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       # taz.de -- Migranten den Wohnsitz vorschreiben: Nur wenn es der Integration dient
       
       > Wohnsitzauflagen für Migranten können zulässig sein, wenn sie der
       > Integration dienen sollen. Das entschied der Europäische Gerichtshof
       > (EuGH) am Dienstag.
       
   IMG Bild: Keine Lust, in Dresden zu wohnen? Im Zweifel: Pech gehabt
       
       Luxemburg dpa | Migranten kann der Wohnsitz vorgeschrieben werden, wenn
       dies der Integration dienen soll. Das entschied der Europäische Gerichtshof
       (EuGH) in Luxemburg am Dienstag.
       
       In dem Fall ging es um zwei Syrer, die in Deutschland Zuflucht gefunden
       haben (Rechtssachen C-443/14 und C-444/14). Der Mann und die Frau sind
       nicht als Asylbewerber anerkannt, genießen aber sogenannten „subsidiären
       Schutz“, weil ihnen in ihrer Heimat Gefahr droht. Sie kamen 1998
       beziehungsweise 2001 nach Deutschland. Für Menschen aus dieser Gruppe, die
       soziale Leistungen beziehen, geben die deutschen Behörden den Wohnsitz vor.
       
       Die beiden Syrer hatten dagegen geklagt, weil in der EU eigentlich das
       Recht auf freie Wahl des Wohnsitzes gilt. Die Richter erklärten nun, die
       Auflage könne gerechtfertigt sein – und zwar, wenn die Personengruppe
       besonders mit Integrationsschwierigkeiten zu kämpfen hat. Ob dies der Fall
       ist, muss nun das Bundesverwaltungsgericht prüfen.
       
       Das Urteil ist von der Bundesregierung mit Spannung erwartet worden. Die
       Koalition erwägt eine Ausweitung der Wohnsitzauflage auch für anerkannte
       Flüchtlinge. Bislang gilt für Asylbewerber eine Zeit lang eine
       eingeschränkte Bewegungsfreiheit („Residenzpflicht“); anerkannte
       Flüchtlinge sind hingegen frei.
       
       Die Vorgabe des Wohnsitzes für subsidiär Schutzberechtigte wird im
       deutschen Recht mit zwei Gründen gerechtfertigt. Zum einen zielt sie auf
       eine gleichmäßigere Verteilung der Kosten der sozialen Leistungen in der
       Bundesrepublik. Zum anderen soll sie dazu dienen, die Integration der
       Betroffenen in die deutsche Gesellschaft zu erleichtern und helfen, der
       „Entstehung von sozialen Brennpunkten mit ihren negativen Auswirkungen auf
       die Integration von Ausländern vorzubeugen“.
       
       Der EuGH betont, dass Menschen mit subsidiärem Schutz bei der Wahl ihres
       Wohnsitzes nicht schlechter gestellt werden dürfen als andere Bürger aus
       Drittstaaten, die sich rechtmäßig in der Europäischen Union aufhalten. Beim
       Zugang zu Sozialhilfe dürfen sie nicht gegenüber Einheimischen
       benachteiligt werden.
       
       Dennoch könne eine Wohnsitzauflage gerechtfertigt sein, falls die Situation
       der Betroffenen nicht vergleichbar ist mit der anderer Gruppen, urteilten
       die Richter. Eine Zuweisung des Wohnsitzes zur gleichmäßigeren Verteilung
       der Kosten sei nach EU-Recht indes nicht zulässig, weil sie nicht durch
       spezielle Merkmale der Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten
       gerechtfertigt sei.
       
       1 Mar 2016
       
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