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       # taz.de -- Kommentar Die SPD nach der Wahl: Verharren in Agonie
       
       > Die SPD ist auf dem Weg, den Wählern gleichgültig zu werden. Seit sie
       > 2009 auf rund 25 Prozent der Stimmen rutschte, ist sie dort wie
       > festgenagelt.
       
   IMG Bild: Verschwindet die SPD? Die Sozialdemokraten unterschätzen auch den Faktor Zeit.
       
       Nach der Wende 1989 in der DDR hatten die Kirchen auf eine
       Rechristianisierung des Ostens gehofft. Die Menschen seien wegen der SED
       den Kirchen ferngeblieben, nun könnten viele zurückgewonnen werden,
       glaubten die Kirchenoberen. Das erwies sich als Illusion. In den östlichen
       Bundesländern liegt der Anteil der Konfessionslosen heute bei 73 Prozent.
       Die meisten Ostdeutschen reiben sich nicht einmal mehr an den Kirchen, sie
       sind ihnen schlichtweg gleichgültig.
       
       So könnte es auch der SPD ergehen. Bei den Bundestagswahlen 2009 rutschte
       sie erstmals auf den Wert von rund 25 Prozent der Stimmen ab, auf dem sie
       seitdem festgenagelt ist. Mit Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt bewegt
       sie sich nun in zwei weiteren Bundesländern auf die 10-Prozent-Marke zu.
       Das heißt auch: noch zwei Länder weniger, in denen sozialdemokratische
       Erzählungen in vielen Familien von Generation zu Generation weitervererbt
       werden: die von Willy Brandt und Helmut Schmidt, Geschichten von
       Bildungsaufstieg und erfolgreicher Interessenvertretung, von guten Löhnen
       und Erfolgen in der Gesellschaftspolitik.
       
       Die SPD weiß heute nicht nur nicht mehr, wie sie die Wünsche der Wirtschaft
       mit den Wünschen ihrer Wähler in Einklang bringen soll. Sie unterschätzt
       auch den Faktor Zeit. Als rot-rot-grüne Koalitionen möglich gewesen wären,
       insbesondere 2013, setzte sie auf die CDU, weil sie glaubte, das Problem
       Linkspartei werde sich mit der Zeit erledigen. Das Gegenteil war der Fall.
       
       Jetzt gibt sie die Wahlen 2017 verloren, weil niemand außer Sigmar Gabriel
       Ambitionen zeigt, gegen Angela Merkel anzutreten. Erst wenn die Kanzlerin
       nicht mehr Kanzlerin sei, hätten die Sozialdemokraten wieder Chancen,
       glaubt man in der Parteiführung. Aber es könnte auch so sein: Je länger die
       SPD in Agonie verharrt, desto mehr wird sie vielen einfach egal, besonders
       den nachwachsenden Generationen. Time is not on your side, SPD.
       
       15 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Reeh
       
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