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       # taz.de -- Warnstreik der Berliner LehrerInnen: Leere fürs Leben
       
       > Viele SchülerInnen können am Donnerstag freimachen: Die Gewerkschaft GEW
       > hat 13.000 LehrerInnen zum Warnstreik aufgerufen. Worum geht’s beim
       > Protest?
       
   IMG Bild: Hier ist am Donnerstag nichts los: Lehrer vor Lehrerzimmer.
       
       Am Donnerstag gibt es bereits den zweiten Lehrerstreik in diesem Jahr.
       13.000 angestellte LehrerInnen an allen rund 700 öffentlichen Schulen in
       Berlin hat die Gewerkschaft GEW zum Streik aufgerufen, etwa ein Drittel
       aller Lehrerkräfte. Worum geht ’s denen? 
       
       Es geht, natürlich, ums Geld. Angestellte LehrerInnen an öffentlichen
       Schulen verdienen im Vergleich zu ihren verbeamteten KollegInnen nämlich
       deutlicher weniger – netto, wohlgemerkt. Zwar liegt der Bruttoverdienst
       einer angestellten Sekundarschullehrerin laut Zahlen der Senatsverwaltung
       für Bildung sogar um rund 500 Euro über dem der verbeamteten Kollegin. Aber
       weil Beamten weniger Abgaben zahlen und zudem mit zunehmendem Dienstalter
       diverse Gehaltsstufen hinaufklettern, bleiben ihnen schon nach wenigen
       Dienstjahren rund 500 Euro mehr zum Ausgeben. Eine ungerechte Lohnlücke,
       sagt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.
       
       Also die alte Gewerkschaftsbinse: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Wird ’s
       denn auch konkreter? 
       
       Ja. Die GEW fordert, dass die Lücke im Geldbeutel durch tarifliche Zulagen
       für die Angestellten ausgeglichen wird. Außerdem sollen
       GrundschullehrerInnen künftig genauso bezahlt werden wie ihre KollegInnen
       an den weiterführenden Schulen. Da gibt es nämlich die zweite Lohnlücke:
       Während eine angestellte Studienrätin rund 4.900 Euro Grundgehalt bekommt,
       verdient eine angestellte Grundschullehrerin etwa 550 Euro weniger – und
       das, obwohl sie inzwischen genauso lange studieren müssen wie die
       KollegInnen Studienräte.
       
       Okay, es geht also ums Geld. Und worum geht ’s wirklich? 
       
       Um einen eigenen Berliner Tarifvertrag, den Finanzsenator Matthias
       Kollatz-Ahnen (SPD) nach dem Willen der GEW für die angestellten Lehrkräfte
       abschließen soll. Das ist allerdings schwierig: Berlin ist 2013 in die
       bundesweite Tarifgemeinschaft der Länder eingetreten. Seit 2015 gelten die
       jetzigen, Achtung Wortungetüm, Eingruppierungstarifverträge.
       Tarifverhandlungen müssten also auf Bundesebene mit der Tarifgemeinschaft
       geführt werden, argumentiert der Finanzsenator.
       
       Die GEW hingegen verweist auf ein Arbeitsgerichtsurteil von 2015, das sagt:
       Separate Tarifabschlüsse seien möglich, das werde von der Tarifautonomie
       der Länder gedeckt. „Da muss aber der politische Wille dafür da sein“, sagt
       Udo Mertens, Vorstand Tarifpolitik bei der GEW Berlin.
       
       Also ein Armdrücken zwischen Gewerkschaft und Finanzverwaltung. 
       
       Genau. Die Finanzverwaltung befürchtet, trotz des einschlägigen
       Gerichtsurteils: Wenn wir einen separaten Deal für Berlin aushandeln,
       fliegen wir aus der Tarifgemeinschaft. Nun könnte man fragen: Selbst wenn?
       Auch hier geht’s wieder um Geld: Die Forderungen der Gewerkschaft kosten –
       den Finanzsenator zu viel: Im Haushalt sei angesichts wachsender
       Schülerzahlen „nicht viel Spiel“, sagte Kollatz-Ahnen diese Woche der
       Morgenpost.
       
       Apropos Schülerzahlen: Berlin bildet insbesondere zu wenig eigene
       GrundschullehrerInnen aus: Nur 300 Studienplätze, aber ein Bedarf von 1.000
       Lehrkräften allein in diesem Jahr. Berlin ist darauf angewiesen, dass aus
       anderen Bundesländern BewerberInnen kommen – laut der
       Senatsbildungsverwaltung sind das jedes Jahr für alle Schulformen rund 25
       Prozent.
       
       Berlin kann es sich nicht leisten, dass eigene Leute gehen, weil anderswo
       verbeamtet wird – und muss gleichzeitig dafür sorgen, dass die Lehrerin aus
       Bayern trotzdem nach Berlin will. Dafür sorgt derzeit das hohe
       Einstiegsgehalt für angestellte Lehrkräfte, die in der höchsten
       Gehaltsstufe einsteigen. Das wiederum bedeutet eine Ungerechtigkeit zu
       anderen Angestellten des öffentlichen Diensts. Munition für die
       bildungspolitische Sprecherin der CDU, Hildegard Bentele, die eine Rückkehr
       zur 2003 abgeschafften Verbeamtung fordert.
       
       Wie sind die Erfolgaussichten aus Sicht der GEW? 
       
       Mäßig. Der Finanzsenator sagte diese Woche erneut: Sondierungsgespräch ja,
       Tarifverhandlungen nein. Allenfalls Nachbesserungen seien denkbar: So sehe
       er die „Chance“, das hohe Einstiegsgehalt für Berufsanfänger im
       Tarifvertrag festzuschreiben. Bisher ist diese Sonderregelung bis 2017
       befristet.
       
       Wie werden die SchülerInnen den Streik merken? 
       
       GEW-Berlin-Vorsitzende Doreen Siebernik rechnet mit einer „vierstelligen“
       Zahl von Streikenden. Im Haus von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD)
       ist man zuversichtlich, dass die Schulleitungen den Unterrichtsausfall zum
       Teil mit Vertretungskräften auffangen können. „Die Aufsicht wird aber immer
       gewährleistet sein“, sagt eine Sprecherin.
       
       Berlins oberster Elternvertreter Norman Heise äußert bedingt Verständnis
       für den Streik, da die Prüfungsphase für das Abitur bereits begonnen habe.
       „Wir hoffen, dass jetzt in den Osterferien ein Termin für ein
       Sondierungsgespräch genannt wird und die Kuh irgendwie vom Eis kommt, bevor
       es tatsächlich in die Hochzeit der Prüfungsphase geht.“
       
       16 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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