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       # taz.de -- Neue Beweise gegen Zschäpe: „Glaubwürdigkeit unter null“
       
       > Neue Ermittlungsergebnisse des BKA belasten Beate Zschäpe im
       > NSU-Verfahren. Opfer-Anwälte erwarten nun ein hartes Urteil.
       
   IMG Bild: Jetzt wird‘s eng: Beate Zschäpe, nicht begeistert im NSU-Prozess
       
       Berlin taz | Beate Zschäpe hat Erklärungsbedarf – und zwar einigen. Neue
       BKA-Ermittlungsergebnisse legen nahe, dass die Hauptangeklagte im
       NSU-Verfahren, anders als von ihr bisher dargestellt, sehr wohl in Taten
       ihrer rechtsterroristischen Kumpanen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt
       eingeweiht war.
       
       Das BKA übersandte dem Strafsenat am Oberlandesgericht München diese Woche
       einen zwölfseitigen Vermerk, welcher der taz vorliegt. Darin werden neue
       Auswertungen einer DVD dargestellt, die im Brandschutt der letzten, von
       Zschäpe angezündeten Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden
       wurde. Auf der DVD finden sich Mitschnitte von Fernsehberichten über den
       NSU-Nagelbombenanschlag in Köln vom 9. Juni 2004.
       
       Das Brisante: Die Mitschnitte begannen laut BKA am gleichen Tag um 17.59
       Uhr. Das Attentat ereignete sich zwei Stunden zuvor. Begangen wurde es, wie
       auch Zschäpe einräumte, von Mundlos und Böhnhardt. Die beiden Männer
       konnten aber so schnell nicht wieder in Zwickau gewesen sein. Dies sei, so
       heißt es im BKA-Vermerk, aufgrund der gut 480 Kilometer langen Distanz
       „faktisch unmöglich“. Da das Trio aber recht abgeschottet lebte, konnte die
       Aufzeichnerin dann wohl nur eine sein: Zschäpe.
       
       Laut den Ermittlern wurden damals Sondersendungen des WDR und Berichte von
       n-tv zu dem Köln-Anschlag aufgenommen. Dabei wurde von einem Sender zum
       anderen hin- und hergewechselt. Dies, so das BKA, spreche „gegen eine
       Programmierung des Aufnahmegeräts im Vorfeld“ und für eine „manuelle“
       Betätigung. Offenbar habe die aufnehmende Person „gezielt nach
       entsprechenden Beiträgen gesucht“.
       
       ## Mitschnitte auf Video und DVD
       
       Die Mitschnitte sind laut BKA auf einem Videorekorder aufgenommen und
       später auf eine DVD kopiert worden, ein dafür taugliches Rekordergerät
       fanden Ermittler in der NSU-Wohnung. Einzelne der aufgezeichneten Passagen
       fanden sich auch im NSU-Bekennervideo. Die Ursprungs-DVD wurde nun nochmals
       ausgewertet, eine erste Analyse erfolgte bereits 2012. Die zuständige
       Ermittlerin soll am kommenden Donnerstag im NSU-Prozess aussagen.
       
       Sollten sich die Ermittlungen bestätigen, wäre die Verteidigungslinie von
       Zschäpe erschüttert. Die 41-Jährige hatte im Münchner Prozess ausgesagt,
       von den angeklagten NSU-Taten – zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge –
       immer erst im Nachhinein erfahren zu haben. Die Taten hätten allein Mundlos
       und Böhnhardt geplant und ausgeführt. Dies hatte Zschäpe auch für den
       Kölner Anschlag behauptet, bei dem 22 Menschen verletzt wurden, einige von
       ihnen schwer.
       
       Mehmet Daimagüler, einer der Opferanwälte im NSU-Prozess, sagte, mit den
       neuen Ermittlungsergebnissen sei die Glaubwürdigkeit Zschäpes „unter Null
       gesunken“. Er lobte die Nachforschungen des BKA. „Sie führen die Absurdität
       der Aussage von Zschäpe nochmal vor Augen, dass sie von allem nichts
       gewusst haben will.“ Für die NSU-Opfer sei es ein „guter Tag“, so
       Daimagüler, weil es eine harte Verurteilung Zschäpes weiter untermauere.
       
       ## „Weiterer Sargnagel für Zschäpe“
       
       Auch Yavuz Narin, ebenfalls Nebenklageanwalt, sprach von einem „weiteren
       Sargnagel für Zschäpe“. Die Angeklagte sei erneut „als schlechte Lügnerin
       entlarvt“ worden. Eine Verurteilung als Mittäterin des NSU ist für Narin
       nicht mehr abwendbar.
       
       Zschäpes Anwalt Mathias Grasel dagegen widersprach. Die Interpretation,
       dass seine Mandantin die Videomitschnitte machte, sei „nicht zwingend“,
       sagte er am Donnerstag der taz. „Es gibt eine Vielzahl anderer
       Möglichkeiten.“ So hätten auch mögliche Unterstützer aus NRW oder der
       Zwickauer Mitangeklagte André E. die Aufzeichnungen gemacht und später
       Mundlos und Böhnhardt übergeben haben können.
       
       Unter den Opferanwälten wird diese Variante angezweifelt. Diese würde
       bedeuten, dass es einen weiteren, vorab eingeweihten Mitwisser des Anschlag
       gegeben haben muss. Aber ausgerechnet Zschäpe, die Mitbewohnerin der beiden
       Täter, wusste nichts? „Total lebensfremd“, lautete ein Kommentar.
       
       Zschäpe selbst will am kommenden Mittwoch nochmals Fragen der Richter im
       NSU-Prozess beantworten – schriftlich, von ihrem Anwalt Grasel vorgetragen.
       Sie dürfte jetzt noch einiges mehr zu erklären haben.
       
       10 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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