir
       arbeiten an einer sauberen Regelung“, sagt Iwannek. Bisher seien alle
       Parteien „immer gleich behandelt worden“.
       
       ## AfD bleibt erfolglos
       
       Das sieht Jörn König, der Vorsitzende der AfD in Hannover anders. Während
       die SPD vor der Regionspräsidenten- und der Oberbürgermeisterwahl mit den
       Konterfeis ihrer Kandidaten auf Waggons der Stadtbahnen warb, sei eine
       Anfrage der AfD erfolglos geblieben.
       
       Mit Sprüchen wie „Familie, Frieden, Volksentscheide“ wollte die AfD
       ebenfalls die Außenfläche der Wagen nutzen, um auf sich aufmerksam zu
       machen. König habe auch offiziell bei der Üstra angefragt. „Wir wurden
       immer weiter vertröstet“, sagt König. Die Üstra habe zwar nie gesagt, dass
       die Parteiwerbung der AfD unerwünscht sei.
       
       Doch sei bekannt, dass es die Partei schwerer habe als andere, Werbung zu
       verbreiten oder Räume zu mieten, sagt König. Trotzdem sollte die
       Möglichkeit, in der Stadtbahn zu werben, jedem zur Verfügung stehen, findet
       König. Ein komplettes Verbot hält er für falsch.
       
       ## Üstra soll entscheiden
       
       Das gilt auch für die SPD. Im Kommunalwahlkampf will sie ihre Anzeigen im
       Fahrgastfernsehen veröffentlichen. „Die Wähler müssen wissen, wann die Wahl
       ist und welche Alternativen es gibt“, sagt die Geschäftsführerin der SPD
       Hannover, Uta Biermann. Im öffentlichen Nahverkehr könnten viele Menschen
       erreicht werden.
       
       Ob auch die AfD – für sie eine rechtspopulistische Partei, die die
       Demokratie gefährdet – Werbung schalten dürfe, müsse die Üstra entscheiden.
       „Ich glaube nicht, dass ein Verbot etwas bewirkt“, sagt sie.
       
       Jan Dingeldey von der CDU-Fraktion der Regionsversammlung sieht das
       ähnlich: Als kommunales Unternehmen sei die Üstra sogar dazu angehalten,
       weitere Einnahmen zu erzielen – wie durch Werbung im Fahrgastfernsehen.
       Wenn die AfD dafür zahlen könne, sei das hinzunehmen, schließlich sei die
       Partei nicht verboten. „Eine Demokratie muss das aushalten“, sagt
       Dingeldey.
       
       Er könne sich jedoch ein Stufenmodell vorstellen, bei dem Parteien, die
       mehr Sitze inne haben, mehr Raum für Werbung eingeräumt werde – ähnlich der
       Regelung für Wahlwerbespots im Fernsehen, das sich bei der Sendezeit
       ebenfalls an der Bedeutung der Parteien orientieren darf. Davon würden
       große Parteien profitieren.
       
       ## „Eine Stange Geld“
       
       Stefan Winter, von den Grünen in der Region hat deshalb andere
       Vorstellungen für Wahlwerbung in der Üstra: Er möchte sie verbieten. Das
       Unternehmen sei zur Neutralität verpflichtet und solle deshalb lediglich
       über die Wahl informieren. „Sonst werden Parteien bevorzugt, die
       entsprechende Finanzmittel haben“, sagt Winter. Denn Werbung an der
       Außenfläche eines Waggons der Stadtbahn koste „eine Stange Geld“.
       
       Über die genauen Preise für die Werbung oder die Frage, warum die AfD nicht
       in der Üstra werben durfte, gab die zuständige Tochterfirma „X-City
       Marketing Hannover“ gestern bis Redaktionsschluss keine Auskunft.
       
       Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts ist die Debatte bei der Üstra für
       CDU-Politiker Dingeldey ein Fortschritt: „Immerhin gibt es dort jetzt ein
       bissen ein Problembewusstsein.“
       
       1 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andrea Scharpen
       
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