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       # taz.de -- Wahl in Kongo-Brazzaville: Mit allen Mitteln
       
       > Der Wahlsieg des Präsidenten Denis Sassou-Nguesso scheint trotz massiver
       > Kritik gesichert. Der Machthaber will keine Schwäche zeigen.
       
   IMG Bild: Wähler in Brazzaville warten am Sonntag, um ihre Stimme abgeben zu können
       
       BERLIN taz | So viel Aufwand hat selten ein Präsident für seine Wiederwahl
       betrieben. Ab dem Wahltag am vergangenen Sonntag waren in der Republik
       Kongo (Kongo-Brazzaville) alle Mobilfunknetze und das Internet
       abgeschaltet, am Wahltag selbst galt ein Fahrverbot.
       
       Am Mittwoch hieß es schließlich aus der Wahlkommission, Präsident Denis
       Sassou-Nguesso sei mit 67 Prozent wiedergewählt worden – einer der
       dienstältesten Herrscher Afrikas, mit wenigen Jahren Unterbrechung seit
       1979 an der Macht, kann somit den Urwald- und Ölstaat an der
       zentralafrikanischen Atlantikküste weiterregieren.
       
       Sassous Gegner erkennen das nicht an und wollten im Laufe des Tages ihre
       eigenen Zahlen verkünden – wenn das Regime sie lässt. Auf in den Städten
       verteilten Zetteln steht, der Amtsinhaber habe es in Wirklichkeit nicht
       einmal in die Stichwahl geschafft. Vorne lägen Armeegeneral Jean-Marie
       Michel Mokoko mit 22,5 Prozent und Oppositionsführer Brice Kolélas mit 20
       Prozent. Sassou-Nguesso folge erst an dritter Stelle mit 16 Prozent.
       
       Die Zahlen sind nicht zu überprüfen. Aber die Opposition ist von Wahlbetrug
       überzeugt.
       
       Journalisten meldeten schon am Wahlabend Zusammenstöße zwischen Militär und
       Jugendlichen in südlichen Vierteln von Brazzaville, Hochburg der
       Kolélas-Opposition. Auch am Mittwoch wurden vor Kolélas’ Haus Demonstranten
       mit Tränengas auseinandergetrieben.
       
       Seit dem Wochenende bleiben in Brazzaville sowie der Ölhafenstadt
       Pointe-Noire, Hochburg des Generals Mokoko, die meisten Läden geschlossen
       und viele Menschen trauen sich aus Angst vor Gewalt nicht auf die Straße.
       
       ## Bürgerkrieg wie in den 90ern will niemand
       
       Denis Sassou-Nguesso hat in den 37 Jahren seit seinem ersten Machtantritt
       nur einmal eine Wahl verloren, im Jahr 1992. Danach zettelte er einen
       Bürgerkrieg an, der mehrere tausend Tote forderte und 1997 mit seinem Sieg
       endete.
       
       Einen neuen Bürgerkrieg will in Kongo-Brazzaville niemand. Weil Opposition
       nun schnell mit Destabilisierung gleichgesetzt wird, können sich Sassous
       Gegner aber auch nicht friedlich formieren. Als der Präsident vergangenes
       Jahr per Referendum die Verfassung ändern ließ, um sich dieses Jahr
       wiederwählen lassen zu können, rief die Opposition zum Boykott –
       vergeblich. Jetzt strömten Oppositionelle an die Wahlurnen – offenbar
       wieder vergeblich.
       
       Mit seiner brachialen Wiederwahl tritt Sassou-Nguesso in die Reihe anderer
       afrikanischer Staatschefs, die mittels Verfassungsänderung ihre Zeit im Amt
       verlängern wollen. In Burkina Faso führte das zum Putsch, in Burundi zum
       Bürgerkrieg – in Kongo-Brazzaville soll es nun funktionieren.
       
       Probleme macht Sassou weniger die klassische Opposition als General Mokoko,
       eigentlich eine langjährige treue Stütze des Präsidenten. Noch vor wenigen
       Jahren kommandierte Mokoko Kongo-Brazzavilles Interventionstruppen in der
       Zentralafrikanischen Republik. Dort kündigte er im Februar seine
       Präsidentschaftskandidatur an – und bei der Rückkehr nach Brazzaville wurde
       er angegriffen, sein Auto demoliert, er selbst immer wieder von Polizei und
       Geheimdienst vorgeladen.
       
       Wahlkampf konnte Mokoko kaum führen. Er fordert nun eine Stimmenauszählung
       unter internationaler Aufsicht.
       
       23 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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