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       # taz.de -- Demontage von Windrädern: Windkraftbranche vor Rückbauwelle
       
       > Nach 30 Jahren Laufzeit sind Windräder am Ende. Der Abriss kostet bis zu
       > 30.000 Euro. Wissenschaftler suchen nach effektiveren Lösungen.
       
   IMG Bild: Der Abbau von Windrädern ist billiger, wenn er nicht komplett vor Ort erfolgt
       
       Freiburg taz | Nicht nur Atomkraftwerke haben eine begrenzte Lebensdauer,
       auch Windräder laufen nicht ewig. Nach 20 bis 30 Jahren müssen sie
       abgerissen werden. Auch beim „Repowering“, also der Umrüstung bestehender
       Anlagen auf größere Rotoren und stärkere Generatoren, werden die meisten
       Komponenten zurückgebaut.
       
       Wie diese Arbeiten schneller, kostengünstiger und umweltfreundlicher als
       bislang erfolgen können, wollen nun Ingenieure und Techniker aus Hannover
       erforschen. Das federführende Institut für Integrierte Produktion Hannover
       (IPH) sucht Windparkbetreiber und Logistikunternehmen, die sich an dem
       Vorhaben beteiligen.
       
       In Deutschland erzeugen derzeit rund 25.000 Windräder Strom, trotz
       zunehmend restriktiver Genehmigungspraxis in einigen Bundesländern kommen
       weitere hinzu. Der Rückbau ist bislang sehr aufwendig, gut vier Wochen
       dauert die Demontage einer einzigen Windenergieanlage nach Angaben von
       Fachleuten.
       
       ## Brennmaterial für die Zementindustrie
       
       Per Kran werden die Rotorblätter, die Gondel und der Generator vom Turm
       gehievt und am Boden in ihre Einzelteile zerlegt. Am zeitaufwändigsten gilt
       der Abbau des Betonturms: Er wird vor Ort zersägt oder gesprengt und
       zerkleinert.
       
       Viel von dem Material lässt sich gut wiederverwerten - das Kupfer aus den
       Kabeln zum Beispiel, der Stahl aus den oberen Turmsegmenten, der Beton für
       den Straßenbau. Die Rotorblätter werden in der Regel geschreddert und als
       Brennmaterial in der Zementindustrie genutzt.Der Abriss einer einzigen
       Anlage kostet dem IPH zufolge zwischen 20.000 und 30.000 Euro, die
       Einnahmen aus dem Verkauf der Rohstoffe sind dabei schon eingerechnet. Weil
       bislang nur wenige Anlagen abgebaut wurden, fielen die Kosten bisher nicht
       so stark ins Gewicht.
       
       Das werde sich in absehbarer Zeit ändern, sagt Martin Westbomke, der als
       Projektingenieur am Institut arbeitet. Tausende Windkraftanlagen müssten in
       den kommenden Jahren demontiert und ersetzt werden. Zwischen 2001 und 2003
       habe es „einen regelrechten Bauboom“ gegeben. „Die große Rückbau-Welle
       kommt also in etwa zehn Jahren.“
       
       Die bisherige Demontage-Strategie werde sich dann nicht mehr lohnen, meinen
       die Hannoveraner Experten. Sie halten es für effizienter, sogenannte
       Demontagenetzwerke mit regionalen Spezialfabriken aufzubauen. Die
       Windkraftanlage müsste dann vor Ort nur noch grob zerlegt werden. Die
       Einzelteile würden in die Fabriken transportiert, die etwa die Rotorblätter
       schreddern, die Betonsegmente zerkleinern oder die Elektrokomponenten aus
       der Gondel zerlegen und recyceln können. „Statt die gesamte Infrastruktur
       an den Ort der Demontage zu bringen, würde das Windrad ins Demontagezentrum
       gebracht“, fasst Westbomke die Idee zusammen.
       
       ## Demontagefabriken helfen Kosten zu senken
       
       In dem nun anlaufenden Forschungsprojekt wollen er und seine Kollegen unter
       anderem errechnen, wie weit die Windkraftanlagen bereits vor Ort in ihre
       Einzelteile zerlegt werden und welche Schritte im Demontagezentrum erledigt
       werden sollen. „Denn je weniger vor Ort zerlegt wird, desto teurer ist der
       Schwerlasttransport in die Fabrik – dafür spart man die Kosten für
       Spezialmaschinen auf der grünen Wiese.“Auch die optimalen Standorte für die
       Demontagefabriken wollen die Ingenieure herausfinden - möglichst nah am
       Windpark oder vielleicht eher nah am Zementwerk, das die geschredderten
       Rotorblätter als Brennmaterial abkauft? Bei den Überlegungen würden
       gleichermaßen logistische, ökonomische und ökologische Aspekte beachtet,
       kündigt Westblomke an: „Wir wollen die Demontage beschleunigen, die Kosten
       minimieren und zugleich die Umweltbelastung reduzieren.“Windparkbetreiber
       und Logistikunternehmen, die sich für die neueDemontage-Strategie
       interessieren, können sich noch am Projekt beteiligen. Das Institut erhofft
       sich von den Partnerunternehmen Daten aus der Praxis, etwa zum genauen
       Ablauf der Demontage. Mithilfe der Forschungsergebnisse könnten die Partner
       anschließend ihre eigenen Demontage-Netzwerke aufbauen und somit Kosten
       sparen.
       
       7 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
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