URI: 
       # taz.de -- Schulen sollen Schwarz-Rot-Gold hissen: Fahnenappell der Hamburger CDU
       
       > Hamburgs CDU fordert Nationalflaggen in Schulen, um Flüchtlingen deutsche
       > Werte zu vermitteln. Mit der AfD hat das angeblich nichts zu tun.
       
   IMG Bild: Schon auf dem rechten Weg der CDU: afghanischer Flüchtling
       
       HAMBURG taz | Mehr Deutschland-Flaggen an Hamburgs Schulen wünschen sich
       die Christdemokraten: „Wir müssen die Menschen, die in unserem Land Schutz
       suchen, mit unserem Wertesystem vertraut machen“, sagt Karin Prien, die
       stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft. Seit der
       starken Zunahme der Flüchtlingszahlen sei Deutschland „wie ein klassisches
       Einwanderungsland“ und müsse deshalb Zuwanderern „von Anfang an Normen
       vermitteln“. Und dazu gehöre auch die deutsche Fahne.
       
       Deshalb fordert die CDU in einem Antrag an die Bürgerschaft, „in den
       Eingangshallen unserer Schulen als identitätsstiftende Symbole unserer
       Werteordnung“ sowohl die deutsche als auch die europäische Flagge
       aufzuhängen. Denn vor allem für geflüchtete Kinder und Jugendliche seien
       Schulen „der maßgebliche Integrationsfaktor“. In traditionellen
       Einwanderungsländern wie den USA zeige sich, dass Flagge und Nationalhymne
       „eine zusätzliche emotionale Identifikation bewirken“ könnten.
       
       Deshalb sollte Hamburg dabei vorangehen, eine „Leitkultur-Debatte“ bereits
       an den Schulen anzuregen, sagt Prien. Allerdings nach dem Prinzip der
       Freiwilligkeit: Der Senat solle Flaggen beschaffen, wenn Schulen das
       möchten und zusätzlich erklärende Plakate und weitere
       Unterrichtsmaterialien „für die wünschenswerterweise entstehende Diskussion
       bereitstellen“.
       
       Mit diesem Vorstoß steht die Union allerdings ziemlich alleine da: Die
       gemeinsam mit der SPD regierenden Grünen finden den Vorschlag „absurd“. Die
       Stadt habe „deutlich wichtigere Aufgaben als schlechte Symbolpolitik“,
       findet Antje Möller, die innenpolitische Sprecherin der grünen Fraktion.
       Entscheidender als Fahnen sei, „was Kinder und Jugendliche in der Schule
       über das gute Zusammenleben in unserer Gesellschaft lernen“.
       
       ## Die wirklich wichtigen Fragen
       
       Ihr roter Koalitionspartner hat für den Vorschlag der Konservativen nur
       Spott übrig: „Schön, dass sich die CDU um die wirklich wichtigen Fragen in
       dieser Stadt kümmert“, kommentiert die schulpolitische Sprecherin der
       SPD-Fraktion, Barbara Duden. Allerdings sei nicht ersichtlich, „warum
       ausgerechnet unsere Hamburg-Flagge keine Berücksichtigung finden soll“.
       
       Bei den anderen Oppositionsfraktionen kann die CDU ebenfalls nicht auf
       Unterstützung hoffen. „Flagge hissen ersetzt keine Integration und
       Wertevermittlung“, sagt FDP-Vizefraktionschefin Anna von
       Treuenfels-Frowein. Wichtiger sei die Teilnahme an allen
       Unterrichtsfächern, auch und gerade „von Mädchen muslimischer Herkunft am
       Schwimmunterricht“.
       
       Für die Linksfraktion symbolisieren Nationalfahnen, „wer dazugehört und wer
       nicht“, sagt Innenpolitikerin Christiane Schneider. Damit würde die CDU
       „spalten und ausschließen, statt vereinen“. Nach den Zuwächsen für die AfD
       bei den drei Landtagswahlen am 13. März wolle die CDU offenbar den
       Rechtspopulisten „in Panik hinterherrennen“, vermutet Schneider, und das
       Motto „Mut zu Deutschland“ betonen.
       
       Das passt zu der ausführlichen Debatte über Flüchtlingspolitik, die die
       Hamburger CDU am heutigen Dienstagabend auf ihrem kleinen Parteitag führen
       will. Dabei geht es unter anderem um die Einrichtung einer „Expertengruppe
       Integration“, die den Landesvorstand beraten soll, und die Unterstützung
       der lokalen Volksinitiative gegen zu viele und zu große
       Flüchtlingsunterkünfte. Es seien, sagt Parteichef Roland Heintze,
       „differenzierte Antworten erforderlich“.
       
       ## Rechtsruck? Perlt ab
       
       Im Nachbarland Schleswig-Holstein will der christdemokratische
       Fraktionschef Daniel Günther eine Partei rechts der CDU verhindern: Nach
       den jüngsten Erfolgen der AfD bei den Landtagswahlen sei es „unsere
       Aufgabe, Menschen vom rechten Rand in die Mitte zurückzuholen“. Das gelänge
       aber nur, wenn diese Menschen überzeugt seien, „dass wir die praktischen
       Fragen von Integration nicht verkennen“, stellt Günther klar. Von einem
       Rechtsruck will er nichts wissen. Solche Vorwürfe „perlen an mir ab“.
       
       Prien hingegen bestreitet, dass ihr Vorstoß eine Reaktion auf die
       AfD-Wahlerfolge sei: „Mit Deutschtümelei hat das nichts zu tun.“ Fahnen in
       Schulen seien „nur ein symbolischer Akt“, räumt sie ein, aber man dürfe
       „Symbole nicht den Extremisten überlassen“.
       
       Das findet auch die Linke Schneider, aber unter umgekehrten Vorzeichen:
       „Auf die nationale Karte zu setzen, ist ganz sicher die falsche Lehre aus
       den letzten Wahlen.“
       
       22 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
       ## TAGS
       
   DIR CDU Hamburg
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schule
   DIR Flagge
   DIR Deutsche Leitkultur
   DIR Schweinefleisch
   DIR Vegetarismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Schleswig-Holstein und Schweinefleisch: Im Plenum ist die Sau los
       
       Schleswig-Holsteins Landtag diskutiert CDU-Vorschlag, in Kantinen Schwein
       anzubieten. Eine Debatte über „Esskulturimperialismus“ und
       „Wurst-Case-Szenarien“.
       
   DIR Porky day zwischen Ost- und Nordsee: Artenschutz für Schweine-Esser
       
       In Kantinen, Kita- und Schulküchen soll Schweinefleisch auch in Zukunft auf
       dem Speiseplan stehen. Das fordert Schleswig-Holsteins CDU ein.