URI: 
       # taz.de -- Chinas Staatschef besucht Tschechien: Jubel und Prügel
       
       > Großer Empfang für Xi Jinping durch seine Landsleute in Prag. Und die
       > sind im Umgang mit chinakritischen Aktivisten nicht zimperlich.
       
   IMG Bild: Großer Bahnhof für Xi Jinping in Prag – und viele Sicherheitskräfte
       
       PRAG taz | Mit Bussen waren die Jubelchinesen an die zweispurige
       Europastraße gekarrt worden, die den Prager Václav-Havel-Flughafen mit dem
       Zentrum der Stadt verbindet. Nichts sollte an diesem Ostermontag die
       Ankunft des chinesischen Präsidenten Xi Jinping an der Moldau trüben – auch
       nicht das riesige Billboard, das Aktivisten offiziell in einem kleinen Park
       an der Europastraße aufgestellt hatten: „Diese Herren sind hier daheim“,
       stand da auf einem Bild Václav Havels und des Dalai Lama.
       
       Einige der mit roten T-Shirts bekleideten rund 800 Chinesen, die an diesem
       Tag in Prag unterwegs waren, stellten sich mit ihren großen Chinafahnen vor
       das Billboard. Die Fahnen und T-Shirts hatten sie zuvor an der chinesischen
       Botschaft erhalten, die offensichtlich dem tschechischen Gastgeber nicht
       zutraute, selbst für eine chinesenkonforme Ordnung zu sorgen.
       
       Schon ein paar Tage vor der Ankunft Xi Jinpings waren sämtliche
       Chinafähnchen, die die Route des chinesischen Staatsoberhaupts vom
       Flughafen ins Hilton-Hotel am Moldauufer säumten, mit Farbbeuteln verwüstet
       worden.
       
       Während Xi Jinping sich auf den Weg zu einem offiziellen Empfang in Schloss
       Lany, der Sommerresidenz seines devoten Gastgebers Miloš Zeman, machte,
       griffen die Chinesen auf der Prager Europastraße eine Gruppe junger Männer
       an, die nach tschechischem Osterbrauch bunt gekleidet durch die Straßen
       zogen.
       
       Aggressiv schlugen sie mit ihren Chinafahnen auf sie ein, bis sich ihre
       Aufmerksamkeit auf einen Mann richtete, der eine Tibetflagge um seinen
       Körper geschlungen hatte. Erst nachdem sich die rot gekleidete Meute auf
       ihn gestürzt hatte, griff die Polizei ein.
       
       ## Galgenhumor
       
       Die interessierte sich weniger für die aggressiven Chinesen als für den
       Mann mit der Tibetflagge und nahm ihn gleich mit. „Die Uhren werden
       Samstagnacht um 30 Jahre zurückgestellt“, witzelte man noch am Karfreitag
       in den tschechischen sozialen Netzwerken.
       
       Galgenhumor. Offiziell geht es nur um chinesische Investitionen. Rund 1,6
       Milliarden Euro wollen die Chinesen in Tschechien investieren. Bei einem
       Einkaufstrip vor ein paar Jahren hatten sie schon um die 800 Millionen in
       Tschechien gelassen: der Fußballclub Slavia Prag, die Brauerei Lobkowicz
       oder das Verlagshaus Empresa gehörten damals zu den Schnäppchen.
       
       Jetzt haben die Chinesen ein Auge auf die Immobilienbranche geworfen und
       verhandeln mit der tschecho-slowakischen J+T Bank, die in Deutschland auch
       im Braunkohlesektor aktiv ist. Auch Gießhübl, dem Kleinod der tschechischen
       Kurbäder, das seit vielen Jahren verfällt, wollen die Chinesen vielleicht
       neues Leben einhauchen, erklärte Präsident Zeman.
       
       Deshalb machte er den Vorstandschef des Schanghaier Unternehmens CEFC, Xi
       Tian Ming, unter dem alle chinesischen Investitionen in Tschechien laufen
       und dem sehr enge Beziehungen zum chinesischen Staat und seinen
       Nachrichtendiensten nachgesagt werden, zu seinem Honorarberater.
       
       Sehr zum Ärger der tschechischen Geheimdienste. „Im Falle der Chinesen und
       ihrer Nachrichtendienste stand das Jahr 2014 im Zeichen der Infiltration in
       die politischen und staatlichen Strukturen der Tschechischen Republik, und
       das mit aktiver Mithilfe einiger tschechischer Bürger, einschließlich
       Politiker und Staatsbeamter“, schreibt der tschechische Verfassungsschutz
       BIS in seinem aktuellen Jahresbericht.
       
       29 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexandra Mostyn
       
       ## TAGS
       
   DIR Tschechien
   DIR China
   DIR Xi Jinping
   DIR Tschechien
   DIR Xi Jinping
   DIR China
   DIR Bundespräsident
   DIR China
   DIR China
   DIR China
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Sippenhaft in Tschechien: Mitten in der Jauchegrube
       
       Tschechiens Präsident Milos Zeman verweigert einem Überlebenden der Schoah
       einen Orden. Dessen Neffe hatte offiziell den Dalai Lama getroffen.
       
   DIR Mistkäfer nach Chinas Präsident benannt: Der zensierte Käfer Xi
       
       Eine neu entdeckte Käferart wurde nach Chinas Staatschef benannt. Den
       Zensoren gefiel das gar nicht – obwohl der Name als Lob gedacht war.
       
   DIR Neue Stufe der Repression in China: Peking setzt auf Sippenhaft
       
       Wegen anonymer Rücktrittsforderung an Präsident Xi Jinping machen Chinas
       Behörden Jagd auf die Verwandten von Regierungskritikern.
       
   DIR Gauck auf Staatsbesuch in China: Menschenrechte sind nicht tabu
       
       Der Bundespräsident wirbt mit seiner Rede in der Tongji-Universität in
       Schanghai für Demokratie. Die Staatsmedien ignorieren ihn weitgehend.
       
   DIR Staatsbesuch in Peking: Gauck trickst Chinas Stasi aus
       
       Der Bundespräsident hält Wort und trifft sich auf seiner China-Reise nicht
       nur mit Regierungsvertretern, sondern auch mit Anwälten und
       Menschenrechtlern.
       
   DIR Kommentar Gauck in China: Der Coup des Bundespräsidenten
       
       Die Behörden konnten das Treffen nicht verhindern. Gauck sprach in Peking
       mit Bürgerrechtsanwälten und Menschenrechtsaktivisten. Gut so.
       
   DIR Amnesty-Mitarbeiter über Entführungen: „China bricht internationales Recht“
       
       Die internationale Staatengemeinschaft muss die chinesische Praxis stoppen,
       fordert Patrick Poon von Amnesty International.