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       # taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Nivea statt Kartoffelacker
       
       > Es könnte so ein tolles Fußballwochenende sein. Wenn da bloß
       > Bundesligaspiele und nicht diese öden Nationalmannschafts-Testmatches
       > wären.
       
   IMG Bild: Immerhin kommen auch mal in der Bundesliga Ausgemusterte wie Mario Götze (2. v. r.) zum Einsatz
       
       Länderspielpausen nerven. Dies gilt eigentlich immer, in besonderem Maße
       aber jetzt, in der entscheidenden Phase der nationalen Ligen. Denn es geht
       gerade – in der Bundesliga, in der Zweiten Liga, in der Premier League – um
       lebenswichtige Dinge. Schafft Werder den Klassenerhalt? Gelingt dem HSV
       doch das Relegationstriple? Bricht Leipzig noch ein? Was ist mit dem Wunder
       von Leicester? Und geht noch was für den BVB?
       
       All diese Fragen werden unnötigerweise aufgeschoben, weil Nivea-Jogi mit
       seinem Nationalmannschaftsbus vorfährt und alle Spalier stehen. Für jeden
       wahren Fußballfan ist dieses Osterwochenende aber eine Tortur. Da soll er
       sich Begegnungen wie Polen gegen Finnland oder Deutschland gegen England
       anschauen. Testspiele. Freundschaftsspiele. Die Begrifflichkeiten sagen
       alles.
       
       „Banause!“, werden jetzt einige aufschreien. Deutschland gegen England, wie
       kann man da nicht mit der Zunge schnalzen, „die Mutter aller Spiele“,
       Wembley und ähnliche Schlagworte werden fallen. Geschenkt. Ich will lieber
       Darmstadt 98 sehen. Möchte Marcel Heller den Kartoffelacker am
       Böllenfalltor auf und ab traben sehen.
       
       Stattdessen soll man sich für Spieler interessieren, die in der Bundesliga
       und in der Premier League ausgemustert sind oder keine Rolle mehr spielen.
       Sie heißen Bastian Schweinsteiger oder Mario Götze, Ersterer ist
       innenbandverletztes Sorgenkind der Nation, Letzteren sah man zuletzt vor
       allem in der Warmmachzone.
       
       ## Die Mannschaft GmbH
       
       Sowieso weiß man nicht so recht, wie man zu dieser Auswahlelf alias „Die
       Mannschaft GmbH“ stehen soll. Das Pädagogische, das Oliver Bierhoff und
       Jogi Löw ausstrahlen, wenn sie etwa Max Kruse aus dem Kreise der glatt
       gebügelten Spieleravatare ausschließen, hat zumindest unangenehme Züge.
       
       Sicher, auch in der Liga versucht man bei den hochgepimpten Topteams den
       menschlichen Faktor zu minimieren, aber da gibt es eben auch noch die
       andere Seite: das Scheitern, das Nichtperfekte, das Unvollkommene. In
       einigen Klubs soll es gar möglich sein, sich als Fan mit den Spielern zu
       unterhalten. Als Fan! Mit den Spielern! Die Mannschaft GmbH ist ein
       abgeschottetes Paralleluniversum. Die Liga: dreckiges Tagesgeschäft.
       
       Ein verschenktes Wochenende steht uns bevor, einem bedeutungslosen Match
       wird Bedeutung einzuimpfen versucht, indem man auf die im Juni beginnende
       Europameisterschaft hinweist. Eben: im Juni. Gerade aber sind ganz andere
       Dinge entscheidend, da kommt dieses Schaulaufen zum allerschlechtesten
       Zeitpunkt.
       
       Jogis Truppe will Vorbild der Nation sein, aber die armen Menschen in
       Augsburg, Bremen, Frankfurt, Darmstadt und Berlin werden unnötig weiter auf
       die Folter gespannt. Sie werden während der lang und länger werdenden
       Osterfeiertage vielleicht ab und an mal sehnsüchtig die Vereinswebsite
       aufsuchen und schauen, ob Sandro Wagner wieder einen Spruch rausgehauen hat
       und was das Knie von Alex Meier macht. Alltagssorgen eben. Schweinsteigers
       Innenband ist dagegen eher ein Luxusproblem.
       
       26 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Uthoff
       
       ## TAGS
       
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