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       # taz.de -- Wahlkampf in Baden-Württemberg: Die Enkel der Hetzerin
       
       > Die Grünen finden, dass die Junge Union mit einem Plakat rassistische
       > Ressentiments schürt. Es wäre nicht das erste Mal.
       
   IMG Bild: Was hat die Junge Union sich hierbei wohl gedacht?
       
       Berlin taz | Die CDU hat ihren Pinsel beim Entwerfen von Wahlplakaten schon
       öfter mal ins fremdenfeindliche Töpfchen getunkt. Mit einer aktuellen
       Posterkampagne schürt nun auch ihre Jugendorganisation JU in
       Baden-Württemberg fremdenfeindliche Ressentiments. Das wirft ihr jedenfalls
       der amtierende Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vor.
       
       „Ziemlich unverantwortlich“, findet er im Hinblick auf die derzeitige
       Stimmung in Deutschland besonders eines der Plakate. „Kretschmann wählen
       bedeutet Özdemir bekommen“, steht darauf. Der Ministerpräsident versteht
       das so: „Kretschmann, der kanns nicht mehr lang machen – und dann kommt der
       Türke“. Auf der Regierungspressekonferenz vergangenen Dienstag echauffierte
       er sich darüber.
       
       Wer bei der Landtagswahl am 13. März sein Kreuz bei den Grünen macht,
       kriegt statt dem angekündigten Ministerpräsidenten also den
       Bundesvorsitzenden Cem Özdemir, dessen Vater aus der Türkei kommt? Versucht
       die JU mit dieser vermeintlichen Warnung ihre konservative
       Stammwählerschaft zu mobilisieren?
       
       Es wäre nicht das erste Mal, dass die Christdemokraten in der heißen
       Wahlkampfphase ausländische Namen gegnerischer Politiker
       instrumentalisieren. Der Vorfall erinnert an ein CDU-Plakat bei der
       hessischen Landtagswahl 2008 auf dem es hieß: „Al-Wazir, Ypsilanti und die
       Kommunisten stoppen.“ Kritiker empörten sich, dass der Fokus bewusst auf
       die jemenitischen und griechischen Nachnamen gelegt werden solle.
       
       ## „Rechte Ressentiments“
       
       1989 fragte die CDU vor der Frankfurter Kommunalwahlen auf einem Poster
       sogar: „Soll Cohn-Bendit unsere Heimat bestimmen?“ Der Grünen-Politiker
       wurde des Öfteren wegen seines jüdischen Hintergrunds angefeindet. Er trat
       damals mit der Forderung an, ein Dezernat für Multikulturelles
       einzurichten. Und nun die umstrittene Aktion der JU in Baden-Württemberg.
       
       „Es lässt tief blicken, dass die Junge Union im Wahlkampf panikartig auf
       rechte Ressentiments statt auf Argumente setzt“, sagt Michael Kellner,
       Bundesgeschäftsführer der Grünen, gegenüber der taz. Damit verbreitet sie
       nicht nur bewusst falsche Behauptungen, sondern erweist sich auch als
       „wahrer Enkel von Hetzerinnen wie Erika Steinbach“. Die JU wiederum ist
       sich keiner Schuld bewusst. „Unsere Kampagne wirkt“, twittert sie stolz.
       
       Auch der Bundesvorsitzende Paul Ziemiak, der selbst einen polnischen
       Nachnamen hat, kann die Kritik an der Plakat-Aktion nicht verstehen. „Wer
       da Ressentiments sieht, sollte seine eigenen überdenken“, findet er.
       Außerdem sei doch etwas Wahres daran. „Kretschmann ist schon älter. Es kann
       sein, dass Özdemir Ministerpräsident wird. Das sollten die Leute wissen.“
       Dem widerspricht der 67-jährige Kretschmann vehement. „Frei erfunden“ und
       „aus der Luft gegriffen“ sei dieser Vorwurf. Er wolle die vollen fünf Jahre
       Ministerpräsident bleiben.
       
       Bisher hat der Ressentiment-Pinsel für die Christdemokraten übrigens nicht
       zum Erfolg geführt: Daniel Cohn-Bendit wurde der erste Dezernent im
       Frankfurter Amt für multikulturelle Angelegenheiten und blieb es bis 1997.
       Tarek Al-Wazir ist heute stellvertretender hessischer Ministerpräsident.
       
       10 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannah Weiner
       
       ## TAGS
       
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