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       # taz.de -- Mord an einem Briten in Berlin-Neukölln: Der Angeklagte schweigt
       
       > Der Täter lauert mit einer Schrotflinte vor einem Lokal - und schießt
       > ohne erkennbaren Anlass. Nun begann der Prozess gegen einen 63-Jährigen.
       
   IMG Bild: In der Nähe der Ringbahnstraße wurde der 31-Jährige erschossen.
       
       Berlin (dpa) | Der mutmaßliche Mörder eines in Berlin lebenden Briten
       schweigt vor dem Landgericht. Dem 63-Jährigen wird heimtückischer Mord zur
       Last gelegt. Vor sechs Monaten war ein 31 Jahre alter Jurist aus nächster
       Nähe mit einem Schrotgewehr erschossen worden. Die Staatsanwaltschaft geht
       von einem Zufallsopfer aus. Aus Sicht der Nebenklage seien
       fremdenfeindliche Motive nicht ausgeschlossen, hieß es am Rande des am
       Montag begonnenen Prozesses.
       
       Der junge Brite kam am frühen Morgen des 20. September aus einem Lokal im
       Stadtteil Neukölln. Er hatte Ermittlungen zufolge gerade ein
       Telefongespräch beendet, als es auf dem Gehweg zu einem tödlichen
       Bauchschuss kam. Der Verdächtige habe „gezielt auf den Oberkörper des
       völlig arg- und wehrlosen Opfers gezielt“, heißt es in der Anklage. Der
       Jurist, der im Frühjahr 2015 in die Hauptstadt gezogen war und in einem
       Unternehmen der Computerbrache arbeitete, starb auf dem Weg ins
       Krankenhaus.
       
       Die Eltern des Getöteten waren als Nebenkläger aus Manchester zum Prozess
       angereist. „Sie fragen sich auch, ob der Mord an ihrem Sohn hätte
       verhindert werden können“, erklärte einer ihrer Rechtsanwälte. Diese
       kündigten an, Fragen nach einer möglichen Verbindung zu den tödlichen
       Schüssen auf Burak B. vom April 2012 in Neukölln im Prozess anzusprechen.
       In dem bis heute ungeklärten Fall sei der Angeklagte nach einem Hinweis aus
       der Bevölkerung in den Ermittlungsakten aufgetaucht. In beiden Fällen gab
       es vor den Schüssen keine Auseinandersetzung und keine Vorwarnung.
       
       Der seit Jahren arbeitslose Angeklagte, der als Waffennarr gilt, wurde
       wenige Stunden nach dem Verbrechen in der Nähe seiner Wohnung verhaftet.
       Damals soll der nicht Vorbestrafte erklärt haben, er komme gerade von einem
       Mittelalter-Fest. „Der Mann wirkte bei der Festnahme nicht verwundert und
       nicht verwirrt,“ sagte ein Polizist. „Bei ihm war aber Alkoholgeruch
       wahrzunehmen.“
       
       Der mutmaßliche Schütze soll sich am Tatabend in derselben Bar wie der
       junge Brite aufgehalten haben. Der mit langen weißen Haaren und Vollbart
       äußerlich auffällige Verdächtige sei - anders als das Opfer - bereits
       früher in dem Lokal gewesen. Ein Zeuge soll den Angeklagten kurz nach dem
       Schuss nur wenige Meter vom tödlich Verletzten mit einer Schrotflinte in
       der Hand gesehen haben. In der Wohnung des Verdächtigen wurden mehrere
       Waffen sichergestellt.
       
       Das Landgericht hat für den Prozess sechs weitere Tage vorgesehen. Die
       Verhandlung wird am 16. März fortgesetzt.
       
       14 Mar 2016
       
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