# taz.de -- EuGH und WLAN-Störerhaftung: Kein Passwort? Kein Problem
> Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs spricht sich für den
> besseren Schutz von WLAN-Betreibern aus. Das Urteil wird in einigen
> Monaten erwartet.
IMG Bild: Wer Daten nur durchleitet, der haftet nicht für Rechtsverletzungen, sagt nun der EuGH-Generalanwalt.
BERLIN taz | Betreiber eines offenen WLAN sind nicht dafür verantwortlich,
wenn Dritte über einen solchen drahtlosen Internetzugang eine
Urheberrechtsverletzung begehen. Diese Position vertritt EuGH-Generalanwalt
Maciej Szpunar in seinem am Mittwoch veröffentlichten Schlussantrag.
Der Gerichtshof ist an die Position nicht gebunden, schließt sich ihr aber
in den meisten Fällen an. „Folgt der EuGH den Schlussanträgen, bedeutet
das, dass Privatpersonen und Geschäftsleute, die nicht hauptberuflich
Internetzugänge anbieten, diese ohne Passwortschutz öffnen dürfen, ohne
Konsequenzen befürchten zu müssen“, sagt der auf IT-Recht spezialisierte
Anwalt Christian Solmecke.
Das Verfahren geht zurück auf einen Fall aus dem Jahr 2010. Damals bekam
der Unternehmer Tobias McFadden eine Abmahnung vom Musikkonzern Sony. Der
warf McFadden vor, dass über seinen Internetanschluss Musik auf eine
Tauschbörse hochgeladen worden sei. McFadden betrieb damals ein
unverschlüsseltes WLAN in seinem Büro – als Werbemaßnahme für potenzielle
Kunden. Das Landgericht München legte den Fall dem EuGH vor.
Der Generalanwalt sagt nun: Wer Daten nur durchleitet – und genau das ist
bei einem WLAN in der Regel der Fall –, der haftet nicht für
Rechtsverletzungen, die Dritte über dieses Netz begehen. Und er geht noch
darüber hinaus: Auch Auflagen, wie etwa ein verpflichtendes Passwort, das
Nutzer benötigen, um sich in das Netz einzuwählen, hält er für
problematisch. Denn solche Hürden würden das Recht zur freien
Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit einschränken. So schreibt
Szpunar in dem Antrag: „Umfassender gesehen bin ich der Ansicht, dass eine
Verallgemeinerung der Verpflichtung, WLAN-Netze zum Schutz von
Urheberrechten im Internet zu sichern, für die Gesellschaft insgesamt von
Nachteil sein könnte.“
## Folgt der EuGH?
Von einer „wichtigen Weichenstellung für mehr offene Funknetze in
Deutschland und Europa“, spricht Volker Tripp vom Verein Digitale
Gesellschaft. Lina Ehrig vom Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert:
„Wir hinken in Deutschland total hinterher.“ Zahlen des Verbands Eco von
Ende 2014 zufolge kommen hierzulande weniger als zwei offene
Drahtlosnetzwerke auf 10.000 Einwohner. In Schweden sind es knapp 10, in
Großbritannien fast 30.
Folgt der EuGH der Auffassung des Generalanwalts, wird das nicht nur für
die Betreiber von offenen WLAN-Netzen Auswirkungen haben, sondern auch auf
die Gesetzgebung. Denn im Parlament liegt derzeit ein Entwurf zur Änderung
[1][des Telemediengesetzes], in dem es auch um WLAN-Hotspots geht. Während
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) stets erklärte, dass damit der
Betrieb vereinfacht und die Zahl der offenen Netze erhöht werden sollte,
gehen Juristen und Verbraucherschützer vom Gegenteil aus. Das geplante
Gesetz verursache nicht nur mehr technischen Aufwand für Anbieter von
offenen Netzen, sondern enthalte auch viele schwammige Formulierungen, die
für Rechtsunsicherheit sorgen würden.
Das Kabinett verabschiedete den Entwurf bereits im vergangenen Herbst,
zuletzt [2][erntete er auf einer Anhörung im Dezember deutliche Kritik].
Beobachter gehen daher davon aus, dass die Bundesregierung vor einer
Verabschiedung im Parlament das EuGH-Urteil abwarten will. Das wird
vermutlich in einigen Monaten fallen.
16 Mar 2016
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## AUTOREN
DIR Svenja Bergt
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